Otto Waalkes im Interview: "Ein Albtraum, der immer wiederkommt"
Hamburg - In seinem neuen Buch "Ganz große Kunst. 75 Meisterwärke" lässt Otto Waalkes (75) seinen Ottifanten einmal quer durch die Kunstgeschichte wandern. Im Interview mit TAG24 sprach er nun über seine künstlerische Reise und einen immer wiederkehrenden Albtraum.
TAG24: Herr Waalkes, in Ihrem neuen Buch geht es um die Suche nach den Ottifanten in den großen Werken der Kunstgeschichte: Was ist in Ihren Augen "große Kunst"?
Otto Waalkes: Das hängt jedenfalls nicht vom Format der Bilder ab. Vermeers "Mädchen mit dem Perlenohrring" ist nicht einmal einen halben Meter hoch oder breit. Genau wie sein "Milchmädchen", das ich im Mai in Amsterdam ebenfalls aus der Nähe bewundern konnte. Beide Gemälde sind ganz große Kunst. Mein "Mädchen mit dem Ottifantenohrring" ist eine kleine Huldigung an den Meister.
TAG24: Wie haben Sie die Auswahl getroffen, welche der Werke es letztlich in das Buch schaffen sollten?
Waalkes: Da gab es zwei Kriterien: einmal der Bekanntheitsgrad. Parodieren lässt sich am besten das, von dem viele Menschen das Vorbild schon gesehen haben: Wiedererkennen ist die Voraussetzung für das Vergnügen an der parodistischen Veränderung, die ich vorhatte. Zweitens hat selbstverständlich auch mein persönlicher Geschmack eine Rolle gespielt.
TAG24: Mit welcher Epoche, welcher Stilrichtung oder welchem Künstler haben Sie sich auf der Suche nach den Ottifanten denn am liebsten und am meisten beschäftigt?
Waalkes: Ich habe da keine ausgesprochenen Favoriten: Raffael, Rembrandt, Velazquez, Spitzweg – ach, es gibt so viele große Maler und viel mehr als 75 Meisterwerke, mit denen ich mich noch näher beschäftigen möchte.
Otto Waalkes: "Ob das Publikum etwas lernen soll? Meinetwegen nicht unbedingt."
TAG24: Gab es dabei auch eine Epoche, in die der Ottifant einfach nicht hineinpassen wollte?
Waalkes: Ich gebe zu, dass mich die Moderne nicht so anzieht, weil es eher heikel ist, Figürliches in ein abstraktes Gemälde zu schmuggeln.
TAG24: Hat sich der Ottifant während dieser künstlerischen Reise noch einmal verändert?
Waalkes: Er hat sich mehr als einmal verändert: In einem Stillleben Cézannes sieht er ganz anders aus, als wenn er in David Hockneys Swimmingpool springt.
TAG24: Haben Sie persönlich bei ihrer Reise durch die Kunstgeschichte noch etwas gelernt – und was können die Leser:innen nun aus dem Buch mitnehmen?
Waalkes: Beim Malen lernt man vor allem, wie viel man noch zu lernen hat. Ob das Publikum etwas lernen soll? Meinetwegen nicht unbedingt. Wenn es die Schwellenangst überwindet, die viele von einem Museumsbesuch abhält, wäre das schon ein großer Erfolg.
Vor einer Sache hat Otto Waalkes immer noch Angst
TAG24: In den Eingangsworten des Buches heißt es, dass Sie keine Angst davor haben, wie das Publikum Ihre Kunst bewertet – denn Sie wollen es einfach nur zum Lachen bringen. Gilt das auch für Ihre Bühnenkunst?
Waalkes: Auf der Bühne oder auf der Kinoleinwand ist der Drang, das Publikum zum Lachen zu bringen natürlich viel stärker, als an der Staffelei. Doch mein Ansatz ist eigentlich derselbe: das, was mir gefällt, auf meine Art zu parodieren.
TAG24: Hatten Sie denn am Anfang Ihrer Karriere Ängste, die Sie inzwischen abgelegt oder die sich verändert haben?
Waalkes: Meine Angst davor, dass keiner lacht oder wenigstens lächelt, ist gleichgeblieben: ein Albtraum, der immer wiederkommt.
Am 12. Oktober, 20.15 Uhr, stellt Otto Waalkes sein neues Buch in der Hamburger Thalia-Buchhandlung in der Spitalerstraße vor. Weitere Termine folgen in Berlin (13. Oktober, Dussmann Friedrichsstraße), Frankfurt (20. Oktober, Hugendubel Steinweg) oder München (23. Oktober, Literaturhaus).
Titelfoto: André Lenthe Fotografie