Kurt Krömer vernimmt Ex-DDR-Minister Günther Krause: "Sind hier nicht bei Anne Will"
Berlin - Vom Dschungelcamp ins Verhörzimmer: Kurt Krömer (45) hat in der zweiten Folge der neuen Staffel "Chez Krömer" Ex-Bundesverkehrsminister Günther Krause (67, CDU) vorgeladen. Ein Gespräch so aufregend wie mittelscharfer Senf.
In der vergangenen Woche machte Staatssekretärin und Neu-Mama Sawsan Chebli (42, SPD) bereits den Auftakt der dritten Staffel. Nun darf sich erneut ein Politiker dreißig Minuten lang den Fragen des Berliner Komikers stellen.
Nach einem kurzen Geplänkel mit Krause-Wortwitzen ("Fertig für die Sause, Herr Krause?") geht es ans Eingemachte mit einem Einspieler. Wir erinnern uns: Krause verhandelte mit Wolfgang Schäuble (78, CDU), damals Bundesinnenminister, den deutsch-deutschen Einigungsvertrag aus.
Die "Akte Günther Krauss" wird in der Sendung weiter fleißig abgearbeitet, der Marsch des 67-Jährigen durch die Institutionen nachgezeichnet. Das Gespräch plätschert aber meist vor sich hin.
"Besser-Ossi" Krause, das Gesicht etwas säuerlich verzogen, die Hände wie zum Gebet gefaltet, spricht über den ostdeutschen Unmut und die Baustelle deutsche Einheit: "Vielen Ostdeutschen geht es nicht gut. Gucken Sie sich an, wie viele Ostdeutsche in Führungsposition sind."
Merkel als gebürtige Hamburgerin wurde "im Osten groß gemacht", sonst sei "alles aber sehr dünn", betont der früher als Besserwisser verschriene Krause; weiland besorgte er der Kanzlerin ihren Bundestagswahlkreis.
Die Höhle des Berliner Löwen ist an diesem Abend wie aus Gelatine gebaut. Krauses Nebelkerze wabert, er ist dauernd in der "Müssen Sie die fragen"-Defensive, windet sich, seine entwickelten Antworten schießen häufig an den Fragen vorbei und er schiebt das Gähn-O-Meter an.
Kurt Krömer gibt Günther Krause einen Rüffel
Alexander Bojcan, wie der Gastgeber bürgerlich heißt, rügt den damaligen DDR-Staatssekretär auf seiner burschikosen Berliner Art mit hartem Zungenschlag: "Können Sie, wenn Sie antworten, nicht so negativ antworten?"
Krause verfällt erneut ins unverfängliche Politiker-Sprech: "Ihr Frage ist so zu beantworten, wie Sie sie gestellt haben."
Immerhin: Für das rhetorisch formvollendete Kabinettstückchen gibt es von Talk-Biest Krömer ein Chapeau, der ansonsten die fehlende Frische seines Gegenübers im Gespräch moniert.
"Wir sind hier nicht bei Anne Will", echauffiert sich Krömer in bester "Louis de Funès"-Manier und zieht das TV-Publikum kurz aus dem Dämmerbad.
Als es um die zahlreichen Negativ-Schlagzeilen und aberwitzige Projekte des früheren CDU-Politikers geht, nimmt das Gespräch etwas Fahrt auf und Krömer versucht, den Affärenmeister aus der Reserve zu locken.
Woher der einstige Primus von Ex-Bundeskanzler Helmut Kohl († 87) aber bei seinem damaligen Ministergehalt von 30.000 D-Mark monatlich die 12,5 Millionen Mark hatte, um sich in der Nachwendezeit in eine Kieler Bank einzukaufen, kann der paffende Gastgeber trotz Nachhakens verständlicherweise nicht aus dem 67-Jährigen herauskriegen.
Krause entgegnet gespielt ahnungslos: "Wissen Sie noch, wenn Sie weniger rauchen und 67 Jahre alt werden, was dann vor 27 Jahren im Detail war?"
"Klabauter-Krause" macht bei "Chez Krömer" mit den Blumen kurzen Prozess
Schmunzel-Moment des Abends in der zweiten Hälfte der Sendung: Krömer schenkt dem skandalumwitterten Pleitier einen Blumenstrauß zu 30 Jahre Deutsche Einheit – und drückt ihn durch die kleine Öffnung der Glastrennwand.
"Klabauter-Krause" (O-Ton Kurt Krömer, Anm. d. Red.) reagiert gekonnt und quetscht das zerfledderte Etwas zurück – weil Krömer zuvor das Gastgeschenk in Form von Krauses kürzlich erschienen Buch "Das ewige Licht" in die Ecke gepfeffert hat.
Die Teilnahme des abgestürzten Einheits-Helden als erster Politiker am RTL-Dschungelcamp bleibt an diesem Abend Randnotiz.
Wolfgang Schäuble (78, CDU) äußerte damals sein Bedauern: Es habe ihm "wehgetan", den Chef-Unterhändler der DDR in dem Trash-TV-Format-zu sehen.
Kurt Krömer konnte "Professor Wunderlich" nicht aus der Reserve locken
Fazit: Der "Vorzeige-Ossi" mit dem Spitznamen "Sause-Krause" brauste an diesem Abend nicht und blieb eher blass und farblos. Beim Mann der Stunde zeigte die Uhr Schlafenszeit an, seine spärlichen Witzeleien hatten einen Sandmännchen-Bart.
Aber: Krömer – gewohnt unterhaltsam-unfair und ohne Beißhemmung – konnte die harte Nuss "Professor Wunderlich" (O-Ton Kurt Kömer, Anm. d. Red.) trotz großer Angriffsfläche nicht knacken, gab dem Bundesverkehrsminister a. D. Prof. Dr. auch keine wirkliche Chance zu glänzen.
Festzuhalten ist: Die Sendung besticht seit Staffel eins durch ihren bunten Strauß an Gästen mit verschobenen Humorkoordinaten – unterteilt in "Freunde" und "Feinde". Gelacht wird nicht immer, was kein Manko ist.
Konstant bleibt das Katz-und-Maus-Spiel mit einem berlinernden Kater im edlen Zwirn in der Offensive, der dekonstruktiv parlierend sein Gegenüber auf Herz und Nieren prüft. Dabei ist nie ganz ersichtlich, ob die Kunstfigur Kurt Krömer demontiert oder Alexander Bojcan gerade spricht.
Zukünftigen Gästen dürfte erneut klar geworden sein: Wer sich bei "Chez Krömer" ins Kreuzverhör begibt, braucht entweder ein scharfes Schwert oder sollte ein schnelles Pferd in der Nähe haben.
Mit einem "Herr Krause, kommen Sie gut nach Hause" verabschiedete Kurt Krömer die Zuschauer in den Abend – und konnte seinem Gast ein Lächeln abringen.
Auch zu Gast bei "Chez Krömer" in der dritten Staffel: Boris Palmer, Katja Kipping und Tedros "Teddy" Teclebrhan
Die weiteren vier der sechs Folgen von "Chez Krömer" laufen beim Rundfunk Berlin-Brandenburg (RBB) dienstags um 22.15 Uhr. Wer nicht so lange warten will, kann die neue Episode bereits montags ab 18 Uhr auf YouTube oder in der ARD Mediathek anschauen.
Weitere Gäste sind Linken-Chefin Katja Kipping (42), Tübingens Oberbürgermeister Boris Palmer (48, Grüne), Journalist Jan Fleischhauer (58) und Komiker Tedros "Teddy" Teclebrhan (37).
Titelfoto: Screenshot/RBB (Bildmontage)