40 Promis kellnern für Obdachlose: "Das sind Momente, in denen man sprachlos ist!"
Hamburg - Bereits zum zwölften Mal fand die gemeinnützige Weihnachtsfeier "Mehr als eine warme Mahlzeit" des "Friends Cup Förderverein e.V." am Dienstagabend in der Hamburger Fischauktionshalle statt. Wie schon in den vergangenen Jahren mischten sich unter die 100 ehrenamtlichen Helfer auch rund 40 Promis.
Festlich gedeckte Tafeln, Live-Musik, ein leckeres Drei-Gänge-Menü und ein beheizter Ort zum Verweilen. Was für viele Menschen an Weihnachten selbstverständlich ist, war für rund 450 Bedürftige und obdachlose Hamburger eine Auszeit von ihrem sonst so kaltem Alltag.
Schon vor dem offiziellen Einlass um 17 Uhr hatte sich vor der Halle eine lange Schlange gebildet. Viele Bedürftige kamen mit all ihrem Hab und Gut – kein Wunder, schließlich leben die meisten von ihnen auf Hamburgs Straßen und das seit Jahren.
TAG24 sprach mit Markus, der seit zwölf Jahren obdachlos ist. "Man fühlt sich von Gesellschaft und Politik vergessen!", betonte er im Gespräch.
Vor allem die Weihnachtszeit sei immer besonders traurig, umso mehr freue er sich über das Angebot der Weihnachtsfeier und die gemeinsame Zeit mit seinem Bekannten Ralf, der dem treuen HSV-Fan sogar ein Stirnband seines Lieblingsvereins als Geschenk mitbrachte. Beide sind sich einig: Es braucht mehr solcher Veranstaltungen.
Gast Thomas hingegen erkennt die bereits vorhandenen Mühen von Vereinen und Initiativen wie "Friends Cup Förderverein", die versuchen, die Lage in Hamburg zu verbessern. "Es muss sich eher die Einstellung gegenüber uns Bedürftigen ändern. Ich arbeite als 'Hinz & Kunzt'-Verkäufer und wurde schon so oft beschimpft. Man fühlt sich dann ausgeschlossen!"
Um genau diesem Gefühl – zumindest für einen Abend – entgegenzuwirken, hat Initiator Sven Flohr (48) zusammen mit mehreren Partnern die gemeinsame Weihnachtsfeier ins Leben gerufen: "Es sind die Menschen, an die oft keiner denkt. Wir schenken ihnen Zeit, reden mit ihnen, wir gehen auf Augenhöhe mit ihnen in Kontakt und wir – was wir sonst ja auch auf unseren Weihnachtsfeiern erleben – kümmern uns um sie."
Rund 40 Promis waren unter den ehrenamtlichen Helfern
Lilli Holunder: "Das katapultiert einen ganz schnell wieder auf den Boden der Tatsachen!"
Und dazu gehörte auch ein leckeres Weihnachtsessen bestehend aus drei Gängen sowie so viele warme Getränke wie man wollte und ein an dem Abend sehr beliebter Eis-Stand.
Serviert wurde das Essen zum Teil auch von Hamburgs Prominenz, die in ihren roten Schürzen die Möhrensuppe, das Hähnchen mit Pistazienkruste und das Pflaumen-Tiramisu zu den Tischen balancierte.
"Für uns ist es selbstverständlich, einfach mal ins Restaurant gehen zu können. Für diese Menschen ist das nicht der Fall, und das katapultiert einen ganz schnell wieder auf den Boden der Tatsachen", sagte Lilli Holunder (37) im Gespräch mit TAG24.
Und ihre "Notruf Hafenkante"-Kollegin Rhea Harder-Vennewald (47) ergänzte: "Man kann unterm Jahr so viel Gutes tun – zum Beispiel bringe ich immer viele meiner Sachen zur Kleiderspende, – aber das hier ist etwas, was ich nicht alleine machen kann", so die Schauspielerin.
"Ich kann die Leute nicht zu mir nach Hause einladen, aber ich kann ein bisschen meiner Gastfreundschaft mit hier herbringen und ich ihnen einen schönen Abend machen." Kellner-Erfahrung habe der TV-Star keine, dafür aber Anna Hofbauer (35), die sich deshalb noch zutraute mehrere Teller gleichzeitig zu balancieren.
"Wir sind so privilegiert. Wenn wir Hunger haben, gehen wir einfach an den Kühlschrank", so die Musical-Darstellerin. "Ich finde es so schön, jetzt in der Weihnachtszeit ein bisschen was von dieser Selbstverständlichkeit oder dem Gefühl 'Einfach essen gehen zu können' abgeben zu können."
Sven Flohr: "Wenn wir uns alle in Schwarz-Weiß fotografieren lassen, sind wir alle gleich!"
Als "Mehr als eine warme Mahlzeit"-Urgesteine waren am Dienstag auch wieder Eddy Kante (64), Ex-Bodyguard von Udo Lindenberg (77), und Schauspielerin Sandra Quadflieg (44) mit dabei.
"Ich finde es ganz wichtig, darauf aufmerksam zu machen, dass wir so viel Armut in der Stadt haben", so Quadflieg im Gespräch mit TAG24.
Und weiter: "Es gibt so viele Obdachlose, die ich jedes Jahr sehe. Teilweise bringen sie mir sogar Geschenke mit, was mir mein Herz zerreißt, weil diese Menschen gar nichts haben und trotzdem so dankbar sind. Das sind Momente, in denen man sprachlos ist."
"Es ist unser Herzensprojekt und wir sind über die Jahre immer größer geworden. Natürlich auch, weil die Obdachlosen und Bedürftigen leider immer mehr werden", sagte Flohr. "Draußen vor der Tür warte 150 Menschen, die keine Karte haben. Das heißt, es spricht sich herum, teilweise freuen sich die Menschen das ganze Jahr, dass sie wieder hier bei uns sein dürfen."
Und das liegt nicht nur am Essen. Neben Live-Musik – in diesem Jahr Auftritte vom Chor "Gospel Train" und Sänger Ingo Pohlmann (51) – wurden auch Dienstleistungen angeboten, die das Selbstwertgefühl der Bedürftigen steigern sollten. Unter anderem wurden kostenlose Lesebrillen verteilt und auch ein neuer Haarschnitt durch die Mitarbeiter des Vereins "Barber Angels Brotherhood e.V." war möglich.
Besonders beliebt war die Foto-Station von Fotograf Carlos Kella, der die Bedürftigen in Schwarz-Weiß ablichtete und die Porträts als Andenken an den Abend direkt vor Ort ausdruckte. "Wenn wir uns alle in Schwarz-Weiß fotografieren lassen, sind wir sind alle gleich! Und das wollen wir zelebrieren", erklärte Flohr die Idee hinter der Aktion.
Titelfoto: Madita Eggers/TAG24