Mordender Roboter "M3GAN": Wie weit kann Künstliche Intelligenz gehen?
USA - Der Horrorfilm "M3GAN" zeigt auf humorvolle Weise, was schiefgehen kann, wenn Künstliche Intelligenz zu weit geht. Doch wie realistisch ist es, dass eine KI nicht mehr gehorcht, eigenständig handelt und sogar emotionale Bindungen eingeht?
M3GAN ist ein Wunder der künstlichen Intelligenz, eine lebensechte Puppe, die darauf programmiert ist, der beste Begleiter eines Kindes und der beste Verbündete der Eltern zu sein. Entworfen von Gemma Allison Williams, 34), einer brillanten Robotik-Expertin, kann die KI in Puppengestalt zuhören, zusehen und lernen, während es die Rolle eines Freundes und Lehrers, Spielgefährten und Beschützers spielt.
M3GAN wird zur Gefährtin von Gemmas Nichte Cady (Violet McGraw), welche um ihre kürzlich verstorbenen Eltern trauert und durch die Puppe wieder Lebensmut findet. Ihr Fokus soll darauf liegen, dass dem Mädchen "weder körperlicher noch emotionaler Schaden zugefügt" wird. Und diese Anweisung nimmt die KI ernst. Sehr ernst.
Der Traum vom perfekten Spielzeug, das sich um alle Belangen eines Kindes kümmert, wird schnell zum Albtraum, als M3GAN beginnt, eigenständig zu handeln. Sie wird zum Killer-Roboter, der jeden aus dem Weg räumt, der sich ihr oder Cady in den Weg stellt.
Technik wird immer intelligenter. Sie kann schon heute Bilder und Texte erstellen, entwirft E-Mail-Antworten, chattet mit uns, damit Kundendienst-Hotlines entlastet werden. Aber wie realistisch ist die Existenz einer Puppe wie M3GAN aus dem gleichnamigen Horrorfilm? Und wie weit kann Künstliche Intelligenz überhaupt gehen?
KI kann echte menschliche Gefühle nicht imitieren
Der US-Nachrichtendienst Insider sprach mit zwei KI-Experten über die Plausibilität von Hollywoods neuester Horror-Puppe.
Im Film demonstriert M3GAN ihre Fähigkeit, Cady emotional zu unterstützen und kann ihr erfolgreich Trost spenden.
Dr. Thomas Wolf, Mitbegründer von "Hugging Face", das Modelle für maschinelles Lernen teilt, um Unternehmen dabei zu helfen, ihre eigenen Tools für ihr Geschäft zu entwickeln, ist skeptisch. Es sei unwahrscheinlich, dass KI jemals dazu in der Lage sind, eine Mensch-zu-Mensch-Beziehung perfekt zu simulieren.
Laut Dr. Wolf würden Menschen emotionale Unterstützung einer künstlichen Intelligenz nicht so gut annehmen wie von echten Menschen. Vor allem, wenn klar ist, dass mit einer KI kommuniziert werde.
"Als die Leute wussten, dass es von KI kommt, hat es eigentlich nicht wirklich funktioniert", sagte Wolf, "Der Effekt war nicht da. Selbst wenn [die Worte] dieselben wären, bedeutet es viel, zu wissen, von wem es kommt."
Besonders Kinder reagieren oft sehr sensibel auf die Gefühle ihrer Mitmenschen. Und auch wenn Cady im Film dringend nach einer Bezugsperson sucht, ist doch unwahrscheinlich, dass ausgerechnet ein Roboter, der Emotionen nur vorspielen kann, ihr in der schwierigen Zeit zur besten Freundin wird.
Handeln über Befehle hinaus? Unmöglich für Künstliche Intelligenz
Laut Dr. Wolf könne Künstliche Intelligenz z. B. den Wunsch nach einer "höflichen und freundlichen" Unterhaltung befriedigen.
"Ich denke, für alle ist es schön, eine KI zu haben, die höflich und nett antworten kann", meint Wolf. Abgesehen davon hat er jedoch eine kritische Einstellung gegenüber der Fähigkeit der KI zu authentischer, "menschlicher" Intimität.
"Für Leute, die nach echter Verbindung suchen", sagt er, "Ich glaube nicht, dass Sie diese Art von tiefer Verbindung replizieren können."
Dr. Alain Briançon, der Technologieunternehmen wie "Kitchology" mitbegründet hat und als Chief Technology Officer auch bei "Cerebri AI", tätig war, teilt Wolfs Meinung.
"Wenn Sie wissen, dass Sie einen Roboter sehen, ist es schwierig, den Unglauben zu unterdrücken", erzählt Briançon im Interview mit dem Insider.
Die wohl beunruhigendsten Aspekte von M3GAN sind ihre übermenschlichen Fähigkeiten und ihr Mangel an Reue für Gewalt. Obwohl Gemma die Puppe programmiert, um ihre Nichte um jeden Preis zu beschützen, nutzt M3GAN für diese Anweisungen schnell Mordtaten als Mittel zum Zweck.
Dr. Briançon erklärt, dass schon heute Roboter und Drohnen mit Künstlicher Intelligenz ausgestattet werden, um im Krieg als Tötungswaffen eingesetzt zu werden. Dies geschehe aber unter klaren Anweisungen. Die Ausführung des Befehls zum Töten müsse demnach einprogrammiert sein.
Verliert der Mensch durch KI an Wert?
Dass eine Künstliche Intelligenz, wie Killer-Puppe M3GAN außer Kontrolle gerät und ihre Anweisungen "missversteht", teilweise sogar ignoriert, sei im Grunde unmöglich.
„[KI] entscheidet nicht, was sie tun möchte. Menschen haben einen freien Willen, und KI hat das nicht“, stimmt Dr. Wolf zu.
"Wenn jemand einer Puppe das Töten beibringen und sie zu einer Kriegsmaschine machen will, dann, ja, das kann passieren", meint Dr. Briançon, "[aber] etwas, das spontan den Zweck des Nichttötens zum Töten übergeht, verstehe ich als ziemlich unglaubwürdig."
Was mordende Roboter betrifft, können wir laut den Experten also aufatmen. KI bringe Probleme anderer Art mit sich. So könnten sich Menschen im Zuge der immer weiter verbesserten Künstlichen Intelligenz in Zukunft existenzielle Fragen stellen.
Laut Dr. Wolf könnten sich Menschen selbst infrage stellen: "Wenn dieser Computer im Grunde 95 Prozent von dem kann, was ich kann, was bedeutet es dann, ein Mensch zu sein?"
Doch allein die Tatsache, dass wir in der Lage sind, uns auf diese Weise Gedanken über unsere Existenz zu machen, macht wohl unsere Menschlichkeit mit aus.
M3GAN ist seit dem gestrigen Donnerstag (12. Januar) in deutschen Kinos zu sehen - für alle, die sich selbst ein Bild von der Mörderin in Puppengestalt machen wollen.
Titelfoto: Universal Studios