Parshad im TAG24-Interview: Das macht die Comedienne seit Wochen "krass wütend"

Hamburg/Frankfurt am Main – TAG24 hat die authentische Frankfurter Comedienne Parshad (25) beim EMOTION Women's Day (EWD) in Hamburg getroffen. Im Interview hat sie erzählt, was sie aktuell beschäftigt, wieso es so wichtig ist, sich emotional unabhängig zu machen und was sie wahnsinnig werden lässt.

Parshad (25) ist Comedienne aus Hessen mit persischen Wurzeln.
Parshad (25) ist Comedienne aus Hessen mit persischen Wurzeln.  © Sadrija Brendon

Die 25-Jährige gebürtige Hessin möchte mit ihrer Comedy Weltoffenheit und Entertainment vermitteln.

Mit ihrer offenen und authentischen Art möchte sie in ihren Beiträgen vor allem für junge Menschen mit Generationskonflikten, urbanen Themen und Gerechtigkeit auseinandersetzen und Themen beleuchten, die ihrer Meinung nach noch zu wenig Gehör finden.

TAG24 hat mit der Frankfurterin, die neben ihrem eigenen Comedyprogramm auch Formate für "FUNK" produziert oder in Jan Böhmermanns (42) Satire-Sendung "ZDF Magazin Royal" zu sehen ist, gesprochen.

"Das politische System hat uns im Stich gelassen."

Parshad (25) im Interview mit Bärbel Schäfer (59) auf der Hauptbühne des EMOTION Women's Day 2023 in Hamburg.
Parshad (25) im Interview mit Bärbel Schäfer (59) auf der Hauptbühne des EMOTION Women's Day 2023 in Hamburg.  © Alice Nägle/TAG24

TAG24: Was bedeutet es für Dich, auf der Main-Stage bei dem EWD dabei zu sein?

Parshad: In meinen eigenen Worten? Krass. Ich fühle mich sehr geehrt, dass meine Wenigkeit auf der Hauptbühne sprechen darf.

TAG24: Was wünschst Du Dir von Deinem Interview mit Bärbel? Mit welchem Mindset sollen die Frauen danach nach Hause gehen?

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Parshad: Was ich mir wünsche ist, dass sie vielleicht den ein oder anderen Ratschlag von mir annehmen. Ich war selbst mal in einer Branche dabei, in der ich zu spüren bekommen habe, dass ich "nur" eine Frau bin. Das heißt, ich habe Sachen erlebt wie weniger Gehalt, obwohl ich mehr geleistet habe als meine männlichen Kollegen et cetera.

Dass sich vielleicht die ein oder andere Frau denkt: "Hey, wenn sie aus dem Dorf das irgendwie gepackt hat, dann pack ich das auch!". Dass egal ist, aus welcher Klasse du kommst, dass du deine Privilegien hier in Deutschland nutzen kannst und du einfach scheinen kannst wie ein Stern. Das ist so kitschig, ich kotze. Ist aber auch einfach die Wahrheit.

TAG24: Früher wolltest Du Politikerin werden. Wieso hast Du Dich für Comedy mit "Message" entschieden?

Parshad: Ja, Horror. Ich wollte Politikerin werden, weil ich in einem Haushalt groß geworden bin, in dem wir nicht viel hatten. Meine Mama war alleinerziehend. Das politische System hat uns im Stich gelassen, weswegen ich sie auch kaum gesehen habe und bei einer Tagesmutter groß geworden bin. Das hat was mit mir gemacht und macht auch heute noch was mit mir. Als Politikerin wollte ich etwas ändern. Für alleinerziehende Mütter oder Väter irgendwelche Hilfspakete entwickeln. Relativ schnell habe ich dann gemerkt, das ist nicht so einfach. Auch hier wurde ich wieder erinnert: Du bist eine Frau, eine mit Background.

Immer wenn ich dann schlecht gelaunt war, habe ich mir Late-Night-Shows angeschaut. Habe mir Stand-Up-Auftritte oder Comedy gegeben. 2017 habe ich Enissa Amani das erste Mal auf der Bühne gesehen – das war wie eine Explosion im Herzen. Ich habe gemerkt: Das ist eigentlich genau das, was du machen willst. Sie hat nämlich sowohl Comedy als auch Message versprüht. Das war für mich der Wahnsinn.

Und heute, wenn ich mein Stand-up spiele, versuche ich meine Lebensgeschichte mit Comedy zu vermischen. Ich glaube, viele können sich da einfühlen: Mama nicht so oft sehen, der Vaterkomplex, nicht so viel haben – Damit treffe ich einen Nerv. Aber eigentlich ist mir das nicht so wichtig, ich bin ja nicht Shakira oder Beyoncé oder sonst wer. Aber es ist mir wichtig zu sagen: Ihr seid nicht alleine damit.

Parshad: "Entertainment muss zugänglich für alle sein!"

