Premiere der ARD-Serie "Kafka": "Um einiges dankbarer als Hitler zu spielen"
Berlin - Zu Franz Kafkas 100. Todestag im Juni dieses Jahres erfährt das Leben des großen Schriftstellers im Ersten Projektion. TAG24 war bei der Premiere des TV-Sechsteilers für Euch vor Ort und sprach mit den Darstellern.
Es ist ein Dienstag, früher Abend. Schauplatz ist das Urania Berlin. Volles Haus. Sie sind hier, geladene Gäste aus allen Zweigen der Kultur, mit einer gemeinsamen Liebe: für das Geschriebene des Weltliteraten.
Groß-Philosoph Peter Sloterdijk (76) geht die Stufen herab, Autor Benjamin Stuckrad-Barre (49) herauf. Und umgekehrt. Es ist ein emsiges Treiben und auch Stromern. Promi-Premierengäste laufen sich über den Weg, umarmen sich. Es ist wie ein herzliches Familientreffen.
Bevor der Gong zur Premiere erklingt, bleibt etwas Zeit für Gespräche.
So auch mit Tobias Bamborschke, Sänger und Texter der Band Isolation Berlin. Wie er verrät, hat Kafka auch Einfluss auf seine Arbeiten.
"Ich glaube, ich habe es durch die Schule und meinem Vater mitbekommen. Es stand immer Kafka im Regal", erinnert sich der Lyriker und eifriger Leser. "Seine Art zu schreiben hat mich immer sehr inspiriert. Diese Absurdität, Humor ohne Albernheit im Düsteren mit einer tiefen Zerrissenheit, das versuche auch ich in meinen Texten."
Kafka-Darsteller Joel Basman: "Dass du aufwachst und dich in deiner Haut nicht wohlfühlst"
Bamborschke, 1988 in Köln geboren und in Berlin aufgewachsen, verkörpert die Rolle des böhmischen Schriftstellers Oskar Baum, die er als sehr spannend empfunden habe. "Er hat so etwas ganz Liebevolles, aber auch Zynisches, Bissiges, das hat mich sehr gereizt", erklärt der Sänger.
Wieder die Treppen herunter. Wo gerade noch Blitzlichtgewitter herrschte, steht Joel Basman (34) nun vor der Fotowand Rede und Antwort.
Der Schweizer spielt Franz Kafka und konnte sich gut mit der Rolle identifizieren, "weil er fand, Menschen sind lustig, aber echt ein bisschen kacke", lacht der 34-Jährige und rät zum Verständnis seiner Aussage, Nachrichten zu schauen. Für Basman habe der weltweit meistgelesene deutschsprachige Autor auch heute noch Relevanz.
"Der Regisseur David Schalko hat es gesagt: 'Er war nicht prophetisch, er ist zeitlos'", sagt Basman und er setzt fort: "Dass du aufwachst und dich in deiner Haut nicht wohlfühlst, dass du verhaftet wirst und nicht weißt wieso, dass du durch eine Tür nicht durchkommst, auch wenn du eigentlich durch könntest, aber die Machtposition ausgenutzt wird."
Und er gibt zu verstehen: "Ich werde die politischen Themen nicht nennen, aber sie passen."
Offizieller Trailer zur ARD-Miniserie "Kafka"
Drehbuchautor Daniel Kehlmann: "Kafka bleibt ein Rätsel"
Danach gefragt, ob er sich in der Rolle wohlfühlte und ob es merkwürdig empfundene Momente gab, antwortet Basman: "Merkwürdig ja, aber in einem guten Sinne. Kafka zu spielen ist um einiges dankbarer als Hitler zu spielen."
Und war die Rolle eine Herausforderung? "Dem Ganzen mit einer gewissen Würde gegenüberzutreten und trotzdem im Kopf zu behalten, dass Kafka eigentlich einen Scheiß darauf gibt", gibt der Schauspieler zu Protokoll, dessen liebste Kafka-Erzählung "Der Heizer" sei.
Nach der Vorführung der Folgen eins, drei und fünf befindet Drehbuchautor Daniel Kehlmann (49) auf der Bühne: "Kafka bleibt ein Rätsel. (...) Er war ein Genie der Schrägheit - den kann man nicht gerade machen."
Das Erste zeigt "Kafka" am 26. und 27. März im Fernsehen. Bereits ab Mittwoch (20. März) ist die Miniserie in der ARD-Mediathek verfügbar.
Titelfoto: FISCHERPRESS