Julian Assange aus Haft entlassen! "Martyrium findet endlich ein Ende"
London - Die Mutter von Wikileaks-Gründer Julian Assange (52) hat nach dessen Freilassung aus der Haft in London den vielen Unterstützern gedankt, die sich jahrelang für den Australier eingesetzt haben.
"Ich bin dankbar, dass das Martyrium meines Sohnes endlich ein Ende findet", zitierte der australische Sender ABC am Dienstag aus einer Mitteilung von Christine Assange (73). "Das zeigt, wie wichtig und mächtig stille Diplomatie ist."
Nach Angaben von Wikileaks soll Assange bereits aus Großbritannien ausgereist sein. Das Portal veröffentlichte in der Nacht zum Dienstag bei X ein Video, das zeigen soll, wie der 52-Jährige am Montag am Flughafen Stansted ein Flugzeug besteigt.
"Viele haben die Situation meines Sohnes ausgenutzt, um ihre eigenen Ziele zu verfolgen, daher bin ich den unsichtbaren, hart arbeitenden Menschen dankbar, die Julians Wohlergehen über alles andere gestellt haben", erklärte Christine Assange.
Und weiter: "Die letzten 14 Jahre haben mich als Mutter offensichtlich stark gefordert, daher möchte ich Ihnen im Voraus dafür danken, dass Sie meine Privatsphäre respektieren."
Assanges Vater John Shipton sagte ABC, alles deute darauf hin, dass sein Sohn nach Australien zurückkehren könne: "Soweit ich es verstehe, wird Julian ein normales Leben mit seiner Familie und seiner Frau Stella führen können."
Shipton dankte allen Unterstützern und speziell dem australischen Premierminister Anthony Albanese (61). Der Regierungschef, der sich für eine Lösung in dem Fall eingesetzt hatte, äußerte sich bisher nicht öffentlich.
Julian Assanges Deal mit den USA
Assange handelte mit dem US-Justizministerium eine Vereinbarung aus, wonach er sich in dem Spionageskandal teils schuldig bekennen will und ihm im Gegenzug eine weitere Haft in den USA erspart bleibt, wie aus Gerichtsdokumenten hervorgeht, die am Montagabend US-Ostküstenzeit veröffentlicht wurden.
Ein Gericht muss die Einigung allerdings noch absegnen. Assange soll dazu bereits am morgigen Mittwoch vor einem Gericht in einem entlegenen US-Außengebiet erscheinen: auf den Marianeninseln.
Die Inselgruppe liegt im Westpazifik, nördlich von Assanges Heimat Australien, und steht unter Hoheitsgewalt der USA. In einem Brief des US-Justizministeriums heißt es, der Ort sei gewählt worden, da Assange nicht in die Vereinigten Staaten habe reisen wollen und die Inselgruppe nahe an Australien liege.
Es werde erwartet, dass sich Assange bei dem Gerichtstermin am Mittwoch der Verschwörung zur unrechtmäßigen Beschaffung und Verbreitung von geheimen Unterlagen schuldig bekennen werde. Im Anschluss solle er nach Australien weiterreisen.
US-Medien zufolge soll Assange zu gut fünf Jahren Haft verurteilt werden - die er aber bereits in Großbritannien verbüßt hat. Demnach wäre er in Kürze ein freier Mann.
Diese Vorwürfe werden gegen Assange erhoben
Die USA hatten bisher Assanges Auslieferung verlangt. Sie werfen ihm vor, mit der Whistleblowerin Chelsea Manning (36) geheimes Material von Militäreinsätzen im Irak und in Afghanistan gestohlen, veröffentlicht und damit das Leben von US-Informanten in Gefahr gebracht zu haben.
Assanges Unterstützer sehen ihn hingegen wegen des Aufdeckens von US-Kriegsverbrechen im Visier der Justiz aus Washington. Bei einer Verurteilung ohne eine Vereinbarung mit der Staatsanwaltschaft könnten Assange wegen Spionage bis zu 175 Jahre Haft drohen.
Wikileaks schrieb auf X, es habe lange Verhandlungen mit dem US-Justizministerium gegeben. Die erreichte Einigung sei noch nicht finalisiert.
Nach mehr als fünf Jahren "in einer zwei mal drei Meter großen Zelle, in der er 23 Stunden am Tag isoliert war" werde Assange aber bald wieder mit seiner Frau Stella Assange und den beiden gemeinsamen Kindern vereint werden, "die ihren Vater bislang nur hinter Gittern kennen".
Die "neue Phase der Freiheit"
Stella Assange rief Unterstützer zu Hilfe für ihren Mann nach seiner Freilassung auf. "Wir beabsichtigen, einen Notfallfonds einzurichten für Julians Gesundheit und Genesung", sagte sie in einem Videoclip, der in der Nacht zum Dienstag auf YouTube veröffentlicht wurde.
Assanges Team hatte zuletzt wiederholt gewarnt, der Gesundheitszustand des Wikileaks-Gründers sei schlecht. An Gerichtsterminen nahm er deshalb nicht persönlich teil.
"Ich bitte Euch, wenn Ihr könnt, einen Beitrag zu leisten und uns beim Übergang in diese neue Phase der Freiheit von Julian zu helfen", sagte Stella Assange weiter.
Das Video wurde den Angaben zufolge am 19. Juni aufgezeichnet. Wikileaks-Chef Kristinn Hrafnsson sagte darin: "Wenn Ihr dies seht, heißt das, dass er draußen ist."
Titelfoto: Montage: Screenshot/X/Wikileaks, dpa/AP/Kirsty Wigglesworth