"Chez Krömer": Günther Oettinger haut bei Kurt Krömer auf den Tisch
Berlin - Kurt Krömer (46) hat zum dritten Mal in Folge einen Politiker vorgeladen: Der ehemalige baden-württembergische Ministerpräsident Günther Oettinger (67) war zu Gast bei "Chez Krömer". Der frühere EU-Kommissar saß im Verhörraum und stellte sich den bohrenden Fragen des Moderators.
Nach der anstrengenden Folge mit Ex-AfD-Chefin Frauke Petry (45) in der Vorwoche ging es nun in der rbb-Talksendung entspannter zu.
Alexander Bojcan, wie der Berliner Komiker mit bürgerlichem Namen heißt, stellte anhand eines Bündels von Geldscheinen seinen heutigen Gesprächspartner vor und setzte direkt zu Beginn eine Spitze gegen den Politiker aus Baden-Württemberg, der sich in seinen Worten auf das TV-Format vorbereitet habe.
"In Sachen Comedy und Clownerie sind sie ein Kollege von mir", witzelte Krömer.
Es ging um Oettingers berühmt-berüchtigten verbalen Fauxpas auf einer Konferenz der Columbia University vor einem hochrangigen Publikum in Berlin in dem Jahr 2009, bei der der Schwabe vom Blatt ablas.
Der Auftritt als "special guest" ging zum einen in Binsen, zum anderen in die Annalen der Netz-Geschichte ein.
Auf die Frage, warum der 67-Jährige trotz schlechter Englischkenntnisse nach Brüssel gegangen sei, erklärte der Stuttgarter, was es mit seiner damaligen Bauchlandung auf sich gehabt habe.
"Schauen Sie, ich habe neun Jahre Gymnasium gehabt, davon neun Jahre Latein – das wollte mein Vater –, sieben Jahre Französisch und drei Jahre Englisch", berichtet der Volljurist. Vor seinem Antritt als deutscher EU-Energiekommissar im Jahr 2010 habe Englisch in seinem Berufsleben keine Rolle gespielt.
Kurt Krömer nimmt Günther Oettinger bei "Chez Krömer" ins Verhör: "Der Schwabe hat Geschmäckle"
In der abgewetzten Amtsstube kam das Gespräch auch auf Lobby-Kontakte und Nebentätigkeiten.
Hierzu äußerte sich der Europa-Abgeordnete der Grünen Daniel Freund (36) immer wieder als kritische Stimme per MAZ, da Oettinger "vierzehn neue Arbeitgeber bei der Europäischen Kommission angemeldet" habe, seine Tätigkeit aber als Beratung, nicht als Lobbying verstehe.
"Allein sieben davon sind in Brüssel als Lobbyisten registriert", resümierte Freund.
Oettinger, heute Geschäftsführer von Oettinger Consulting, ließ den Vorwurf von sich abprallen und konterte kühl: "Von den vierzehn Aufgaben – keine Jobs – sind allein sieben reine Ehrenämter." Beispielsweise sei er beim Museum für Landesgeschichte in Württemberg tätig.
Von Krömer mit Blick auf die Vielzahl der Ehrenämter angesprochen, antwortete Oettinger, ob er überhaupt Geld verdiene, mit den Worten: "Ich bin Rechtsanwalt, ich bin Geschäftsführer einer Consulting, ich bin nicht im Beirat, ich bin im Aufsichtsrat und dort verdiene ich Geld."
Bei letzterer Tätigkeit erhalte er jeweils nur Sitzungsgeld. Oettinger, der als Ministerpräsident den Finanzierungsvertrag für Stuttgart 21 unterzeichnete, maßregelte den Gastgeber: "Jetzt drehen Sie mir gerade das Wort im Mund herum (...) Krömer, konzentrieren!"
Als es um die Lebensgefährtin des 67-Jährigen ging, die laut Freund das Einkaufszentrum im neuen Bahnhof baue (Zitat Krömer: "Der Schwabe hat Geschmäckle."), verlor der zuvor souverän agierende Oettinger kurz die Fassung.
Der CDU-Mann haute auf den Tisch: "Schwachsinn! Das wird von der ECE gebaut und geführt. Sie hat keinen Euro verdient. Sie hat damit nichts zu tun. Punkt."
Oettinger betonte: "Wenn es um meine Lebensgefährtin geht, mache ich den Spaß nicht mit." Es handele es sich um "100 Prozent falsche Behauptungen".
Kurt Krömer spricht Philipp Amthors Lobby-Arbeit an
Ein weiteres Thema waren die Enthüllungen in der Masken-Affäre der Union. Der 67-Jährige verwies hinsichtlich der fragwürdigen Deals auf die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft.
Oettinger glaube, dass von "diesen Einzelfällen nicht Folgefälle entstehen können".
"Ich mag Sie, Herr Oettinger", moderierte der selbst ernannte Star-Journalist anschließend eine weitere MAZ an, in der es um eine Rede des 67-Jährigen vor Unternehmern in Hamburg im Jahr 2016 ging.
Darin bezeichnete Oettinger Chinesen laut Medienberichten als "Schlitzaugen" und sprach von einer "Pflicht-Homoehe".
"Frauenfeindlich, ausländerfeindlich und alles in zwanzig Sekunden: Chapeau", fasste Krömer den Videobeitrag zusammen und spannte den Bogen zu dem früheren Studiogast Philipp Amthor (28) als möglichen Ehepartner für Oettinger, der sich aber "zu alt dafür" fühle.
Rückblick: Amthor soll Lobby-Arbeit für das US-Unternehmen Augustus Intelligence betrieben haben. In Oettingers Augen habe sich der Partei-konservative CDU-Abgeordnete bei Krömer gut geschlagen.
"Auch jemand, der sich mit Affären auskennt", meinte Krömer. Darauf Oettinger: "Er hatte eine Affäre." Krömer nur: "Eine zu viel, oder?" Rumms! Das hat gesessen. Ruhe im Karton.
Überraschender Kracher am Ende von "Chez Krömer" mit Günther Oettinger im Schwitzkasten
Am Ende der rbb-Sendung servierte der Gastgeber noch ein Bonbon mit Nachgeschmack.
"Ich habe noch eine Überraschung für Sie. Hier ist Ihr Herzblatt", sagte Krömer zu Oettinger – und begrüßte Daniel Freund bei "Chez Krömer".
"Ich könnte, wenn Sie wollen, jetzt in Ihrem Namen, die sieben Lobby-Jobs canceln", bot der Europa-Politiker dem 67-Jährigen an.
Krömer ergänzte: "Dann würde halt nicht mehr so viel Geld übrig bleiben. Dann wäre das alles ehrenamtlich."
Oettinger blieb zunächst stumm. Auf Nachfrage, ob er noch etwas anfügen wolle, setzte der "Kommissar der Konzerne" mit einem Grinsen und einem "Danke" dagegen.
Weitere Gäste sind "4 Blocks"-Star Kida Khodr Ramadan (44) und Esoteriker Thomas Hornauer (60).
Vom 23. März bis 27. April 2021 laufen dienstags um 22.15 Uhr die sechs Folgen "Chez Krömer" im Rundfunk Berlin-Brandenburg (rbb). Online erscheinen die Folgen wöchentlich jeweils bereits montags ab 18 Uhr in der ARD-Mediathek und auf YouTube.
Titelfoto: rbb/Daniel Porsdorf (Bildmontage)