Ein halbes Jahr nach Karin Ritters (†66) Tod: Hat ihre Familie die Kurve gekriegt?

Köthen (Anhalt) - Vor mehr als einem halben Jahr ist Karin Ritter (†66), Oberhaupt der berüchtigten Nazi-Familie Ritter aus Sachsen-Anhalt, gestorben. Das RTL-Magazin stern TV hat die kranke und einsame Frau wenige Monate vor ihrem Tod erneut begleitet und blickt noch einmal auf ein Leben voller Gewalt und Fremdenhass zurück. Doch wie konnte es so weit kommen und wie geht es nun mit den Söhnen und Enkeln weiter?

So kannte man Karin Ritter (†66) zu ihren Lebzeiten, mit Zigarette in der Hand.
So kannte man Karin Ritter (†66) zu ihren Lebzeiten, mit Zigarette in der Hand.  © YouTube/sternTV

Es ist 1994, als die RTL-Zuschauer das erste Mal einen Blick auf das Leben der Ritters aus Köthen werfen können – oder besser gesagt, mit einer Familie, die Gewalt und Rechtsextremismus nahezu zelebriert, konfrontiert werden.

Mit den Jahren entsteht ein regelrechter, in höchstem Maße fragwürdiger Kult um Mutter Karin und die kriminellen Söhne Norman, Andy und Christopher, damals neun, acht und sieben Jahre alt. Der älteste Sohn René (damals 12) tritt ebenfalls, jedoch unregelmäßig, in Erscheinung. Enkelin Jasmin (21), Tochter von Karins Ältester Ivonne, sollte erst in den vergangenen Jahren eine Rolle spielen.

So einsam und vielleicht auch traurig das Leben der an Lungenkrebs erkrankten Frau am Ende ist, trägt doch sie die Hauptschuld daran, dass ihre Familie eine ganze Kleinstadt über viele Jahre hinweg in Angst und Schrecken versetzte. So sehr, dass die Kettenraucherin keine Wohnung mehr findet – niemand möchte diese Familie bei sich haben.

Nächster Trauerfall bei Familie Ritter: Karins zweitjüngster Sohn Andy verstorben!
Familie Ritter Nächster Trauerfall bei Familie Ritter: Karins zweitjüngster Sohn Andy verstorben!

Denn wo die Ritters auftauchen, bleibt kein Stein auf dem anderen. Wohnungen werden vermüllt, Hausflure fallen der Zerstörungswut der Jungs zum Opfer, Nachbarn werden mit Äxten und Knüppeln in ihrer Wohnung terrorisiert – und Mutter Ritter billigt es. Schlimmer noch, sie soll ihren Nachwuchs sogar zu diversen Straftaten angestiftet haben.

Lediglich als die Jungs für einige Jahre aus der Familie genommen und ins Kinderheim gesteckt werden, scheinen sie eine Zeit lang ein normales Leben zu führen. In einem Privatvideo ist zu sehen, wie Norman an alltäglichen Aktivitäten teilnimmt und er sich normal und ohne diverse Schimpfworte artikulieren kann.

Laut seinem Betreuer sei er ein lieber Junge gewesen. Auch Karins Bekannte Elvira kann das bestätigen: "Da waren sie so nett, das können sie sich nicht vorstellen. Das waren richtig liebe Kinder. Waren die in Köthen, war's vorbei."

Währenddessen zeigte Sohn Norman jedem den Hitlergruß, der ihn nicht sehen wollte. Mutter Karin billigte es, stiftete ihren Nachwuchs noch an.
Währenddessen zeigte Sohn Norman jedem den Hitlergruß, der ihn nicht sehen wollte. Mutter Karin billigte es, stiftete ihren Nachwuchs noch an.  © YouTube/sternTV

Mutter Karin brachte ihrem Nachwuchs den Hitlergruß bei

Wenige Monate vor ihrem Tod ging es ihr schon nicht mehr gut – Lungenkrebs, vermutlich durch das jahrelange Ketterauchen verursacht.
Wenige Monate vor ihrem Tod ging es ihr schon nicht mehr gut – Lungenkrebs, vermutlich durch das jahrelange Ketterauchen verursacht.  © YouTube/sternTV

Auch die fremdenfeindliche und rechtsextreme Einstellung haben die Kinder von ihrer Mutter übernommen. So heben nicht nur die eigenen Söhne schon in ihrer frühesten Kindheit bereitwillig den rechten Arm zum Hitlergruß, auch den Enkeln im Kindergartenalter bringt sie die Geste gern bei.

Aus Karins eigenem Elternhaus sei ihre Überzeugung nicht gekommen, ihr Vater sei gegen die Nazis gewesen. Vielmehr hat offenbar ihr eigener Freundeskreis dazu beigetragen, dass man Sätze wie "Raus mit die Viechor" regelmäßig von ihr zu hören bekam.

Selbst ihre Bekannte Elvira, die sie seit 40 Jahren kennt, habe ihren eigenen Vermietern davon abgeraten, Karin eine Wohnung zu vermieten. Man habe dann ja automatisch auch die Kinder da. "Dann haben wir die Hölle auf Erden!"

Baby, Hochzeit, neuer Wohnort: Positive Kehrtwende bei Enkelin von Karin Ritter (†66)!
Familie Ritter Baby, Hochzeit, neuer Wohnort: Positive Kehrtwende bei Enkelin von Karin Ritter (†66)!

