Howard Carpendale im TAG24-Interview: "Schreiben Sie das: Diese Geschichten sind Quatsch!"
Dresden - Am Donnerstag in der Jungen Garde, vorab im TAG24-Interview: Howard Carpendale (77) sprach unter anderem über seine Tour, seine musikalischen Inspirationen und das Aufhören.
"Hello Again": Es gibt nur wenige Namen im deutschen Showgeschäft, mit denen jeder sofort etwas verbindet - Howard Carpendale (77) gehört in jedem Fall dazu.
Gewiss auch, weil er schon seit Jahrzehnten dabei ist: Seit Ende der 60er Jahre zählt der im südafrikanischen Durban geborene Sänger, Komponist und Entertainer zu den erfolgreichsten deutschen Künstlern, der mehr als 50 Millionen Tonträger verkaufte und dabei echte Evergreens schuf.
Carpendale braucht die Bühne, daraus schöpft er Kraft. Im Rahmen seiner Sommer-Open-Air-Tour gastiert der Sänger am Donnerstag in der Jungen Garde.
TAG24: Herr Carpendale, Ihr jüngst veröffentlichtes Doppelalbum "Die Show meines Lebens - Live in Hamburg" dokumentiert das letzte Konzert der Tournee 2022. War es Ihr bislang größtes Projekt, gemessen an der Menge von mehr als 20 Musikern und Sängerinnen, die mit Ihnen auf der Bühne standen?
Howard Carpendale: Es war die größte Live-Produktion, ja. Kein Orchester, sondern eine poppige Band mit unglaublichen Bläser-Phrasen. Es war toll, die Lieder in dieser Form zu hören. Unser Finale der Tour war in Hamburg, und dieser legendäre Abend wurde zum Glück festgehalten.
TAG24: Jetzt steht für Sie zunächst eine Open-Air-Tour im Sommer an, Sie gastieren auch in Dresden. Verbinden Sie etwas mit der Stadt?
Carpendale: Dresden war mal meine erste Station im Osten, im damaligen Kulturpalast. Einer meiner wenigen Auftritte in der damaligen DDR. Ich weiß gar nicht, warum es nicht viel mehr waren. Leider war es mir damals nicht so möglich, mehr im Osten spielen zu können. Das hole ich jetzt gern nach.
Open-Air-Konzert mit Howard Carpendale: Worauf können sich Fans freuen?
TAG24: Was ändert sich an Ihren Shows, wenn Sie Open Air spielen?
Carpendale: Open Air ist lockerer. Für mich ist das entspannter als in der Halle, es muss nicht alles so exakt getimt sein. Ich bin sonst meist sehr pedantisch, jeder Einsatz muss sitzen. Aber auf der Open-Air-Bühne gibt es so viele Dinge, die das Konzert beeinflussen. Allein das Wetter kann schon ganz andere Stimmung erzeugen, und man muss manchmal sehr improvisieren.
TAG24: Was versuchen Sie, dann rüberzubringen?
Carpendale: In einem Konzert von zweieinhalb Stunden muss ein Künstler verschiedene Farben zeigen. Zurzeit scheint offensichtlich viel Party-Feeling angesagt zu sein, das mag ich nicht so. Man kann dem Publikum auch etwas Nachdenkliches mitgeben, nachdenken tut keinem weh! Aber nicht mit dem Zeigefinger. Ich möchte ein paar meiner Sichtweisen und Haltungen zum Zustand unserer Gegenwart zeigen, damit das Publikum sagt: "Den Typ da oben habe ich heute etwas besser kennengelernt."
TAG24: Wie ändert sich Ihr Programm gegenüber der letzten Hallen-Tour?
Carpendale: Wir verzichten etwa auf Bläser. Es wird gitarrenlastiger, mehr rockig! Bei meinen Konzerten soll nie der Eindruck entstehen, es würden nur die Hits von den Platten runtergespielt. Ich finde ohnehin, dass manche Nummern von den Alben die besseren Songs sind als manche Hits. Open Air wird es in jedem Fall erdiger.
Howard Carpendale: "Man kann sich nur treu bleiben, wenn man sich ändert"
TAG24: Musikalisch haben Sie sich ohnehin seit Langem von dem entfernt, was man gemeinhin Schlager nennt …
Carpendale: Ich mag alle Arten von Musik. Nur in eine Richtung arbeiten, darauf hätte ich keine Lust. Sehen Sie: "Laura Jane", "Das schöne Mädchen von Seite 1" oder "Ti Amo" - das waren ja alle ganz verschiedene Titel und Stile. Man kann sich nur treu bleiben, wenn man sich ändert. Und deshalb macht es mir immer noch Spaß. Und ich singe ja auch alle diese Titel: Wenn ein Künstler seine Hits nicht bringt, dann wäre das frech!
TAG24: Eine Konstante aber gibt es bei Ihnen: Es sind immer Titel von Elvis Presley (†42) dabei. Ist er Ihr Idol?
Carpendale: Idole habe ich nie gehabt. Elvis steht für meine Jugendzeit, vielleicht deshalb. Aber wissen Sie: Wenn ich heute auf der Bühne von ihm erzähle, sehe ich bei jüngeren Leuten immer öfter rätselnde Blicke. Die fragen: Wer ist das? Es ist der Lauf der Zeit. Mir geht es da nicht anders: Früher hatte ich in Deutschland einen Bekanntheitsgrad von 97 Prozent. Heute muss ich, wenn ich im Hotel einchecke, den Leuten immer öfter meinen Namen buchstabieren.
TAG24: Presley steht auch für Las-Vegas-Shows. Über Ihre "Show meines Lebens"-Tour sagten Sie, die hätte auch nach Las Vegas gepasst. Ein unerfüllter Traum?
Carpendale: Nein. Ich bin starker Realist und habe gesehen, was dafür nötig ist. Man braucht viele internationale Hits. Aber es ist natürlich meine Art von Entertainment, ich liebe Sinatra, Dean Martin … Von daher wäre ich schon gerne einmal in Las Vegas aufgetreten. Aber ich bin sehr zufrieden mit dem, was ich in Deutschland erreicht habe.
Hört Howard Carpendale bald auf?
TAG24: Eine weitere Hallen-Tournee steht 2024 an, Tickets dafür gibt es schon. Haben Sie also Abschied genommen vom Abschiednehmen?
Carpendale: Bitte, bitte schreiben Sie das: Diese Geschichten sind Quatsch! Selbst mein Sohn wird in Talkshows gefragt, [wie] oft sein Vater noch aufhören will. Ich hatte das nur einmal gesagt, und das war ein Fehler. Aus diesem einen Mal wurden in den Medien vielleicht 15-mal. Aber es stimmt einfach nicht!
TAG24: Was planen Sie also für 2024?
Carpendale: Die Show wird heißen: "Let's do it again". Über das Programm möchte ich noch nicht so viel sagen, wir stecken gerade in den Planungen. Aber auch da lege ich Wert auf Nummern von meinen Alben. Der Titel ist mir wichtig: Wir leben zurzeit in einer eigenartigen Welt, da braucht es positive Vibrations.
Die Leute sollen happy sein und sagen: "Let's do it again", das hat Spaß gemacht, und dass sie spüren, dass ich mit meiner Band alles dafür getan hab.
Titelfoto: Bildmontage: Eric Münch, imago images/United Archives