Kult-Drummer zu Besuch in Leipzig: Mit seiner neuen Band erweckt er Pink Floyd wieder zum Leben
Von Christian Grube
Leipzig - Nick Mason (80), Schlagzeuger von Pink Floyd, lässt die psychedelische Frühphase der legendären Band wieder aufleben. Mit seiner Band "Saucerful of Secrets" tourt er bereits zum dritten Mal durch Deutschland und begeistert die Fans mit weniger bekannten, aber nicht minder faszinierenden Songs. Im Haus Auensee in Leipzig boten sie ein facettenreiches Konzert.
Pink Floyd sind ohne Frage eine der legendärsten Bands aller Zeiten. Während Roger Waters (80) musikalisch eher wenig zu sagen und David Gilmour (78) derzeit ein neues Album am Start hat, kümmert sich Schlagzeuger Nick Mason um die Nachlassverwaltung der Band.
2018 hat der Brite die Band "Saucerful of Secrets" gegründet, um die Frühzeit von Pink Floyd wieder auf die Bühne zu bringen – also kein "Another Brick in the Wall", "Wish You Were Here" oder "Money".
Bereits zum dritten Mal gastierte das Quintett am Sonntagabend im Haus Auensee, das auch an diesem Abend wieder annähernd ausverkauft war. Das Publikum war bunt gemischt.
Vor dem Konzerthaus traf TAG24 Gernot Spangenberg aus Halberstadt im Harz. Er ist Pink-Floyd-Fan mit Leib und Seele. Mit im Gepäck hat er ein 3-D-Modell einer Orgel, die auf dem Album "Relics" als Zeichnung abgebildet ist. Das Modell wurde in mühsamer Handarbeit in neun Monaten gebaut.
Spangenberg möchte es gern von Mason signieren lassen. Dafür hat er bereits drei Stunden vor dem Konzert am Nebeneingang gewartet. Leider vergeblich – nur Gitarrist Lee Harris (51) ließ sich kurz sehen. Kurz vor Beginn gab er dann einstweilen auf. Das Konzert wartete immerhin.
Alte Hits in neuem Gewand
Gleich zu Beginn wurden die größten Hits der frühen Phase von Pink Floyd präsentiert. Wer hier an eine Coverband denkt, irrt. "Saucerful of Secrets" adaptieren die Stücke aus der psychedelischen Phase und transportieren sie in die heutige Zeit. Das tut allen Songs wahnsinnig gut. Hits wie "Astronomy Domine" oder "Arnold Layne" zündeten so gleich zu Beginn.
Nick Mason, der immer wieder ans Mikro ging, um allerhand Anekdoten aus der Frühzeit zum Besten zu geben, erinnerte auch immer wieder an Bandgründer Syd Barrett (†60). Das Konzert in Leipzig markierte den 18. Todestag des Briten.
Besonders die langen Stücke wie "Set the Controls" oder eine Suite vom Album "Atom Heart Mother" wurden vom Publikum gefeiert. Besonderer Jubel brandete auf, als nach der Pause ein charakteristisches "Ping" ertönt. Jeder Fan wusste sofort, was nun kommt: "Echoes" – wohl DAS Stück, das die frühe Phase von Pink Floyd beendete und der Inbegriff des Artrock ist.
Die passende Lichtshow mit Effekten, die bereits in den Sechzigern genutzt worden waren, um psychedelische Musik zu untermalen, tat ihr übriges.
Nick Mason liefert allerfeinste Pink Floyd-Nostalgie
Der Abend beweist einmal mehr, wie vielschichtig Pink Floyd waren und dass die Frühzeit oft zu Unrecht von den großen Alben "Dark Side of the Moon" oder "The Wall" in den Schatten gestellt wird.
Es ging an diesem Abend nicht darum, einen großen Hit nach dem anderen zu liefern. Vielmehr muss das Konzert als Gesamtkunstwerk verstanden werden. In jedem Fall gingen die 1500 Zuschauer beseelt nach Hause.
Nach dem Konzert traf TAG24 Gernot Spangenberg wieder: "Ich probiere es noch einmal." Und er sollte tatsächlich Glück haben. Nach kurzer Zeit kam die Band ans Tor und gab Autogramme. Gitarrist Gary Kemp musste von dem Modell erst einmal ein Foto machen, Nick Mason quittierte es mit einem Lächeln. Der Halberstädter Rentner war glücklich: "Dafür hat sich das Warten doch gelohnt."
Alles in allem ein Abend, der ein Stück weit weg vom Bombast eines Roger Waters kommt und die Musik in den Vordergrund stellt. Vor allem eine durchaus nahbare Band, die weit mehr ist als ein Alters-Spaß-Projekt von Nick Mason.
Titelfoto: Christian Grube