Erzieher beschreiben Ritter-Kinder als "liebe, nette Jungs", doch ab diesem Tag ging es bergab
Köthen - Es gab einen Zeitpunkt im Leben der vier Söhne der Familie Ritter, an dem sich für Norman (39), Andy (†39), Christopher (37) und René (41) alles hätte zum Guten wenden können. Die neue stern-TV-Serie "30 Jahre Familie Ritter" beleuchtet auf YouTube mit neuen Aufnahmen und Einblicken die wenigen "normalen" Momente der Ritter-Kinder - und ab wann sich das Schicksal der Jungs zum Schlechten wandte.
Nach einem brutalen Überfall der Ritter-Jungs auf deren Nachbarin in der Augustenstraße in Köthen im Jahr 1994 wurde das Quartett vom Jugendamt in verschiedenen Kinderheimen untergebracht.
"Wir hatten das Ziel, durch die Ablösung aus dem familiären Umfeld dort noch Einfluss auf die Entwicklung der Jungen zu nehmen", erklärte der damalig zuständige Jugendamtsleiter Peter Grimm.
Die Idee fruchtete - was ein Erzieher über seine Schützlinge und vor allem über den jungen Norman zu erzählen wusste, dürfte einige Ritter-Kenner verwundern.
"Er war sehr spontan, hatte viele Ideen und war zu allem bereit. Norman war ein lieber, netter Junge und hat niemanden geschlagen. Als wir den Film 'E.T.' geguckt haben, hat er sogar geweint - emotional war er immer für uns erreichbar", schilderte Kinderheim-Mitarbeiter Michael Jagdmann.
Probleme gab es nur, wenn Norman und seine Brüder an den Wochenenden abwechselnd ihre Mutter Karin (†66) zu Hause besuchen durften. "Die Erfolge, die erzielt wurden, wurden an den Wochenenden wieder zunichte gemacht. Wenn die Eltern da waren, waren die Jungs wie losgelassen und alles ist gekippt", bedauerte Peter Grimm.
Kinderheim musste schließen, Karin Ritter bekam Sorgerecht zurück
Für einen wirklich erfolgreichen Erziehungsprozess hätten alle Beteiligten an einem Strang ziehen müssen. "Das ist nicht passiert, die Eltern haben nie eingesehen, dass sie etwas ändern müssen", so das Fazit des Jugendamts.
Wenig später musste das lokale Kinderheim schließen, gleichzeitig bekam Mutter Karin Ritter das Sorgerecht für ihre Jungs zurück.
"Am Tag davor hab ich angefangen zu saufen. Das war mit 13. Da hab ich das erste Mal Alkohol gekostet", resümierte Norman Jahre später. Von dort an ging es stetig bergab mit den Ritter-Kindern.
Als stern TV etwa 2007 die Familie wieder besuchte, begrüßte der damals 23-jährige Norman das Team mit einem Hitlergruß und zeigte ihnen stolz sein Zimmer, in dem lauter Nazi-Insignien hingen. "Alkohol, Sucht, Schläger, Gefängnis - was soll denn aus mir geworden sein?", erzählte der junge Mann mit einem traurigen Lächeln.
Folge 2 von "30 Jahre Familie Ritter" könnt Ihr auf YouTube sehen. Mit der nächsten Episode der Doku-Serie ist in zwei Wochen zu rechnen.
Titelfoto: Bildmontage: YouTube/sternTV