"Engel mit den Eisaugen": Amanda Knox fühlt sich von getöteter Mitbewohnerin verfolgt
USA - Ein blasses Gesicht und strahlend blaue Augen brachten Amanda Knox (37) den Beinamen "Engel mit den Eisaugen" ein. Für den angeblichen Mord an ihrer damaligen Mitbewohnerin saß sie zu Unrecht vier Jahre lang im Gefängnis. Noch heute, sagt sie, würde der Geist von Meredith Kercher (†21) sie heimsuchen.

Im Interview mit People sagte Knox, sie fühle sich verfolgt. Noch immer würde sie sehr unter den Ereignissen von damals leiden.
"Meredith ist wie ein Geist, der auf meiner Schulter sitzt, der um ihr Leben gekämpft und es nicht geschafft hat - der mir nun sagt, dass ich um mein Leben kämpfen soll. Ich weiß, das ist nicht das, was die Leute hören wollen. Manche denken, dass ihre Identität neben meiner Identität verschwindet", so die 37-Jährige.
"Und auch hier kann ich es den Leuten nicht verdenken, dass sie diese Vorstellung haben. Sie wurde zur Fußnote in einer Geschichte, in der ich die Hauptfigur war", fuhr Knox fort.
Dieser Geist wolle ihr allerdings nichts Böses, wie es ihr einige Menschen versuchen würden anzudichten. "Ich fühle mich eher von einem wohlwollenden Geist verfolgt, der mich an den Wert des Lebens erinnert - an das Privileg, zu leben und um sein Leben zu kämpfen. Denn sie hat für ihres gekämpft", ergänzte die US-Amerikanerin.
"Ich glaube, ich habe ein gesünderes Verhältnis zu der Tatsache, dass 2007 zwei junge Mädchen zum Studium ins Ausland gingen. Das Schicksal warf eine Münze und einer von uns überlebte. Ich bin unglaublich dankbar und glücklich, dass ich überlebt habe."
In ihren neuen Memoiren "Free", die vor Kurzem veröffentlicht wurden, schreibt Knox auch über ihre Behandlung im Gefängnis von Perugia - und enthüllt dabei schreckliche Begebenheiten.
Einmal habe sie ein Beamter in der Gefängnistoilette in die Enge getrieben, sie an der Taille gepackt und versucht, sie zu küssen. "Er hat mich über meine Unterwäsche und mein Sexualleben ausgefragt und mir Sex angeboten", schreibt Knox. Mehrere andere Wärter hätten zudem anzügliche Bemerkungen gemacht.
Amanda Knox kämpft heute gegen Justizirrtümer

Die damals 21-jährige Meredith Kercher wurde im November 2007 tot in ihrem Schlafzimmer in der Wohnung aufgefunden, die sie mit Knox teilte. Die damals 20-Jährige und ihr italienischer Freund Raffaele Sollecito (23) wurden vier Tage später verhaftet und zweimal vor Gericht verurteilt.
Da es keine Beweise gab, wurden die Urteile wieder aufgehoben. Das höchste italienische Gericht sprach die beiden 2015 schließlich frei. Die Polizei verhaftete auch den 20-jährigen Drogendealer Rudy Guede - einen Einwanderer aus der Elfenbeinküste. Seine blutigen Fingerabdrücke und die am Tatort gefundene DNA brachten ihm eine Strafe von 16 Jahren Haft ein.
Nach 14 Jahren Haft durfte Guede 2021 das Gefängnis wegen guter Führung vorzeitig entlassen. Überraschenderweise erhielt Amanda Knox 2024 ein weiteres Urteil - wegen der Verleumdung des kongolesischen Barkeepers Diya Lumumba. Ihre dreijährige Haftstrafe musste sie jedoch nicht antreten, da sie diese bereits in Italien verbüßt hat.
Knox moderiert heute einen erfolgreichen Podcast namens Labyrinths, ist Fernsehproduzentin und Bestsellerautorin, macht Stand-up-Comedy und kämpft gegen Justizirrtümer. Sie ist mit dem Schriftsteller Christopher Robinson verheiratet und hat zwei gemeinsame Kinder.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte sprach Knox 2019 eine Entschädigung in Höhe von 18.000 Euro zu, die vom italienischen Staat gezahlt werden musste.
Titelfoto: ---/AP/dpa, Pietro Crocchioni/epa/dpa