SM-Skandalfilm "Dogs Don't Wear Pants" und viele weitere Stream-Highlights beim Filmkunstfest MV!

Schwerin - In Zeiten der Corona-Krise werden neue Wege gegangen! Mehrere Filmfestivals haben sich mittlerweile dafür entschieden, ihr Angebot online zur Verfügung zu stellen. So auch das Filmkunstfest MV (Mecklenburg-Vorpommern), das normalerweise in Schwerin stattfindet.

Die Domina Mona (Krista Kosonen) sorgt für krasse Szenen in "Dogs Don't Wear Pants".
Die Domina Mona (Krista Kosonen) sorgt für krasse Szenen in "Dogs Don't Wear Pants".  © PR/Indeed Film

Seit dem 5. und bis zum 10. Mai können sich Zuschauer für vergleichsweise wenig Geld die insgesamt 29 Filme (inklusive der Kurzfilmprogramme) für jeweils 4,99 Euro anschauen. 

Dafür registriert man sich einfach kurz und schmerzlos mit seiner E-Mail-Adresse und Postanschrift auf der Website https://filmkunstfest.de/ und kann anschließend per Lastschrift, PayPal oder mit allen gängigen Kreditkarten bezahlen und mit dem Streamen beginnen. 

Der Aufreger schlechthin aus dem interessanten und ausgewogenen Programm ist der finnische SM-Skandalfilm "Dogs Don't Wear Pants" von Regisseur J.-P. Valkeapää.

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Hier kommt es zu harten Sadomaso-Sexszenen- und Sequenzen, die die Grenze zur Folter überschreiten.

Doch das Drama setzt nicht vorrangig auf Gewalt, sondern entwickelt diese aus einer interessanten Geschichte heraus. Der Herzchirurg Juha (Pekka Strang) hat vor einigen Jahren seine Frau verloren. Sie ertrank, woran er nicht ganz unschuldig war. 

"Dogs Don't Wear Pants" entwickelt eine Sogwirkung

Die Praktiken von Domina Mona (l., Krista Kosonen) faszinieren Juha (Pekka Strang).
Die Praktiken von Domina Mona (l., Krista Kosonen) faszinieren Juha (Pekka Strang).  © PR/Indeed Film

Mittlerweile lebt er mit seiner Tochter Elli (Ilona Huhta) in der Großstadt und führt ein freudloses Leben. 

Bis er durch Zufall in einem SM-Studio landet und die Domina Mona (Krista Kosonen) kennenlernt, deren Praktiken ihn faszinieren.

Denn durch die Nahtoderfahrung des Strangulierens und Beinahe-Erstickens kommt er seiner Frau wieder näher, weshalb sein Verlangen unstillbar wird und sich zu einer gefährlichen Obsession entwickelt...

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Im Mittelpunkt stehen dabei universelle Themen wie der Umgang mit Verlust, das Ausbrechen aus einem festgefahrenen, unglücklichen Alltag und das Ausleben der eigenen Leidenschaften.

Nachdem man sich zu Beginn im wahrsten Sinne des Wortes einsehen und an den eigenwilligen Stil gewöhnen muss, entfaltet der Film seine hohe Qualität nach und nach immer stärker.

Darüber hinaus entwickelt er eine Sogwirkung, hat das gewisse Etwas, ist visuell aufwendig und glänzt mit erstklassigen schauspielerischen Leistungen, weshalb er für hartgesottene und tolerante Zuschauer zu empfehlen ist. 

Online-Ausgabe des Filmkunstfests MV ist zuschauerfreundlich

Max-Peter Heyne (55) ist beim Filmkunstfest MV für das Marketing verantwortlich. Darüber hinaus ist er seit Jahrzehnten auch als Filmkritiker unterwegs.
Max-Peter Heyne (55) ist beim Filmkunstfest MV für das Marketing verantwortlich. Darüber hinaus ist er seit Jahrzehnten auch als Filmkritiker unterwegs.  © PR/FILMLAND MV

Doch wie kam es zu einer Entscheidung, die vor wenigen Monaten noch für viele Filmfestivals undenkbar war, nämlich online zu gehen? 

TAG24 sprach darüber mit Max-Peter Heyne (55), der in Schwerin für das Marketing des Online-Festivals verantwortlich ist.

"Nach der Berlinale wurden immer mehr Kinostarts und Kulturveranstaltungen abgesagt, weshalb uns relativ früh klar wurde, dass wir unser Filmkunstfest entweder absagen- oder neue Wege gehen müssen", so Heyne.

Da es durchfinanziert war, habe man sich dazu entschlossen, mit der Zeit zu gehen. Dabei wurde ein passendes Konzept entwickelt.

Denn im Gegensatz zu anderen Online-Festivals wie dem DOK.fest München oder dem teureren goEast Filmfestival Wiesbaden gibt es überhaupt keine Teilnehmer-Beschränkung.

Man kann auch am 5. Mai gekaufte Filme erst am 10. Mai sehen und hat nach Beginn des Streams zwölf Stunden zum Abgucken Zeit. 

Da es viele starke Beiträge gibt, ist das eine weise Entscheidung. Denn man erkennt, dass das Programm von Cineasten erstellt wurde. 

