Dramatische Entdeckung in Haarsträhnen von Beethoven: Darum wurde der berühmte Komponist taub
Wien - Er war einer der größten Komponisten unserer Zeit: Ludwig van Beethoven verstarb vor knapp 200 Jahren. Zuvor wurde der gebürtige Deutsche jahrzehntelang von seiner Taubheit geplagt - ein grausames Schicksal für einen begnadeten Musiker wie ihn. Nun konnten Forscher endlich herausfinden, warum der Pianist sein Gehör nach und nach verloren hat.
Kurz nach Beethovens Tod im Jahr 1827 sollen dreiste Fans laut einem Bericht der New York Times mehrere Locken des Musikers abgeschnitten und an sich genommen haben. Genau diese Strähnen wurden von einem Forscher aus Kalifornien in mühsamer Recherche zusammengesucht und dank modernster DNA-Analyse untersucht.
Was dabei herauskam, erklärt nicht nur die Taubheit des Komponisten, sondern auch weitere Krankheiten, unter welchen der Wahl-Wiener litt.
Drei der Haarproben wurden von einem Speziallabor der Mayo Clinic im US-Bundesstaat Minnesota auf Schwermetalle getestet.
Der Leiter des Labors, Doktor Paul Jannetto, bezeichnete die Ergebnisse als "atemberaubend".
In einer von Beethovens Locken seien 258 Mikrogramm Blei pro Gramm Haar, in einer anderen sogar 380 Mikrogramm festgestellt. Normalerweise liegt der Bleigehalt im Haar bei weniger als 4 Mikrogramm pro Haar.
Giftiges Schwermetall machte Beethoven nach und nach taub
"Es zeigt definitiv, dass Beethoven hohen Bleikonzentrationen ausgesetzt war", meint Jannetto. "Das sind die höchsten Werte bei Haaren, die ich je gesehen habe."
Beachtlich waren auch die festgestellten Werte für Arsen und Quecksilber im Haar des verstorbenen Künstlers: Letzteres war vierfach höher als normal, Arsen 13-fach höher als der Normalwert enthalten. Doch vor allem die Bleimengen werden als Grund für Beethovens Leiden angesehen.
Doktor Jannetto veröffentlichte die erstaunlichen Ergebnisse zusammen mit dem US-Mediziner William Meredith und dem australischen Geschäftsmann Kevin Brown in einem Bericht am Montag. Damit widerlegte das Team eine Untersuchung aus dem vergangenen Jahr, die ausgeschlossen hatte, dass Beethoven unter einer Bleivergiftung gelitten hatte.
Man vermutet, dass das giftige Schwermetall im Körper des Musikers das Nervensystem beeinträchtigt hatte und sein Gehör zerstörte. Auch seine schweren Magen-Darm-Probleme könne man laut des Toxikologen David Eaton aus Washington auf die hohen Blei-Werte zurückführen. "Ob die chronische Dosis ausreichte, um ihn zu töten, ist schwer zu sagen", meint Eaton.
Doch wie konnte dermaßen viel Metall in den Körper des berühmten Komponisten gelangen?
Vorliebe für Rebensaft machte Beethoven krank
Neben der Musik hatte Beethoven noch eine weitere Leidenschaft: Wein!
Gerade billiger Wein enthielt zu Lebzeiten des Musikers Blei in Form von Blei-Acetat - auch "Bleizucker"- genannt, um süßer und damit besser zu schmecken.
Hinzu kamen Kessel, in denen das alkoholische Getränk fermentiert wurde, die mit Blei zugelötet waren. Je älter das Gefäß, desto mehr Schwermetall löste sich und geriet in den Wein. Auch die Korken auf Weinflaschen waren zuvor in Bleisalz eingeweicht, um das Getränk in seinem Behälter besser zu versiegeln.
Beethoven, der etwa eine Flasche pro Tag und später sogar noch mehr getrunken haben soll, war der Ansicht, dass der Rebensaft gut für seine Gesundheit wäre. Mediziner William Meredith ist sich sicher, dass der Musiker eine Alkoholsucht hatte. Kurz vor seinem Tod flößten ihm seine Freunde sogar noch löffelweise Wein ein.
Die Taubheit, die in seinen Zwanzigern schleichend begann, habe ihn zu Lebzeiten fast zur "Verzweiflung" gebracht, schrieb der Pianist im Alter von 32 Jahren selbst. "Wenn ich einen anderen Beruf ausüben würde, könnte ich vielleicht mit meinem Gebrechen zurechtkommen, aber in meinem Beruf ist es eine schreckliche Behinderung."
Weder Ärzte noch Salben oder Medikamente, von denen er insgesamt 75 ausprobiert haben soll und die mit hoher Wahrscheinlichkeit ebenfalls Blei enthielten, heilten seinen Gehörverlust.
Beethovens Neunte Sinfonie schrieb der gebürtige Deutsche in fast völliger Taubheit. Bei der Ur-Aufführung im Jahr 1824 konnte er nicht einmal mehr den Applaus für sein unglaubliches Werk hören. Drei Jahre später starb das Musik-Genie.
Titelfoto: Bildmontage/dpa, Screenshot/X/@Derin_Adalet