Comedian Till Reiners im TAG24-Interview: "Ja, es ist eben ein Beruf"
Berlin/Köln - Till Reiners (38) steht als Stand-up-Comedian regelmäßig auf den deutschsprachigen Bühnen, hat mehrere Podcasts und moderiert auch noch seine eigene Show - die "Till Reiners' Happy Hour". Bald feiert diese mit einer großen Party ihren Geburtstag. Wie er so viel arbeiten kann, ohne völlig am Rad zu drehen, verriet der 38-Jährige TAG24 im Interview.
TAG24: Zehn Jahre Happy Hour, Du hast die Sendung 2022 von Sebastian Pufpaff übernommen. Hattest Du damals Respekt vor dem Format?
Till Reiners: Respekt habe ich immer vor Sendungen. Das ist, glaube ich, ganz gut, wenn man den nicht so ganz verliert. Aber ich habe nicht gedacht: 'Oh nein, das kann ich nicht.' Da muss man ja schon so ein bisschen "Fake it till you make it"-Selbstbewusstsein mitbringen, um das dann auch zu machen.
Die ersten Sendungen war ich schon sehr aufgeregt. Das hat sich mittlerweile auf so ein Normal-Maß runtergepegelt, dass man nicht mehr drei Stunden vorher hyperventiliert. Das fühlt sich jetzt sehr gut an.
TAG24: Bist Du an der Gästeauswahl beteiligt?
Reiners: Ich kann manchmal Sachen vorschlagen, aber das macht sonst die Redaktion. Wir sind aber ein bisschen im Austausch.
TAG24: Also magst Du alle Künstler gern, bist aber nicht unbedingt der größte Fan?
Reiners: Ich liebe die alle (lacht)! Also da bin ich Gastgeber. Die allermeisten mag ich. Ob ich Fan bin oder nicht, spielt für mich nicht so eine Rolle. Ich will, dass sich alle wohlfühlen bei mir.
"Ja, es ist eben ein Beruf"
TAG24: Dein Bühnenprogramm schreibst Du selbst. Hast Du Hilfe bei Deinen monatlichen "Happy Hour"-Stand-ups?
Reiners: Entweder benutze ich etwas, das schon von mir geschrieben und erprobt ist, oder ich schreibe das zusammen mit einer Autorin, Nora, die unter anderem für die "Heute Show" schreibt. Man muss textlich immer relativ viel stemmen, das ist sonst nicht anders händelbar.
Außerdem finde ich es immer ganz gut, wenn man da nicht so beratungsresistent ist und Leute mit drauf gucken lässt, die noch mal neue Ideen, neue Perspektiven auf Themen bringen.
TAG24: Hinzu kommen noch zwei Podcasts und eine Impro-Show mit Moritz Neumeier. Außerdem unterstützt Du regelmäßig unter anderem die "Heute Show", das YouTube-Format "falsch, aber lustig" ... Jetzt noch die große XXL-Show. Wie schaffst Du das alles, ohne am Rad zu drehen?
Reiners: Indem man versucht, sein Leben da drumherum zu bauen, und guckt, dass man immer mal wieder Inseln hat, an denen man freihat.
Und sonst auch sagt: Ja, es ist eben ein Beruf. Dann ist es eben nicht so, dass man verkatert um 14.30 Uhr aufsteht, sondern sich mal - wie jeder - um 8 Uhr, 9 Uhr an den Schreibtisch setzt und schreibt.
TAG24: Wie findest Du einen Ausgleich?
Reiners: Ich versuche mich viel zu bewegen. Das ist tatsächlich super, das als Ausgleich zu haben und nicht nur die ganze Zeit vor dem Laptop zu sitzen. Viel spazieren zu gehen.
Till Reiners feiert zehn Jahre "Happy Hour" mit einer Sommerparty
TAG24: Der große Geburtstag von "Till Reiners' Happy Hour XXL" wurde am 4. Juni aufgezeichnet. Worauf hast Du Dich am meisten gefreut?
Reiners: Ich habe mich total gefreut, dass Hazel Brugger gekommen ist. Weil ich weiß, dass sie kaum noch Fernsehauftritte macht. Das war ein sehr großes Fest, sie dazuhaben.
TAG24: Konrad Stöckel ist ebenfalls dabei. Zuletzt musstest Du als Versuchskaninchen inklusive Helm herhalten. Was kam dieses Mal auf Dich zu?
Reiners: Da habe ich einen Helm auf, einen Kopfhörer und dann werden Heliumballons angezündet (lacht). Wir setzen noch einen drauf. Und ja, es fliegt viel Konfetti durch die Luft.
Wir wollten zum Schluss eine Explosion haben, mit unseren Mitteln, und Konrad Stöckel hat uns gegeben, was wir wollten.
TAG24: Gab es Punkte, die Dir vor der Aufzeichnung Sorgen bereitet haben?
