Loriot wird 100 und mit Film geehrt: "Hätte er Instagram gehabt, würde ganz Deutschland ihm folgen!"
Hamburg – Vicco von Bülow (†87) besser bekannt unter seinem Künstlernamen "Loriot" ist bereits seit gut einem Jahrzehnt tot, doch in dem kollektiven Gedächtnis der Deutschen ist der Ausnahmekünstler noch immer sehr präsent. An Sketche wie "Das Bild hängt schief" oder "Die Nudel" erinnern sich ganze Generationen und nicht wenige zitieren den ein oder anderen Satz auch heute noch gerne im Alltag. Anlässlich seines diesjährigen 100. Geburtstags hat Regisseur André Schäfer (57) in seinem neuen Fernsehfilm "Loriot 100" ein vielschichtiges Porträt des Humoristen gezeichnet. Gezeigt wurde dieses zum ersten Mal auf dem Filmfest Hamburg.
Neben Ausschnitten seiner Sketche, seiner Filme und aus früheren Interviews lebt die Dokumentation vor allem von den Stimmen zahlreicher Weggefährten und Kollegen von Loriot.
"Es war uns von Anfang an klar, dass wir nicht witziger als Loriot sein können. Aber wir können aufschließen, was den Witz eigentlich ausmacht!", sagte Autor Hartmut Kasper (64) bei der Premiere Anfang Oktober, der zusammen mit André Schäfer nach Experten für den Film gesucht hat.
"Da ich ihn nie persönlich kennenlernen durfte, wollte ich Leute fragen, die mit ihm zusammen gearbeitet haben, die ihn toll finden sowie Kollegen und Kolleginnen", erklärte Schäfer im Gespräch mit TAG24 am Rande des roten Teppichs.
"Ich habe mit über 25 illustren Personen wie Helge Schneider und Hape Kerkeling gesprochen, die mir genau das von der Seele erzählt haben, was auch mir bei Loriot einfällt. Für mich war er ein Held und das ist genau das, was wir erzählen wollen. Es ist kein investigativer Film, sondern eine Hommage an diesen großartigen Künstler".
Unter den Experten sind auch Loriots langjähriger Freund und Regisseur Stefan Lukschy (75) und "Dicki"-Darstellerin Katja Bogdanski.
André Schäfer: "Loriot hat uns Deutsche so entlarvt, dass ich einfach nur verblüfft bin""
Doch was macht Loriots Witz aus? Genau fassen lässt sich das irgendwie nicht, aber eine Sache wird während der Dokumentation immer wieder erwähnt: Seine Begabung, Gesellschaftsbeobachtungen so präzise einzufangen und satirisch aufzuarbeiten, dass sich der Betrachter selbst in diesen wiederfindet.
Und das auch noch nach über 50 Jahren und obwohl Loriot seinen künstlerischen Spiegel zunächst eigentlich der Nachkriegsgesellschaft der 1970er vorgehalten hat.
"Ich glaube, dass Loriot zeitlos ist. Das Bild, welches er von uns – den Deutschen – gezeichnet und aufs Korn genommen hat, war früher vielleicht spießiger, aber im Grunde genommen hat sich nicht so wahnsinnig viel geändert", so Schäfer gegenüber TAG24.
"Von daher sollte man meiner Meinung nach, immer wieder seine Sketche angucken, um auch selber zu erkennen, wie wir miteinander reden, wie wir als Paare untereinander sind und wie Missverständnisse entstehen. Er hat das so entlarvt, dass ich einfach nur verblüfft bin."
André Schäfer: "Ich hoffe, dass auch das Publikum erkennt, dass es selbst gemeint ist!"
Schäfer selbst ist mit von Bülows Werken aufgewachsen und hat sich für seinen Film noch einmal ganz intensiv damit beschäftigt.
"Ich hoffe, dass ich in meinem Umgang mit Menschen und meinen Beziehungen besser geworden bin, weil ich es immer wieder als Spiegel vorgehalten bekommen habe, wie bescheuert wir manchmal sind. Und ich hoffe, dass auch das Publikum erkennt, dass es selbst gemeint ist."
Am Sonntag hat sich das Publikum vor allem amüsiert. Schon allein bei der Nennung der Sketch-Titel fielen die ersten Lacher, so sehr sind Loriots Werke in unseren Gedächtnissen verankert.
"Unser Ziel ist es, dass die Zuschauer nach dem Film Lust haben, Loriot noch einmal anzuschauen"
Und eines darf man auch nicht vergessen: Von Bülow war ein Multitalent - ein Genie, wie manch einer zu sagen wagt. Er war Cartoon-Zeichner, nahm als Sänger ganze Alben auf, spielte zahlreiche seiner Charaktere selber und natürlich schrieb er die Dialoge und Szenen, die wir noch heute zitieren.
Torsten Sträter (57) fasst es in seinem Interview für die Dokumentation wie folgt zusammen: "Hätte Loriot heute Instagram gehabt, würde ganz Deutschland ihm folgen!"
Vor allem habe er den Deutschen kluge Unterhaltung geschenkt, so Schäfer gegenüber TAG24. Und Hartmut Kasper ergänzte: "Unser Ziel ist es, dass die Zuschauer nach dem Film sagen 'Mensch, jetzt habe ich so viel darüber gehört – vielleicht auch vieles, was ich noch gar nicht wusste – jetzt hätte echt Lust, mir die gesamten Werke von Loriot noch einmal anzuschauen."
Anlässlich eines Thementags zu Loriots 100. Geburtstag am 12. November zeigt die ARD "Loriot 100" am 6. November um 20.15 Uhr und ab 4. November schon in der ARD-Mediathek. Des Weiteren sind ihm zu Ehren eine Podcast-Reihe, Sondersendungen sowie Wiederholungen seiner Kinofilme geplant.
Titelfoto: Madita Eggers/TAG24