Als sie im Herbst 2019 dann doch eine eigene kleine Wohnung bekommt, ist sie dennoch nicht zufrieden. Es sei eine Frechheit, Wohnungen mit nicht zugespachtelten Löchern in den Wänden zu vermieten. Schuld sind sowieso immer die anderen.

Drei Monate vor ihrem Tod steht Karin selbst vor Gericht, sie hat ihren Zweitältesten Norman zwei Jahre zuvor mit einer Glasscherbe verletzt. Für die Gerichtsverhandlung ist sie zu diesem Zeitpunkt bereits zu krank, das Urteil teilt ihr daher der RTL-Reporter mit. Kann sie die Geldstrafe von 2900 Euro nicht zahlen, muss sie ins Gefängnis.

Zu diesem Zeitpunkt ist sie bereits gezeichnet von ihrer Krankheit. Laut Sohn Andy habe sie am Ende nicht mehr gegessen und getrunken, selbst das Rauchen war kaum noch möglich – sie stirbt schließlich am 30. Januar dieses Jahres.

Doch was wird aus den Söhnen, die allesamt seit vielen Jahren schwerst alkohol- oder drogenabhängig sind?

Sowohl der älteste Sohn René (39, l.) als auch Norman (36) sind seit vielen Jahren schwerst alkoholabhängig und leiden unter Leberzirrhose.
Sowohl der älteste Sohn René (39, l.) als auch Norman (36) sind seit vielen Jahren schwerst alkoholabhängig und leiden unter Leberzirrhose.  © Bildmontage: YouTube/sternTV

Hat Enkelin Jasmin nach dem Knast Kurve gekriegt?

Enkelin Jasmin (21) ist erst im Dezember aus 15-monatiger Haft entlassen worden. Ihr Onkel Christopher (34) steht derzeit in Dessau vor Gericht, er wird noch einige Jahre absitzen müssen.
Enkelin Jasmin (21) ist erst im Dezember aus 15-monatiger Haft entlassen worden. Ihr Onkel Christopher (34) steht derzeit in Dessau vor Gericht, er wird noch einige Jahre absitzen müssen.  © Bildmontage: YouTube/sternTV

Der Jüngste, Christopher, steht seit mehreren Monaten wegen verschiedenster Vergehen vor Gericht, darunter gefährliche Körperverletzung und Raubstraftaten. Sieben Jahre hat er sowieso noch abzusitzen, drei bis vier werden voraussichtlich noch dazukommen. Zwar macht er im Maßregelvollzug einen Entzug, will weg vom Alkohol. Doch auch schon 2019 spricht er von Langzeittherapie. Ein Urteil im Prozess wird für den kommenden Herbst erwartet. Ins Gefängnis geht Christopher in jedem Fall, die Frage ist nur, wie lange.

Der älteste Sohn René, der 2015 schon einmal ganz unten angekommen war und der vermutlich nur dank einer Haftstrafe noch am Leben ist, ist im vergangenen September eigenen Angaben zufolge trocken. Inzwischen soll der heute 39-Jährige dem Alkohol erneut verfallen sein. Möglicherweise ist der Tod seiner Mutter ausschlaggebend für einen Rückfall gewesen...

Andy, der als Kind weit weniger gewaltbereit wirkte als seine Brüder, ist seit fast 20 Jahren schwer drogenabhängig. Heroin und Crystal Meth bestimmen immer wieder sein Leben. Auch er saß bereits im Gefängnis. Im Sommer hat man ihm offenbar die Wohnung gekündigt, es droht erneut die Obdachlosigkeit. Andy hat seit elf Jahren eine feste Freundin, die jedoch auch den Drogen verfallen ist.

Enkelin Jasmin wird im vergangenen Dezember nach 15-monatiger Haft aus dem Gefängnis entlassen. Zusammen mit Christopher und Norman hat sie 2019 einen Obdachlosen verprügelt und beraubt, offenbar im Drogenrausch. Zwar sei das Verhältnis zu ihrer Oma besser als zur Mutter, doch es ist geprägt von Streitigkeiten und Vorwürfen wie: "Wir wurden von ihr zum Klauen gezwungen." Einige Monate vor ihrer Haft sagte Jasmin: "Ich schäme mich für diese Familie." Mittlerweile scheint sie geläutert, nehme keine Drogen mehr, habe ihre Aggressionen im Griff. Sie soll in einem anderen Bundesland leben und ihr erstes Kind erwarten.

Auch Norman sitzt derzeit im Knast, wie schon einen großen Teil seines Lebens. Wie lange er noch inhaftiert sein wird, ist ungewiss. Der Mittdreißiger hat zwei Kinder, die er nur selten sieht, ist seit Jahren an Leberzirrhose erkrankt.

Der zweitjüngste Ritter-Sohn Andy (35) haust in einer vollkommen vermüllten Wohnung, die ihm nun gekündigt wurde. Dem Drogenabhängigen droht die Obdachlosigkeit.
Der zweitjüngste Ritter-Sohn Andy (35) haust in einer vollkommen vermüllten Wohnung, die ihm nun gekündigt wurde. Dem Drogenabhängigen droht die Obdachlosigkeit.  © Bildmontage: YouTube/sternTV

Familie Ritter polarisierte – und das sicher nicht im positiven Sinne – in den vergangenen 27 Jahren im deutschen Fernsehen. Die ganze Sendung über ihre Geschichte seht Ihr bei TVNOW.

Titelfoto: Bildmontage: YouTube/sternTV

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