Reiners: Ja, das Wetter und wie viel die Leute saufen. Ich hatte gehört, dass es bei der "ZDF Comedy Sommer"-Aufzeichnung irgendwann die unheilvolle Botschaft gab, dass es nur noch für eine halbe Stunde Bier gebe und man es sich auf Vorrat holen solle. Nach einer halben Stunde waren alle besoffen. Ein paar so sehr, dass sie sich einfach unterhalten haben.
Da hatte ich ein bisschen Angst vor. War aber nicht so. Das war einfach ein "Happy Hour"-Publikum. Da wird mit Maß und Mitte gesoffen. So, dass man pünktlich, wenn die Show vorbei ist, schön einen sitzen hat.
Geplanter Exzess. Das ist das Stichwort.
"Fernsehshows sind für viele einfach noch mal ein großer Stressfaktor"
TAG24: Stand-up, Spiele, Moderation. Gefühlt eine riesige Menge, die Du sonst nicht alleine stemmen musst. Was war die größte Herausforderung?
Reiners: Ich glaube, über 90 Minuten die Spannung zu halten, war die große Herausforderung. Es steckt mehr dahinter, als nur die Gäste anzukündigen. Man ist dann doch auf einem hohen Level auf Stand-by und muss die ganze Energie halten. Man fiebert ja mit den Leuten mit und ich will, dass die einen tollen Auftritt haben. Es ist nicht so, dass ich dann gehe und mir das egal ist, sondern ich will, dass die Sendung insgesamt gut funktioniert.
Das ist alles sehr aufregend, weil das so eine Einmal-Veranstaltung ist. Du weißt überhaupt nicht, wie das Publikum reagiert. Ob die das alles annehmen, ob die das alles cool finden. Das ist emotional viel Arbeit. Da gibt es in einem selbst dann sehr viele Aufs und Abs.
TAG24: Bist Du denn mit dem Gesamtergebnis zufrieden?
Reiners: Ja, das hätte ich mir kaum besser wünschen können. War tatsächlich super. Hätte ich nicht gedacht. Auch die Künstlerinnen und Künstler haben sich wohlgefühlt. Fernsehshows sind für viele einfach noch mal ein großer Stressfaktor.
Nach "Flamingos am Kotti" folgt "Mein Italien"
TAG24: Du schreibst gerade an Deinem neuen Bühnenprogramm "Mein Italien", im Oktober geht's auf Tour. Wie kommst Du voran?
Reiners: Ich habe mir erst mal einen schönen Titel überlegt. Italien finden alle super. Dann habe ich einen Pressetext geschrieben. Das Programm wird damit wahrscheinlich gar nichts zu tun haben. Das pflege ich jetzt als Tradition seit acht Jahren (lacht).
Das ist ja immer die große Verlegenheit, dass man Termine schon so weit im Voraus plant, aber natürlich kein fertiges Programm aus der Schublade ziehen kann. Und da gucke ich jetzt mal, wohin mich die Reise über den Sommer trägt.
Eine halbe Stunde habe ich fertig und die gefällt mir sehr.
TAG24: Noch hast Du ja einige Monate Zeit. Wie kamst Du auf den Titel?
Bei dem Titel "Flamingos am Kotti" waren viele irritiert. Da habe ich jetzt gedacht, wir nehmen was, auf das sich alle einigen können. Und ich glaube, alle deutschsprachigen Länder können sich auf Italien einigen.
Der Titel ist natürlich ein bisschen ironisch gemeint. "Mein Italien"! Als würde mir das Land gehören. Der deutsche Zugang zu Italien ist ja ein bisschen so, dass man das erst mal alles exotisiert und alles erst mal ganz großartig findet.
Es gibt einen schönen Satz, den ich in Italien gehört habe: Die Deutschen lieben Italiener, aber sie respektieren sie nicht.
Till Reiners plant schon eine neue Show
TAG24: Eine eigene Show hast Du schon. Was ist der nächste Schritt, den Du jetzt überhaupt noch gehen könntest/möchtest?
Reiners: Ich würde gerne eine etwas längere Show machen, die ich inhaltlich begleite. Eine, in der ich die Inhalte grundsätzlich über die ganze Sendung mitbestimme und die Humorfarbe, die ich vertrete, noch mal über eine längere Zeit vorkommt.
TAG24: Soll es in Richtung "Late Night" gehen?
Reiners: Ja, so ein bisschen in Richtung Late Night, würde ich sagen. Das fände ich super.
TAG24: Ist es nur ein Zukunftswunsch oder schon etwas Handfesteres?
Reiners: Es ist eine Überlegung, die nicht nur ich habe. Das kann man sagen. Es ist alles noch nicht so ganz spruchreif, aber es ist nicht so, dass nur ich darüber nachdenke.
"Till Reiners' Happy Hour XXL" läuft am Sonntag, 16. Juli, um 20.15 Uhr in 3sat und der 3satMediathek. Zu Gast sind Johann König (50), Moritz Neumeier (35), Hazel Brugger (29), Konrad Stöckel (45), Dirk Stermann (57), Filiz Tasdan (39), Kawus Kalantar (32), Nicole Jäger (40), Nikita Miller (36) und die Band Madsen.
Titelfoto: ZDF/Willi Weber