Santiano im TAG24-Interview: "Wir können nur gucken, dass wir so spät wie möglich heiser werden!"

Leipzig - Die Bühne darf wieder geentert werden! Nach den schweren Coronajahren ist bald auch die Band Santiano mit ihrer "Wenn die Kälte kommt"-Tour zurück in den vollgepackten Hallen Deutschlands. Bevor die Musiker unter anderem im April in Leipzig Halt machen, hat sich TAG24 mit Frontsänger Björn Both (57) unterhalten können.

Zweieinhalb Jahre musste auch die Band Santiano wegen der Coronapandemie pausieren. Jetzt geht es aber endlich wieder auf die Bühne.
Zweieinhalb Jahre musste auch die Band Santiano wegen der Coronapandemie pausieren. Jetzt geht es aber endlich wieder auf die Bühne.  © Pressematerial Santiano/ChristianBarz

TAG24: Herr Both, aktuell schaut es ja ganz gut aus, dass die Band nach zahlreichen Verschiebungen endlich wieder auftreten kann!?

Both: Ja, bis jetzt sieht es danach aus. Wir haben auf jeden Fall total Bock. Wir haben jetzt, glaube ich, zum vierten oder fünften Mal eine Tour vorbereitet. Jetzt sollten wir das auch endlich mal tun.

TAG24: Klingt so, als würde es der Band nach all der Wartezeit ziemlich in den Fingern jucken?

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Both: Ja, auf jeden Fall. Wir sind ja nicht Musiker, weil wir uns darüber freuen, nicht spielen zu dürfen. Wir waren aber wegen der Situation die ganze Zeit einsichtig und freuen uns darüber, dass es mit etwas Glück jetzt endlich wieder losgeht.

TAG24: Man liest aktuell immer davon, dass nach so einer langen Zeit ohne Auftritt auch etwas die Angst da ist, nicht mehr ganz so gut zu sein. Stimmt das?

Both: Auf jeden Fall. Das ist nicht anders wie im Sport. Man kann sich zwar am Ball etwas fit machen und bisschen dribbeln. Doch wie man so schön sagt: Den Rest holst du dir nur auf dem Platz und das ist am Ende bei uns die Bühne. Du musst Strategien entwickeln, die Stimme wieder zu schonen, und das baut sich dann erst unter der Belastung auch wieder anatomisch richtig auf. Weil du ja nie und nimmer das machst, was wir jetzt alle gerade gemacht haben, nämlich zweieinhalb Jahre nicht in dieser Intensität an die Belastungsgrenze zu gehen. Wir können nur so viel trainieren wie möglich und gucken, dass wir so spät wie möglich heiser werden (lacht).

Ursprüngliche Santiano-Unplugged-Tour wurde durch neue Tour ersetzt

Frontsänger Björn Both (57) stellte sich im Interview den Fragen von TAG24.
Frontsänger Björn Both (57) stellte sich im Interview den Fragen von TAG24.  © Axel Heimken/dpa

TAG24: Da können sich Eure Fans schon bald selbst davon überzeugen, ob das tatsächlich schon wieder so gut geht.

Both: Das ist es halt. Du kannst nicht pro Konzert irgendwie so auf die Zwölf gehen, wenn Du weißt, Du hast noch 30 weitere vor der Brust. Und die Leute haben auch alle Eintritt bezahlt. Du kannst ja nicht hingehen und sagen: 'Ihr hättet mal gestern hier sein sollen, da waren wir richtig geil.' Da fängst Du dann an strategisch darüber nachzudenken, wo Du abbleibst mit Deiner Stimme und Deinen Kräften.

TAG24: Viele Karten für die "Wenn die Kälte kommt"-Tour waren ja eigentlich ursprünglich für die "MTV Unplugged"-Tour gedacht. Wurden da viele Karten zurückgegeben oder ist es den Fans egal, welche Lieder sie von Santiano zu hören bekommen?

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Both: Ich würde nicht sagen, dass es denen ganz egal ist. Aber der allergrößte Teil hat sich natürlich auf "MTV Unplugged" gefreut. Du glaubst gar nicht, mit was für einer Träne im Knopfloch wir dasaßen, als wir die Konzerte absagen mussten. Und wir teilen natürlich mit den Leuten auch etwas die Traurigkeit, dass das jetzt alles ganz anders gekommen ist. Aber genauso machtlos sind wir natürlich. Am Ende haben wir uns aber dazu entschieden, die Konzerte nicht weiterzuschieben und mit unserem neuen Album aufzutreten.

Björn Both von Santiano: Können nicht so tun, als ob Krieg "nicht stattfindet"

Das Album "Wenn die Kälte kommt" chartete, wie die anderen Alben von Santiano auch, auf den ersten Platz.
Das Album "Wenn die Kälte kommt" chartete, wie die anderen Alben von Santiano auch, auf den ersten Platz.  © Pressematerial Santiano/ChristianBarz

TAG24: In der Vergangenheit habt ihr ja schon den ein oder anderen überraschenden Künstler wie Alligatoah aus dem Hut gezaubert, um mit ihnen Musik zu machen. Auf welche Highlights dürfen sich denn Eure Fans in Zukunft freuen?

Both: Also auf der Tour können sie sich hier und da darüber freuen, dass Nathan Evans auftauchen wird. Der wird uns dann unter anderem den "Wellerman" machen. Ansonsten gucken wir immer schon: 'Passt das gerade für uns?' Da haben wir ansonsten überhaupt keine Strategie. Wir entwickeln eher dann eine, wenn es danach schreit. Und dann sind wir auch echt zu einigen Schandtaten bereit. Grundsätzlich gibt es natürlich einige, mit denen man immer gut und gerne arbeiten möchte. Aber Du musst einfach das Gefühl haben, dass das jetzt Sinn macht.

TAG24: Neben all der Freude, wieder auf der Bühne stehen zu dürfen, geht logischerweise auch die schlimme Lage in der Ukraine nicht an der Band vorbei. Santiano hat dazu den alten Hit "Du machst mir Mut" noch einmal veröffentlicht. Wie sehr beschäftigt Euch das Thema und wie schafft man es, das auf der Bühne halbwegs auszublenden?

Both: Man findet es einfach entsetzlich, dass das in Europa, in dem eigentlich 'ne Abmachung darüber herrschte, wie man hier Konflikte löst, tatsächlich noch einmal auf so eine barbarische, steinzeitliche, wirklich unglaublich nicht ins Konzept passende Weise passiert und man ein Land überfällt. Wir werden natürlich nicht zweieinhalb Stunden auf der Bühne so tun können, als ob das nicht stattfindet. Dazu nehmen wir das Wort Freiheit einfach viel zu oft in den Mund. Natürlich wird es seinen Weg finden, irgendwie in diese Konzerte, ohne daraus eine Friedensdemo machen zu wollen. Es kommt immer darauf an, wie man das Thema anfasst. Du kannst Dich empören oder die Leute mitnehmen.

Die "Wenn die Kälte kommt"-Tour von Santiano macht am 19. April in der Quarterback Immobilien Arena in Leipzig Halt.

Titelfoto: Pressematerial Santiano/ChristianBarz

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