Peter Fox bei Spontan-Konzert in Neuköllner Bambule-Bad: "Berlin gehört nicht den Messerstechern"
Berlin - Berlin brutzelt, Neukölln bebte! Wer Abkühlung braucht, konnte am Montagabend ins Columbiabad schwimmen gehen - oder sich dort von Peter Fox & Friends einheizen lassen. Ein Erlebnisbericht.
Als der 53-Jährige am Montagmorgen den spontanen Gig auf Instagram verkündete, hatte ich meine Karte für das - wie es oft heißt - "Problembad" bereits online gekauft. Ich wollte als Stammgast nur meine Bahnen ziehen.
Auf der Webseite der Berliner Bäderbetriebe hatte es dort zuvor nur geheißen: Es komme wegen einer Veranstaltung zu Einschränkungen. So weit, so gewöhnlich, trat doch zuletzt erst die Berliner Punkband "Die Ärzte" direkt gegenüber auf dem Tempelhofer Feld auf.
Zu diesem Zeitpunkt war nicht klar, wer eigentlich bei diesem Überraschungskonzert auftreten würde. Aushänge an Türeingängen verwiesen nur auf "etwaige Ruhestörungen", Plakate im Umfeld machten kurzfristig Werbung, welche Künstler auftreten würden.
Dann machte es schnell die Runde, dass der "Seeed"-Frontmann ab 17 Uhr zur "Pool Party" Juju (31), Gringo, Dami (27), 44Grad, Cintia Sofia, Bäm-Drumline sowie die BDCP Crew eingeladen hatte. Besucher brauchten nur ein gültiges Sommerbadticket, das es im Abendtarif bereits online für 3,15 Euro gibt.
Überraschungskonzert im Sommerbad Neukölln gab zunächst Rätsel auf
Einige Besucher lauschten dem Konzert vom Beckenrand aus
Rapperin Juju offenbart im Sommerbad Neukölln schlimmen Vorfall
Als ich nach der Arbeit am späten Nachmittag ankam, war bereits einiges los: Polizei sorgte für Sicherheit, denn das Sommerbad Neukölln sorgte regelmäßig für Negativschlagzeilen wegen Bambule und Randale von gewalttätigen Jugendlichen.
Seitdem muss - wie auch am Montag - beim Einlass ein Ausweis vorgezeigt werden. Ich bahnte mir meinen Weg entlang der Absperrgitter, verschloss meine Sachen und Wachleute fragten: "Konzert oder Schwimmen?" Letzteres. Ich hüpfte ins kühle Nass des Sportbeckens, während nebenan die Lutzi abging. Gringos Titelsong aus "4 Blocks" fegte über den Rasen, Konzertbesucher standen Schlange für Bier.
Wer vor der Bühne keinen Platz ergattern konnte, schaute von hinten auf die Bühne. Schwimmmeister gingen vom Aufsichtsturm ab, filmten den Gig, der Teil der Umsonst-Kiez-Konzerte war, mit dem Smartphone.
Rapperin Juju sang offenbarte auf der Bühne: "Hier im Freibad wurde ich mit zwölf zum ersten Mal sexuell belästigt." Doch auch der Schalk saß ihr im Nacken. "Hier hatte ich viele erste Male", hob sie an, um dann zu erklären: "Nicht, was ihr denkt. Hier bin ich zum ersten Mal vom Zehn-Meter-Turm gesprungen."
Als "Hardcore High" ertönte, rief die Musikern ins Mikro: "Sind hier echte Berliner?" Hunderte Menschen, vorwiegend junge, tanzten, teils auch im Wasser.
Peter Fox: "Wir wollten etwas an einem Ort machen, der sehr viel schlechte Presse hat"
Peter Fox schickte eine persönliche Botschaft in die tosende Menge: "Wir wollten etwas an einem Ort machen, der sehr viel schlechte Presse hat. Ich weiß, hier geht es schon mal rough zu, aber wenn man so die Zeitung liest, denkt man, hier ist jeden Tag Messerstecherei."
Und er skandierte ein Zeichen setzend: "Berlin gehört nicht der Bild-Zeitung. (...) Berlin gehört auch nicht den Messerstechern - sowieso nicht. Berlin gehört einfach uns allen."
Mit diesem Statement schlug der Berliner Musiker versöhnliche Töne an und setzte ein Zeichen in diesen turbulenten Zeiten. Klar ist: Das Sommerbad Neukölln gehörte an diesem Abend ihm, seinen Mitstreitern und den Fans.
Hinweis: Nach Angaben der Berliner Bäderbetriebe öffnet das Columbiabad am heutigen Dienstag wegen Konzert-Abbauarbeiten erst ab 12 Uhr.
Titelfoto: Denis Zielke/TAG24, Christoph Schmidt/dpa (Bildmontage)