Von Frank Christiansen
Wuppertal - Panne im Prozess um die gescheiterte Erpressung der Familie Schumacher: Weil die Verteidiger über die geplante erneute Zeugenvernehmung von Schumacher-Managerin Sabine Kehm (60) nicht informiert wurden, konnte sie am zweiten Prozesstag nicht erneut aussagen.
Verteidiger Harald Benninghoven widersprach ihrer Vernehmung. Er habe sich nicht darauf vorbereiten können.
Richterin Birgit Neubert zeigte sich zerknirscht: "Ich gebe Ihnen recht, das haben wir nicht gemacht." Sie musste Kehm, die bereits auf dem Zeugenstuhl im Gerichtsaal saß, bitten, diesen wieder zu verlassen und am 8. Januar erneut nach Wuppertal zu reisen.
Unterdessen beantragte der Verteidiger des Hauptangeklagten, seinen Mandanten nach mehr als sechs Monaten aus der U-Haft freizulassen. Er habe umfassend gestanden, müsse das Geld für seine teuren Medikamente, auf die er angewiesen sei, verdienen. Die zu erwartende Strafe rechtfertige eine weitere Untersuchungshaft nicht.
Das Gericht wies den Antrag zurück. Der Angeklagte stehe noch unter Bewährung für eine andere Straftat. Es sei nicht ausgeschlossen, dass er untertaucht.
Die Familie Schumacher war mit der Veröffentlichung privater Fotos und Videos erpresst worden und sollte 15 Millionen Euro zahlen. Andernfalls werde man die Bilder im Darknet veröffentlichen. Vor dem Amtsgericht sind drei Männer im Alter von 30 bis 53 Jahren angeklagt.
Mutmaßlicher Haupttäter hatte gestanden
Beim Prozessauftakt hatte der mutmaßliche Haupttäter gestanden, ein Mitangeklagter, einst Sicherheitsmitarbeiter bei den Schumachers, habe ihm zwei Festplatten mit Bild- und Videomaterial der Schumachers gegeben. Eine dieser Festplatten, die das brisantere Material enthalten soll, ist weiterhin verschwunden.
Die Anwälte, die die Familie Schumacher als Nebenkläger vertreten, sagten nach der Verhandlung am Montag, sie hätten sich mehr Aufklärung versprochen. Besonders vonseiten des nicht geständigen Angeklagten würden aber eher Nebelkerzen geworfen, so ihr Eindruck.
Bei ihm handelt es sich um besagten ehemaligen Sicherheitsmitarbeiter, der die Festplatten mitgenommen haben. Sein Anwalt sagte für ihn aus: Als er sein Zimmer habe räumen müssen, seien seine Sachen von irgendwem gepackt gewesen und er habe den Eindruck gehabt, sein Zimmer sei durchsucht worden.
Ein Kollege zweifelte diese Version vor Gericht jedoch an, er habe "nichts Verdächtiges gesehen".
Gegen einen Zeugen, der dem Prozess zum zweiten Mal unentschuldigt ferngeblieben war, verhängte das Gericht 150 Euro Ordnungsgeld und ordnete die Vorführung durch die Polizei an. Ein weiterer Zeuge, der in der Schweiz wohnt, hatte sich mit ärztlichem Attest als nicht reisefähig entschuldigen lassen.