"Oscar"-Beiträge "Corpus Christi" und "Beanpole - Bohnenstange" als Zugpferde

Der polnische "Oscar"-Kandidat "Corpus Christi" ist eines der Zugpferde des Filmkunstfests MV. Das Drama gewann weltweit 49 Preise.
Der polnische "Oscar"-Kandidat "Corpus Christi" ist eines der Zugpferde des Filmkunstfests MV. Das Drama gewann weltweit 49 Preise.  © PR/Arsenal Filmverleih

So hat man unter anderem die Chance, zwei "Oscar"-nominierte Beiträge aus diesem Jahr zu sehen. Den polnischen Kandidaten "Corpus Christi" kann man sich seit dem heutigen Mittwoch gegen oben genannte Gebühr anschauen.

Der Film handelt vom 20-jährigen Daniel, der aus der Jugendstrafvollzugsanstalt entlassen wird, wo er Messdiener war. 

Durch einige Tricks schafft er es, in Freiheit selbst Priester zu werden, doch in dem Dorf gibt es einen lang andauernden Konflikt, den er lösen muss.

Das Drama gewann weltweit 49 Preise und schaffte es unter die besten fünf fremdsprachigen Filme bei den Academy Awards. 

Dort konnte man sich gegen Überflieger "Parasite" zwar nicht durchsetzen, stach aber beispielsweise den genialen deutschen Beitrag "Systemsprenger" aus.

Ebenfalls auf der Shortlist als bester Beitrag des Landes stand "Beanpole - Bohnenstange", der für Russland ins Rennen ging und weltweit 26 Awards gewann.

In ihm stehen die direkte Nachkriegszeit in Leningrad 1945 und zwei durch das Schicksal miteinander verbundene Frauen im Mittelpunkt. Diese Geschichte entwickelt sich zu einem hochemotionalen Drama mit starken Schauspielerinnen.

Auch Indie-Perlen wie "Kokon" und "The Human Part" lohnen sich

Pekka Malmikunnas (M., Hannu-Pekka Björkman) versucht, den schönen Schein zu wahren.
Pekka Malmikunnas (M., Hannu-Pekka Björkman) versucht, den schönen Schein zu wahren.  © PR/Bufo

Neben den Zugpferden gibt es aber auch noch mehrere Indie-Perlen zu entdecken.

Etwa das trotz schwerer Themen leicht erzählte Coming-of-Age-Drama "Kokon" mit Jella Haase, Lena Urzendowsky und Lenka Klenke, das schon auf der diesjährigen Berlinale lief und positiv aufgenommen wurde.

Oder der zutiefst bewegende finnische Film "The Human Part", in dem der ehemalige CEO Pekka Malmikunnas (Hannu-Pekka Björkman) im Fokus steht.

Er wahrt nach außen hin den Schein eines Geschäftsmanns, ist jedoch mit seiner Firma bankrott gegangen, hat überall Schulden, dazu ist seine Beziehung gescheitert und außerdem hat er zu allem Überfluss auch noch seine Wohnung verloren, weshalb er in einem leerstehenden Gebäude wohnt, das bald abgerissen wird.

Pekka kämpft täglich darum, Essen zu finden. Und ein neuer Job ist nicht in Sicht. Dazu gerät seine Fassade ins Wanken, als seine Eltern in der Stadt auftauchen und es zu einem schockierenden familiären Zwischenfall kommt. Großes kleines Kino!

Eine Empfehlung hat auch Heyne noch zu geben. Einer seiner Lieblingsfilme ist das schon 1999 gedrehte österreichische Drama "Heimkehr der Jäger" mit dem deutschen Schauspielstar Ulrich Tukur, der auf dem nächsten Filmkunstfest MV in Schwerin den Ehrenpreis erhalten soll.

Doku "Die Rückkehr der Wölfe" und Bundeswehr-Drama "Im Feuer" runden das Programm ab

Der Dokumentarfilm "Die Rückkehr der Wölfe" setzt sich auf sensible und gleichzeitig erhellende Weise mit diesem komplexen Thema auseinander.
Der Dokumentarfilm "Die Rückkehr der Wölfe" setzt sich auf sensible und gleichzeitig erhellende Weise mit diesem komplexen Thema auseinander.  © PR/mythenfilm

Heyne dazu: "Die Story um einen frustrierten Einzelgänger ähnelt der des Supererfolgs von 2019, "Joker", allerdings mit Wiener Schmäh und schwarzem Humor!"

Was lohnt sich noch? Definitiv der Dokumentarfilm "Die Rückkehr der Wölfe". Denn er geht das polarisierende Thema mit viel Feingefühl an und versammelt viele Experten mit unterschiedlichen Meinungen vor der Kamera.

Diese werden klugerweise nicht gewertet. Stattdessen kann sich jeder Zuschauer selbst ein Bild davon machen, was vernünftig ist.

Auch das deutsche Bundeswehr-Drama "Im Feuer" mit Almila Bagriacik ("Nur eine Frau") ist sehenswert geworden, weil es das Thema Einwanderung mal aus einer ganz anderen Perspektive zeigt und dazu mit einer ausbalancierten Spannungskurve für ein intensives Filmerlebnis sorgt.

Davon abgesehen finden sich mit der preisgekrönten finnischen Komödie "Aurora", dem Historiendrama "The Birdcatcher's Son", dem auf wahren Begebenheiten beruhende Schweizer Drama "Bruno Manser - Die Stimme des Regenwaldes" und der Doku "Prima Mallorca", in der 40 Langzeitarbeitslose aus Mecklenburg-Vorpommern auf die beliebte Urlaubsinsel zu einem Berufspraktikum gebracht werden, um dort aus ihrer Lage zu entkommen, weitere interessante Filmperlen, die man so schnell wohl nicht in Deutschland zu sehen bekommt.

Eine schöne Abwechslung zum Corona-Alltag. 

Titelfoto: PR/Indeed Film

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