Nass, windig, wunderbar: Darum jetten Kettcar mit hunderten Fans nach Helgoland

Hamburg/Helgoland - Mit dem "Halunder Jet" ging es für Kettcar und hunderte Fans am Freitag mit bis zu 36 Knoten von Hamburg über Cuxhaven nach Helgoland zum Release-Konzert ihrer neuen Platte "Gute Laune ungerecht verteilt" in der Nordseehalle.

V.l.n.r.: Marcus Wiebusch, Erik Langer, Reimer Bustorff, Lars Wiebusch und Christian Hake stellten am Freitagnachmittag ihre neue Platte vor und spielten auch einige ihrer Klassiker.
V.l.n.r.: Marcus Wiebusch, Erik Langer, Reimer Bustorff, Lars Wiebusch und Christian Hake stellten am Freitagnachmittag ihre neue Platte vor und spielten auch einige ihrer Klassiker.  © Sebastian Igel

Kettcar veröffentlichen am Freitag nach sieben langen Jahren ihr sechstes Studio-Album. Als erste Single-Auskopplung erschien bereits im Januar "München". Passend zu den bundesweiten Großdemonstrationen gegen Rechtsextremismus. Das war allerdings Zufall.

Um 9 Uhr legte das Schiff in Hamburg ab. Erster Halt: Cuxhaven. Thees Uhlmann (49) versüßte mit einem Überraschungs-Konzert auf dem zweiten Oberdeck den hoffentlich seefesten Mitreisenden - kaum in die Nordsee eingestochen, schaukelte es doch recht ordentlich - die knapp vierstündige Überfahrt.

Nach ihrer letzten EP und einer darauf folgenden Tour begannen die Arbeiten für das neue Album, erklärte Frontmann Marcus Wiebusch (55) gegenüber TAG24 kurz vor ihrem Release-Konzert.

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Dann kam Corona. Keine leichte Zeit für den Sänger. "Mir persönlich ist Corona künstlerisch nicht gut bekommen. Ich habe irgendwie keine guten Ideen gehabt. Bei mir steckte der Wurm drin."

Allgemein herrschte zwar in der Band ein guter Vibe, bei ihm sei jedoch nichts gekommen. "Ich mache seit 30 Jahren Musik. So ein kreatives Loch, wie während der Pandemie, hatte ich noch nie."

Nach einer anschließenden kleinere privaten Krise, auf die wir im Gespräch nicht weiter eingehen wollten, ging es dann aber endlich los und Kettcar gaben richtig Gas. Rund 24 Monate später war die Platte "Gute Laune ungerecht verteilt" fertig.

Jetzt macht er an diese Zeit einen Haken dran. "Es ist müßig darüber nachzudenken. Ich habe natürlich auch versucht das tiefenpsychologisch ein bisschen zu durchdringen, was da genau mit mir passiert ist, hab' aber nur ganz küchenpsychologische Erklärungen."

Kettcar-Fans sind nass, aber glücklich

Unter anderem spielten Kettcar "München", "Doug & Florence" und "Ein Brief meines 20-jährigen Ichs" von ihrer neuen Platte.
Unter anderem spielten Kettcar "München", "Doug & Florence" und "Ein Brief meines 20-jährigen Ichs" von ihrer neuen Platte.  © Sebastian Igel

Als Konzeptalbum würde Wiebusch "Gute Laune ungerecht verteilt" nicht bezeichnen.

Am ehesten könne man als Überthema "Überforderung" nennen, so der 55-Jährige. "In meiner Wahrnehmung ist die gesamte westliche Gesellschaft momentan in so einem Zustand: von Krise zu Krise zu Krise. Alle sind überfordert. Die Gräben zwischen den einzelnen Lagern scheinen immer größer. Manchmal habe ich auch das Gefühl, die Welt wird einfach verrückt."

Darauf gute künstlerische Antworten zu finden, sei die Aufgabe der Musiker. "Und das haben wir versucht mit diesem Album hinzubekommen."

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Einen Lieblingssong gibt es nicht. Sind ja alles ihre Babys. Aber: "Wir spielen nicht alle live. Die, die wir live spielen, von zwölf haben wir sechs einstudiert, das sind schon die wichtigsten Songs."

Darunter unter anderem natürlich "München", "Doug & Florence" und "Ein Brief meines 20-jährigen Ichs", die Kettcar auch am Freitagnachmittag vor einem etwas durchnässten, aber begeisterten Publikum - auf Helgoland herrschte zunächst noch Schietwetter - vorstellten.

Darum feiern Kettcar ihren Release ausgerechnet auf Helgoland

Reimer Bustorff motiviert seine Fans. Mit Erfolg.
Reimer Bustorff motiviert seine Fans. Mit Erfolg.  © Sebastian Igel

Der Grund, warum sich die Band ausgerechnet Helgoland für ihr Release-Konzert aussuchte, ist wenig romantisch. Das sei eine Idee des Managements gewesen, verriet Marcus Wiebusch im Gespräch.

Aber auch er findet, dass es etwas Besonderes sein sollte. "Wenn wir schon alle sieben Jahre ein Release-Konzert machen, dann können wir auch mal ein bisschen was anderes machen. Auch gerade für unsere Fans. Das hätten wir natürlich auch in Hamburg auf einer Barkasse machen können, aber erstmal gehen da nicht so viele Leute drauf, und zweitens ist Helgoland dann auch spezieller."

Und nasser ... Pünktlich zum Start des Konzerts verzogen sich jedoch die Regenwolken und die Frühlingssonne kämpfte sich langsam durch das Grau. Zur Freude der Fans, die nach anderthalb Stunden Kettcar in Höchstform, trocken gegen 20 Uhr zurück an Board gingen.

Vor der Rückfahrt hatte allerdings nicht nur die Band gehörigen Respekt. Es wurde holprig ...

Vorsorglich hatte die Mannschaft allerdings schon für jeden Passagier eine "Spucktüte" bereitgelegt. Diese waren auf der Hinfahrt noch nicht nötig.

Titelfoto: Sebastian Igel

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