Frank Schöbel nervt der Ruf als nur ostdeutscher Künstler: "Hört doch endlich auf mit dem Scheiß!"
Berlin - Leipzig statt nur DDR! Frank Schöbel (80) ist vor über sechzig Jahren als "Sonnyboy des Sozialismus" durchgestartet. Der Schlagersänger wehrt sich aber nach der Wiedervereinigung gegen Schubladendenken.
Die Frage, ob er "immer noch als ostdeutscher Künstler bezeichnet" werde, bestätigte Schöbel im Interview mit der "FAZ": "Ja, bis heute. Finde ich auch nervig, nach 33 Jahren Einheit so was noch zu sagen."
28 Jahre sei er in der DRR aufgetreten "und arbeite jetzt schon länger in der Bundesrepublik, aber ich bin immer noch der aus dem Osten", wie der Komponist von mindestens 370 Liedern weiter betonte.
Dann fand er deutliche Worte: "Hört doch endlich auf mit dem Scheiß!" Außerdem bot der Sänger mit über 600 Titeln im Repertoire an: "Ich bin aus Leipzig, wie wär's damit?"
"Frankie" oder "Frankie Boy", wie seine Fans ihn nennen, erklärte zudem, dass er "definitiv" während der Teilung Deutschlands mehr im Westen als heute aufgetreten sei.
"Das war so ein Thrill-Faktor, wir waren die Exoten und deshalb interessant. Seit der Wiedervereinigung werden wir mehr oder weniger ignoriert", führte der "Wir brauchen keine Lügen mehr"-Interpret aus. Anfragen gebe "es jedenfalls gleich null, ich trete seit über 30 Jahren nur im Osten auf".
Schöbel sieht es aber pragmatisch. "Egal, hab' ich gesagt: Muss ich nicht so weit fahren."
"Ostdeutsch ist auch, sich durchzubeißen"
Dennoch habe er das Gefühl, dass niemand eine Wiedervereinigung im deutschen Schlager wolle. "Die positiven Dinge, die es auch in der DDR gab, werden ignoriert", schilderte der vierfache Vater und Opa von drei Enkeln seine Sicht der Dinge.
"Zu Jahrestagen, Mauerfall oder so, fällt Redakteuren ein, dass sie ein paar Ossis brauchen. Dann dürfen wir kurz was sagen, danach ist wieder Ruhe."
Auf die Frage "Was ist für Sie ostdeutsch?" sagte Schöbel, der in Berlin lebt: "Ich habe kein sehnsüchtiges Verlangen nach der Vergangenheit. Für mich zählt immer das Heute."
Für ihn bedeute Ostdeutsch "auch, sich durchzubeißen, seinen Willen durchzusetzen. Wer immer unten ist, will ans Licht. Aus der Demütigung entsteht Kraft".
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