Wagenknecht unterirdisch: Das war der Talkshow-"Höhepunkt" der Woche
Hamburg - Diese Woche ging's wieder hoch her in all den Polittalks. Auch wenn Sandra Maischberger (55) jetzt zweimal wöchentlich antritt, hat sie es nicht auf den Thron der Peinlichkeiten geschafft.
Bei Maybrit Illner (57) wurde es zwar kurz "hektisch" im ZDF - mit Gregor Gysi (67, Linke) als Gast, der zu seinem Tweet "Kriegsverbrechen, die hier (in Butscha) stattgefunden haben sollen" zu seinem genutzten Konjunktiv Rede und Antwort stehen musste ...
Den "Talkshow-Vogel der Woche" aber schoss Sahra Wagenknecht (52, Linke) ab. Mal wieder - diesmal thronte sie bei Markus Lanz (53).
Da musste selbst der 53-Jährige am Donnerstagabend schlucken, versuchte, seine offensichtliche Schnappatmung unter Kontrolle zu bekommen. Das fiel dem gestandenen, stets tief und penetrant bohrenden Lanz angesichts Wagenknechts Aussagen schwer.
Was reitet die Linke ("Ich bin keine Pazifistin"), die in der eigenen Partei umstritten ist, wenn sie beharrlich meint, "mit Putin zu reden", verhindere Leid und Elend im Ukraine-Krieg? Sie ließ sich nicht abbringen, im Gegenteil, jeder Satz stieß den Beteiligten mehr und mehr auf! Jeder Satz!
Nach Ansicht der (Noch-)Linken-Politikerin Wagenknecht sollte die Ukraine trotz des Massakers von Butscha weiterhin mit Russland verhandeln. Dafür erntete sie bei "Lanz" Kritik - auf Twitter trendet die Umstrittene noch immer.
Empörung bei allen Talkgästen
"Butscha ist kein Grund, Verhandlungen abzubrechen, sondern ein Grund mehr, alles dafür zu tun, dass dieser Krieg schnell endet, dass es einen Waffenstillstand gibt und, dass man dann versucht, die strittigen Fragen zu lösen", träumt die Linke "vom Weltfrieden" - und das, obwohl alle Gäste der Sendung ihr - zunächst noch höflich - ins Gewissen redeten.
Diese Aussage jedoch war nicht die einzige, die Zuschauer, Twitterer und Talk-Gäste in Wallung brachte.
Wagenknecht verwies auf die Verhandlungen zwischen Russland und der Ukraine von Ende März in Istanbul. Deren Ergebnisse seien "erstaunlich weit" und gar "kurz vor einem Waffenstillstand" gewesen, ist sie sich als Einzige sicher. "Kurz vorm Waffenstillstand" - wo informiert sich die Linke eigentlich, möchte man fragen ...
Daraufhin habe man Butscha jedoch "als Grund genommen, die Verhandlungen abzubrechen", was Wagenknecht für "ehrlich gesagt nicht nachvollziehbar" halte. Was braucht die Politikerin eigentlich noch, um zu erkennen, dass Putin - im Gegensatz zu Selenski - nicht einzulenken bereit ist?
Wagenknecht: Kriegsverbrechen auch unter US-Federführung
Mit Blick auf das Massaker wandte sich Bild-Kriegsreporter Paul Ronzheimer (37) direkt an Wagenknecht: "Sie tun das so ab, als wäre das normal (…)." Das stimmt eben nicht, dass solche Dinge wie in Butscha in jedem Krieg passieren.
Noch wirrer wurde es, als sich Wagenknecht erneut in ihrem "Schwarz-Weiß"-Denken von den "Bösen USA" und all den anderen Kriegen verstrickte. "Ihr ist nicht zu helfen", stimmte die Twitter-Gemeinde unisono ein.
Für Wagenknecht ist "Butscha" ein Ausdruck dafür, "wie furchtbar dieser Krieg ist und wie die Zivilbevölkerung leidet". Dennoch sei belegbar, dass auch in Afghanistan und im Irak - unter Federführung der USA - Kriegsverbrechen begangen worden seien.
Mit einem solchen "Whataboutismus" kam sie wiederum nicht gut an im Hamburger Lanz-Rund: Der FDP-Vizevorsitzende Johannes Vogel (40) räumte Wagenknechts Aussagen zielsicher ab: "Die Vorstellung zu haben, man könnte der Ukraine sagen, sie sollen da jetzt mal verhandeln, während ihre Bevölkerung massakriert, vergewaltigt und hingerichtet wird, die halte ich für wirklich abstrus."
Butscha sei "natürlich der Ausdruck dessen, dass alles, was an Verhandlungen passiert ist, doch ein Diktatfrieden zu Putins Bedingungen" wäre.
Lanz zu Wagenknecht: "Ich schätze Sie, aber..."
Wagenknecht widersprach weiterhin: Die Aussage des amerikanischen Verteidigungsministers Lloyd Austin (68), "Russland maximal schwächen zu wollen", sprächen dafür, dass Großbritannien und die USA anstatt auf Verhandlungen auf einen langen Krieg abzielten. "Wenn man Russland maximal schwächen will, will man keinen Kompromiss", macht sie es sich einfach.
Lanz ging dazwischen und wies darauf hin, dass Wagenknecht ihrerseits das Zitat verkürzt wiedergegeben hatte. Er konfrontierte sie mit dem vollständigen Satz des US-Verteidigungsministers: "Wir möchten Russland so weit geschwächt sehen, dass es die Dinge, die es beim Einmarsch in die Ukraine getan hat, nicht mehr tun kann." Das sei etwas völlig anderes, so Lanz, der sich noch dazu aufschwang zu erwähnen, dass er sie "stets schätze, aber...".
Wagenknecht beharrte, steif, aber elegant im Sessel thronend, auf ihrem Standpunkt. Gewandt an Wagenknecht meinte Ronzheimer, dass er ihr "fassungslos zugehört" habe: "Es ist tatsächlich eine große Gefahr, die Debatte in diese Richtung zu drehen und immer wieder mit Halbsätzen, Halbwahrheiten, Schachtelsätzen zu kommen und zu sagen: 'Aber die Anderen…'!"
Der "Bild"-Reporter verabschiedete Wagenknecht mit einer Einladung, auf die sie nicht einging: "Fahren Sie mal mit mir in die Ukraine. (…) - vielleicht sollte sich die Politikerin tatsächlich mal die Grausamkeiten dieses Krieges in Europa aus der Nähe ansehen - die Bilder, die es täglich gibt, scheinen ihr nicht zu genügen.
Titelfoto: ZDF