Die Formate die Teenager auf TikTok veröffentlichen machen die 25-Jährige enorm wütend. Ihrer Meinung nach müsse da schnell etwas gegen getan werden.
Die Formate die Teenager auf TikTok veröffentlichen machen die 25-Jährige enorm wütend. Ihrer Meinung nach müsse da schnell etwas gegen getan werden.  © Sadrija Brendon

TAG24: Was war Deine Intention hinter Deinen verschiedenen Comedy-Formaten? Was wolltest Du erreichen?

Parshad: Ich trete ja eher weniger mit meinem Migrationshintergrund in den Vordergrund. Mir ist es wichtig, dass die Leute erkennen, dass wir alle nur Menschen sind. Dass auch ein Kind mit persischen Wurzeln über Themen wie Sex und Liebe sprechen kann, ohne dass jetzt jemand typischerweise denkt: "Oh, hat sie nicht einen älteren Bruder? Ist die Mutter nicht streng zu Hause? Darf sie das?". Klar, darf ich das. Ich mache es auch.

Und das war immer mein größter Wunsch: Zu erreichen, dass Leute zu mir kommen und sagen: "Ey krass, bei mir ist das genauso, voll witzig!". Sowas kommt meistens von Leuten, die keinen "Background" haben. Und das ist das, was ich vermitteln will. Egal wo du geboren bist oder deine Eltern herkommen: Entertainment kennt keine Nationalität.

Eine der größten Herausforderungen ist aber auch, das ich eine Frau mit Background in der Comedy-Branche bin. Da habe ich ein bisschen mehr Arbeit. Als Frau bist du generell super bemüht in der Branche nicht "cringe" (dt. seltsam, Anm. d. Red.) zu sein. Egal was ich sage oder machen würde, würde das ein Mann machen, wäre das bestimmt für eine breitere Masse witziger. Aber wir sind ja gerade dabei, das etwas aufzubrechen. Es gibt diese Welle. Und diese Welle soll weitergehen. Am besten noch mehr junge Frauen in die Branche bringen. Gerne auch jüngere Frauen mit Migrationshintergrund. Einfach alle. Entertainment muss zugänglich für alle sein.

"Ich laufe seit Wochen wie eine Wahnsinnige rum"

Parshad (25) macht Videos für ihren TikTok- und Instagram-Kanal, mit denen sie gewisse Themen kritisch aber mit Humor betrachtet. Die 25-jährige Frankfurterin produziert außerdem auch Inhalte für das Social-Media-Format von ARD und ZDF "FUNK" und "ALDI Nord".
Parshad (25) macht Videos für ihren TikTok- und Instagram-Kanal, mit denen sie gewisse Themen kritisch aber mit Humor betrachtet. Die 25-jährige Frankfurterin produziert außerdem auch Inhalte für das Social-Media-Format von ARD und ZDF "FUNK" und "ALDI Nord".  © Sadrija Brendon

TAG24: In einem Deiner aktuellen Videos sprichst Du diesen "Trend" auf TikTok an, sich vor allem äußerlich selbst schlecht und hässlich zu fühlen und sich das auch wirklich zuzusprechen. Wie stehst Du dazu?

Parshad: TikTok ist für mich aktuell eine absolute Katastrophe! Die sollen diese Sounds blocken und löschen. Wenn man hört, was die da alle sagen: "Ich hasse mich selbst." Das sagen sich Mädels zwischen 14 und 16 Jahren. Dann habe ich aber auch Videos gesehen von Frauen, die diesen Sound auch benutzen und anfangen zu heulen. Und da gibt es noch viel schlimmere Videos. Zum Beispiel welche, in denen sie davon sprechen, sich selbst weh zu tun. Es gibt eine TikTok-Sprache, es gibt Codes, mit denen Leute sagen, dass sie gerade das Bedürfnis verspüren sich umzubringen. Und dann posten die das. TikTok hat überhaupt keine Ahnung und lässt die Leute da einfach machen, was sie wollen. Das muss einfach besser kontrolliert werden. Sei es von TikTok Deutschland oder international.

Das macht mich krass wütend.

Ich fange an zu sprudeln. Für mich ist das alles wirklich geisteskrank. Deshalb poste ich das auf Instagram. Weil ich das Gefühl habe, die ältere Generation, die gerade noch das Sprachrohr im Fernsehen ist, die medial einfach stärker vertreten ist, als die Gen-Z, die muss das sehen. Die haben das überhaupt nicht auf dem Schirm.

Ich will damit sagen: "Ey Mamis, passt mal auf, was eure Töchter oder eure Söhne da machen!". TikTok ist nicht mehr die spaßige Tanz-App, die sie mal war. Auch diese Videos, in denen Kinder abgezockt werden, weil irgendwelche Leute mit ihren Videos Geld machen... Ich laufe seit Wochen wie eine Wahnsinnige rum. Hätte ich diese ganzen TikTok-Videos gesehen mit 14 Jahren, ich weiß nicht, was passiert wäre. Gott bewahre. Ich war ja schon durch Kylie Jenner extrem am selbst hassen.

Und hätte ich dann noch diese Sounds gesehen, hätte ich vielleicht auch so ein Video gemacht. Ich finde das einfach gruselig.

Titelfoto: Sadrija Brendon

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