Prozess gegen Melanie Müller: "Das hat mit 'Heil Hitler' nichts zu tun!"

Leipzig – Gelangweilt, müde, teilweise regungslos sitzt Melanie Müller (36) im pinkfarbenen Blazer mit goldenen Nieten und High Heels am Dienstagmorgen im Saal 100 des Leipziger Amtsgerichts. Es scheint, als sei sie sicher, um eine Verurteilung wegen des Hitlergruß-Vorwurfs und des Drogenfundes zu kommen. Und hofft, dass das Gericht ihre präsentierten Beweismittel auch als solche ansieht. Doch es gibt auch Widersprüche.

Mit dicker Sonnenbrille erscheint Melanie Müller (36) am Dienstagmorgen am Leipziger Amtsgericht.
Mit dicker Sonnenbrille erscheint Melanie Müller (36) am Dienstagmorgen am Leipziger Amtsgericht.  © EHL Media/Erik-Holm Langhof

"Es ist nicht klar, ob ich ordentlich verheiratet bin" - neben anderen persönlichen Angaben die einzigen Worte, die von der am Montagabend aus Mallorca angereisten wortkargen Dschungelkönigin von 2014 kommen, nachdem sie zwei zuvor angesetzte Prozesstermine wegen Reiseunfähigkeit aussetzte.

Den Rest erledigt ihr Anwalt Adrian Stahl, der immer wieder betont, dass die Bewegungen mit dem ausgestreckten rechten Arm nach oben Auslegungssache und kein Beweis sei: "Wir haben viele Videos, wo dieselben Armbewegungen gemacht werden und das nicht angeklagt ist."

Mindestens dreimal soll sie auf einer Oktoberfest-Veranstaltung in der Nacht zum 18. September 2022 des Leipziger Motorradclubs "Rowdys Eastside" den besagten deutschen Gruß gezeigt und aus dem Publikum die "Sieg Heil"-Rufe wahrgenommen haben.

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Zuvor bat sie laut Staatsanwalt Thomas Schmelzer das Publikum, keine Foto- oder Videoaufnahmen anzufertigen und soll gesagt haben: "Wenn hier was veröffentlicht wird, verliere ich meinen Job."

Genau das sei zu einem Großteil auch eingetreten. Müller habe seit Bekanntwerden der Vorwürfe im September 2022 keinerlei Auftritte im deutschsprachigen Raum mehr gehabt, hält sich vornehmlich mit Buchungen im Ballermann-Club "Oberbayern" auf Mallorca über Wasser.

Der Vorsitzende Richter Findeisen wies Müllers Verteidiger mehrfach darauf hin, nur für den Strafprozess Relevantes in seine Einlassung einfließen zu lassen.
Der Vorsitzende Richter Findeisen wies Müllers Verteidiger mehrfach darauf hin, nur für den Strafprozess Relevantes in seine Einlassung einfließen zu lassen.  © EHL Media/Erik-Holm Langhof

Melanie Müllers Verteidiger erklärt die Armbewegungen zu "Ost, Ost, Ostdeutschland"

Die Partysängerin neben Verteidiger Adrian Stahl.
Die Partysängerin neben Verteidiger Adrian Stahl.  © EHL Media/Erik-Holm Langhof

Auch habe sie, entgegen der Anklage, nicht "Zicke zacke, zicke Zacke, heil heil heil", sondern am Ende "hoi hoi hoi" gerufen, sagt ihr Anwalt.

In dem vor fast zwei Jahren frontal aufgenommenen Video, in der sie die Parole "Ost, Ost, Ostdeutschland" anstimmt, seien ihre Armbewegungen im synchronen Rhythmus zu den gesungenen Worten zu sehen. Stahl: "Das hat mit 'Heil Hitler' nichts zu tun!"

Zudem habe seine Mandantin den Arm auch nicht - wie beim Hitlergruß typisch - auf Augenhöhe, sondern deutlich weiter oben, was gegen die Anschuldigungen spräche.

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Mehrere Sequenzen von besagtem Abend werden eingespielt. Die 36-Jährige starrt dabei aus dem Fenster, möchte sie sich nicht anschauen. Sie weiß, dass später auch Videos gezeigt werden, die sie bei anderen Auftritten mit ähnlichen - wie sie sagt anheizenden - ruckartigen Armbewegungen zeigen. Der Richter soll glaubhaft bewiesen bekommen, dass Müllers Vorgehensweise an dem Abend nicht außergewöhnlich war, und erst recht keinen rechtsradikalen Hintergedanken hat.

Beweis genug fürs Gericht, dass sie sich auch im September 2022 nicht strafrechtlich relevant verhalten hat?

Melanie Müller: "Ich war einfach total durch und angesoffen!"

Der zweifachen Mutter wird das Zeigen des Hitlergrußes und Drogenbesitz vorgeworfen.
Der zweifachen Mutter wird das Zeigen des Hitlergrußes und Drogenbesitz vorgeworfen.  © EHL Media/Erik-Holm Langhof

Immer wieder gibt der Verteidiger zu Protokoll, dass die zweifache Mutter "keine rechte Gesinnung" in sich trage, zudem viele homosexuelle und nichtdeutsche Freunde besitze. Man sei sich freilich sicher, dass Frau Müller "nicht Mitglied der NSDAP" ist, sagt Staatsanwalt Schmelzer. Derartige Armbewegung müssten dennoch verfolgt werden.

Als möglichen Beweis für ihre Unschuld werden am Dienstag auch Sprachnachrichten abgespielt. Einer unbekannten Person sagte sie nach dem Auftritt - ihrem dritten des Tages: "Ich war einfach total durch und angesoffen."

Die rechtsradikalen Parolen habe sie "erst gar nicht so geschnallt. Als ob ich sowas mit Absicht mache." Sie vermutete schon da, dass "noch einiges auf mich zukommen" werde.

Dass der Auftritt später von ihrer Seite abgebrochen wurde, kann nicht bewiesen werden, beteuert ihr Verteidiger aber.

Der Besitz von 0,69 Kokaingemisch und einer Ecstasypille, der im selben Prozess mitverhandelt wird, könnte möglicherweise keine Konsequenzen für die Entertainerin haben. Die Staatsanwaltschaft stellte in Aussicht, das Verfahren hierzu trotz widersprüchlichen Aussagen zur Schuldhaftigkeit in einem TAG24-Interview einzustellen.

Am 13. August wird die Verhandlung fortgesetzt - unter Einbeziehung einer befreundeten Zeugin der Partysängerin.

Titelfoto: EHL Media/Erik-Holm Langhof

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