Lars Eidinger als Richard III. in Unterhose und Korsett: "Hast du heute schon geleckt?"

Hamburg - Richard III. in Hamburg! Lars Eidinger (48) zeigte sich an zwei aufeinanderfolgenden Abenden im Rahmen des Hamburger Theater Festivals in seiner Paraderolle als gnadenloser König.

Richard III. mit Krone, Halskrause, Buckel und Korsett.
Richard III. mit Krone, Halskrause, Buckel und Korsett.  © Arno Declair

Normalerweise spielen Eidinger und das Ensemble der Berliner Schaubühne Richard III. vor gerade einmal rund 170 Menschen, so der 48-Jährige am Ende des Theater-Abends. In Hamburg schauten am Mittwoch und Donnerstag jeweils mehr als 1000 zu.

Das Bühnenbild: ein Gebäude mit lehmigen Wänden, davor eine Art zweistöckiges Baugerüst mit einer Treppe. Der Bühnenboden ist mit Sand bedeckt.

Das rund dreistündige Stück beginnt mit dem Ende (?) einer Party. Die feine Gesellschaft in edlem Zwirn stolpert auf die Bühne, Drinks werden gehoben. Auch Richard, der spätere König, ist dabei. Bester Laune, aber etwas underdressed.

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Was er tatsächlich denkt und plant - nichts Gutes - teilt er dem Publikum im Verlauf des Abends über ein Mikrofon mit, das mittig von der Decke auf die Bühne hinunterhängt.

Auf dem Weg zum Thron mordet sich Richard durch die Familie

York (gesprochen von Laurenz Laufenberg) und der Prinz v. Wales (gesprochen von Christoph Gawenda).
York (gesprochen von Laurenz Laufenberg) und der Prinz v. Wales (gesprochen von Christoph Gawenda).  © Arno Declair

Richard will König werden und geht dafür über Leichen. Dank gemeiner Intrigen gelingt es ihm schließlich auch.

Richards Boshaftigkeit und sein psychotischer Charakter werden durch sein Kostüm, als König tritt er in Unterhose und Korsett auf die Bühne, verstärkt. Eidinger humpelt in seiner Rolle mit einem Klumpfuß versehen über den Sand, steht gerne mit X-Beinen und Oberkörper nach vorn gebeugt da. Seine Zähne? Ein Graus.

Sein überraschender aber vor allem überzeugender Charme, den er gekonnt gegenüber seinen Mitmenschen (Frauen) einsetzt, gehört ebenfalls zum von der Natur vernachlässigten Richard.

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Den zeigt er während des Begräbnisses von König Edward, den er selbst zuvor umgebracht hatte. Die trauernde Witwe Lady Anne (Magdalena Lermer) bezirzt er nichtsdestotrotz direkt am Sarg.

Ihre Chance, sich an dem Mörder mit einem Schwert, das er ihr anbietet, für den Tod ihres Mannes zu rächen, nutzt sie nicht.

Richard überzeugt trotz Grausamkeit mit Charme

Richard küsst die trauernde Witwe Lady Anne (hier Jenny König).
Richard küsst die trauernde Witwe Lady Anne (hier Jenny König).  © Arno Declair

Richard geht sofort in die Offensive, legt ihr dar, was er angeblich für sie empfindet ("Du bist schöner, als Zungen sagen können"), zieht sich aus und hält sich selbst das Schwert an den Leib. Zugestochen wird auch hier nicht.

"Wurde jemals eine Frau in dieser Stimmung umworben?", fragt Richard. Vermutlich nicht.

Anders als die vorherigen und späteren Morde wird der von Clarance (Christoph Gawenda) mitten auf der Bühne inszeniert. Blut breitet sich auf dem sandigen und mit goldenen Konfetti gespickten Boden aus. Das Mordopfer wälzt sich, leidet noch ein bisschen, stirbt qualvoll und wird schließlich von seinen maskierten Mördern von der Bühne gezogen.

Auf der Blutlache rutscht Richard später auch noch aus und kommentiert das Ganze mit einem sarkastischen "Huch". Nicht der einzige Lacher des Abends. Vor allem, wenn Eidinger kurz seine Rolle verließ - ein Handy-Wecker klingelte, mehrere Menschen schauten gleichzeitig auf ihre Uhren - sorgte er mit seinen Anmerkungen für Heiterkeit.

Als er das Publikum allerdings aufforderte: "Oh Mann! Siehst du Scheiße aus. Hast du heute schon geleckt?" zu rufen, nachdem er seinem treuen "Freund" Buckingham (Damir Avdic) beim Brüllen mit Schokoladendessert bespuckt hatte und ihm dieses anschließend ins Gesicht klatschte, stimmen nur die wenigsten mit ein. "Wo seid ihr?"

Das spektakuläre Ende: der Tod Richards. Nur an einem Fuß befestigt wird der in die Luft gezogen. Licht aus. Nicht enden wollender Applaus.

Eidinger zeigte sich, mit verschmiertem Gesicht, erleichtert und glücklich. Aber nicht nur der Star des Abends hinterließ einen bleibenden Eindruck. In Erinnerung dürfte vor allem auch Robert Beyer als Margaret bleiben, die alles verfluchte, was nicht bei drei auf den Bäumen war.

Titelfoto: Arno Declair

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