Irrer und ultrabrutaler Nazi-Horrorfilm kommt ins Kino: So ist "Operation Overlord"!
Die Zuschauer werden ohne Umschweife ins Geschehen geworfen.
Der Film von Regisseur Julius Avery (Son Of A Gun) beginnt am 5. Juni 1944: Der Zweite Weltkrieg ist bereits seit knapp fünf Jahren im Gange.
US-amerikanische Soldaten starten am Vortag des D-Days eine Offensive auf französischem Boden. Doch ihre Flugzeuge und Schiffe stehen schnell unter schwerem Beschuss der Nazis.
In diesem Chaos kann auch Neuling Boyce (Jovan Adepo) nicht die Ruhe bewahren. Denn auch sein Flugzeug wird mehrfach getroffen und stürzt ab. Viele Kameraden sterben im Kugelhagel.
Boyce und auch Ford (Wyatt Russell) überleben den Absturz mit viel Glück, müssen sich nun allerdings am Boden mit nur drei anderen Soldaten im verminten Feindgebiet durchschlagen und mit ansehen, wie ihr Sergeant (Bokeem Woodbine) von Nazi-Kugeln durchlöchert wird.
Die wenigen Überlebenden treffen kurz darauf auf die französische Dörflerin Chloe (Mathilde Ollivier), die ihnen Schutz gewährt, damit sie einen Nazi-Radarturm zerstören können.
Doch dann hören sie schreckliche Gerüchte: In der Kirche sollen die Nazis um Wafner (Pilou Asbaek) ein höllisches Labor betreiben, wo sie an den wehrlosen Dorfleuten herumexperimentieren. Was hat es damit auf sich?
Der Film beginnt stark und kann dieses Niveau lange halten, was bei der bestenfalls zweitklassigen Besetzung dann doch überrascht.
So beginnt "Operation Overlord" spannend und zeigt die Kriegsgräuel und den völligen Wahnsinn auf seine ganz eigene Art und Weise.
Dabei gelingt es dem Film erstklassig, das Chaos, die Brutalität und die Anarchie zu inszenieren.
Auch deshalb reißt er von Beginn an mit, fesselt, ist unterhaltsam, erzeugt trotz der auflockernden, zynischen Gags eine beklemmende Atmosphäre und überrascht die Zuschauer mit einigen klugen Wendungen immer wieder.
Das ist allerdings nur die eine Seite von Averys Werk. Denn leider hat sich eine alte Weisheit selten so sehr bewahrheitet, wie bei diesem Film: Nichts ist schwieriger, als einen guten Schluss zu schreiben.
Daran hapert es auch bei "Operation Overlord". Denn im letzten Akt driftet der Film bedauernswerterweise in einen ultrabrutalen und stupiden Horrorfilm ab, der so gar nicht zum packenden Kriegsgeschehen zuvor passt.
So wird der unvorbereitete Showdown im Nazi-Labor nicht mal ansatzweise erklärt.
Klar, die Nazis wollen für ihr Tausendjähriges Reich entsprechende Soldaten, doch welche Methoden angewendet werden und warum die früheren Menschen so aussehen, wie sie es am Ende tun, bleibt völlig unklar.
Dazu weiden sich die Macher an den ausgewalzten Folterszenen, die dann doch ziemlich gewaltverherrlichend wirken.
Andererseits können das starke und blutige Make-up, die Kostüme und auch die aufwendigen Spezialeffekte überzeugen. Hier ist das große Budget, das der Film, der von J. J. Abrams (Star Wars: Das Erwachen der Macht, Star Trek, Mission: Impossible III) mitproduziert wurde, erhalten hat, zu erkennen.
Auch die treibende Musikuntermalung, die dynamische Kameraführung und die passenden Locations fallen positiv auf.
Negativ ist hingegen die durchgehend einsilbige Darstellung der bösen Nazis, die typisch amerikanisch, deswegen aber nicht weniger ermüdend ist.
Immerhin sind die US-amerikanischen Hauptfiguren differenzierter dargestellt worden. So wird anhand von Boyce gezeigt, wie sehr ein Mensch innerhalb kürzester Zeit seine hohen moralischen Ansprüche wegwerfen kann, immer stärker verroht und selbst Gräueltaten begeht. Wirklich mitfiebern kann man mit den Figuren, denen es an Substanz mangelt, jedoch nicht.
So ist "Operation Overlord" ein äußerst zwiespältiger Film geworden. Auf einen starken Start folgt ein enttäuschendes Ende, was den aufwendig produzierten B-Movie dann doch einige Wertungspunkte kostet und ihn trotz vorhandener Qualitäten ins Mittelmaß abrutschen lässt.