Jan Böhmermann zofft sich mit Markus Lanz: Satiriker nimmt Stellung nach heftiger ZEIT-Diskussion

Hamburg - Jan Böhmermann (40) diskutierte vergangenen Samstag im Rahmen des 75. Geburtstags der Wochenzeitung "Die Zeit" gemeinsam mit Chefredakteur Giovanni di Lorenzo (62) und Talk-Master Markus Lanz (52) zum Thema "Macht und Ohnmacht des politischen Journalismus" im Hamburger Michel. Überraschenderweise blieben Lanz und Böhmermann dabei alles andere als ruhig.

Jan Böhmermann (40) hält sich beide Hände vors Gesicht.
Jan Böhmermann (40) hält sich beide Hände vors Gesicht.  © Georg Wendt/dpa

Besonders Markus Lanz fühlte sich von Kollege Böhmermann gehörig auf den Schlips getreten.

Der Talk-Master freute sich noch über die gelungene Dialektik bei "Markus Lanz", als Böhmermann kurz darauf auch schon losfeuerte und ihm "False Balance" unterstellte.

Um seinen Vorwurf zu untermauern, erinnerte der Satiriker an die vermehrten Auftritte des Virologen Hendrik Streeck (44) und des Mediziners Alexander S. Kekulé (62) während der Corona-Krise bei Lanz. Beide "keine Experten" fürs Thema, behauptete der 40-Jährige auch schon in der Vergangenheit. Dennoch biete der Talk-Master ihnen Raum und Bühne, um ihre Positionen zu vertreten.

Nach Maus-Klau von Köln: Jan Böhmermann kritisiert WDR und Co.
Jan Böhmermann Nach Maus-Klau von Köln: Jan Böhmermann kritisiert WDR und Co.

"Ich finde es schwierig, wenn man Leuten eine Bühne gibt, die eine Meinung vertreten, die man nur deswegen veröffentlicht, weil man sagt, man muss auch die andere Seite sehen", erklärte Jan.

In unterhaltenden Formaten, die auch Journalismus machen, wie bei Lanz oder Böhmermann selbst, bestehe immer die Gefahr, dass man für den Effekt des "einfachen Applauses" arbeitet, erklärte der Satiriker seinen Standpunkt. Dabei gebe es immer das Risiko, dass man "False Balance" riskiert, da man wisse, dass es dann in der Sendung kracht.

"Das so zu justieren, dass es trotzdem noch eine Glaubwürdigkeit hat und dann eben nicht als Spektakel, was am Ende verpufft, geplant ist, das ist die Herausforderung (...). Gerade, wenn man aus der Unterhaltung kommt", so Böhmermann.

Böhmermann über Lanz: Kein klassischer Journalist

Lanz bestritt vehement, dass das ein Prinzip seiner Sendung sei. Krawall wolle er nicht. Er verteidigte seine Gäste-Auswahl. Beide hätten einen berechtigten Platz auf seinen Stühlen gehabt.

Als Böhmermann seinem Kollegen dann auch noch absprach, ein "klassischer Journalist" zu sein, verstand der Talk-Master die Welt nicht mehr. Er habe schließlich ein Volontariat gemacht. Trotzdem komme er aus der "Unterhaltung", stellte Böhmermann klar. Wie er selbst auch. (Anm.d.R.: Auch Jan Böhmermann ist ausgebildeter Journalist, hat sich allerdings für die Unterhaltung entschieden.)

Worauf der Satiriker eigentlich hinaus wollte, war die Frage: "Wie legen Sie fest, welche Positionen Sie gegeneinander stellen und welche Kategorien sind dabei wichtig bei der redaktionellen Auswahl dieser Fragen oder der Gäste." Nicht, wen Lanz nicht mehr einladen darf, wie ihm vorgeworfen wurde.

Wirklich beantwortet wird die Frage in der Diskussion allerdings nicht.

Jan Böhmermann, Markus Lanz & Giovanni di Lorenzo zu Macht und Ohnmacht des politischen Journalismus: Das Triell auf YouTube

False Balance nochmal kurz erklärt

"Fest & Flauschig" Boomercringe: Die späte Analyse

V.l.n.r.: Markus Lanz (52), Jan Böhmermann (40) und Giovanni di Lorenzo, (62) sprechen bei der Veranstaltung "Das Triell: Jan Böhmermann, Markus Lanz und Giovanni di Lorenzo über Macht und Ohnmacht des politischen Journalismus".
V.l.n.r.: Markus Lanz (52), Jan Böhmermann (40) und Giovanni di Lorenzo, (62) sprechen bei der Veranstaltung "Das Triell: Jan Böhmermann, Markus Lanz und Giovanni di Lorenzo über Macht und Ohnmacht des politischen Journalismus".  © Georg Wendt/dpa

Im späteren Podcast "Fest & Flauschig" griff Olli Schulz (47) das Thema erneut auf. Die Veranstaltung habe für Furore gesorgt, leitete der 47-Jährige das Thema am Mittwoch in der kurzen Boomercringe-Folge ein.

Intellektuell sei er mit Tischtennisschlägern zum Volleyballspiel gekommen, fasste der Satiriker seinen Ausflug in die St. Michaeliskirche zusammen und habe dann etwas ausgelöst, "wo die beiden Italiener links und rechts von mir angefangen haben schon...".

Es war leidenschaftlich. Eine herrliche Schlacht und überraschend, wie hoch es herging.

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Jan Böhmermann Mit Böhmermann-Spenden: Diese ostdeutsche Stadt feiert zum ersten Mal Christopher Street Day

Ein Abend, der am Rande schon in "Bild"-Schlagzeilen gedacht wurde, war sich Böhmermann im Nachhinein sicher.

Eigentlich hatte der Satiriker sich auf ein nettes Fachgespräch gefreut. Dass er einen Streit vom Zaun brechen könnte, wenn er Talkmaster Lanz "False Balance" vorwirft, darauf hätte der 40-Jährige allerdings selbst kommen können. Wusste er vermutlich auch.

Und was ist mit den schweren Vorwürfen gegen Hendrik Streeck und Alexander S. Kekulé? Über deren fachliche Kompetenz könne er natürlich nicht stichhaltig diskutieren.

Böhmermann habe nur die Frage in den Raum gestellt, ob man Leuten, "die losgelöst vom wissenschaftlichen Konsens noch so Spezialmeinungen" haben "immer wieder" eine Bühne bieten müsse, "weil sie nach Fernsehkriterien ganz gut funktionieren" beteuerte der Satiriker. Man müsse gerade heute selbstkritisch darüber nachdenken.

Am Ende gingen beide "eitlen Talkfuzzis" wohlgesonnen von der Bühne. Denn nichtsdestotrotz sei Markus Lanz ein "großer Talk-Master mit großen Erkenntnissen in seiner Sendung".

Titelfoto: Georg Wendt/dpa

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