Toni Kroos, so nahbar wie Ihr ihn noch nie gesehen habt! Darum begeistert seine Doku
Dresden - Wow, einfach nur wow! Der Fußballdokumentarfilm "Kroos" vom preisgekrönten Doku-Regisseur Manfred Oldenburg ("Das Wunder von Bern – Die wahre Geschichte") ist ein bewegendes Porträt des herausragenden Kickers Toni.
Oldenburg hat sich dazu entschieden, eine der bittersten sportlichen Stunden in der Karriere von Toni Kroos kurz nach Filmbeginn zu zeigen: Die Weltmeisterschaft 2018. Gerade die Begegnung gegen Schweden steht im Fokus.
Kroos spielte einen schlimmen Fehlpass, Schweden ging durch Ola Toivonen in Führung, Marco Reus glich für Deutschland aus. Doch bis weit in die Nachspielzeit passierte nichts Entscheidendes mehr, das DFB-Team wäre bereits aus dem Turnier ausgeschieden gewesen.
Dann jedoch gab es Freistoß am linken Strafraumeck. Kroos tippte an, Reus legte vor, Toni schoss und schlenzte den Ball mit rechts unhaltbar zum 2:1 in den rechten Winkel, ein perfektes Tor, das wichtigste seiner Länderspielkarriere!
In diesem Moment zeigte der sonst so beherrschte Kroos große Emotionen, rastete beim Jubel richtig aus, was die Bedeutung dieses Erfolges unterstrich.
Dennoch brachte das Deutschland nicht mehr als einen kurzen Hoffnungsschimmer, denn die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw schied nach der 0:2-Niederlage gegen Südkorea in der Vorrunde als Letzter aus, die Nachwirkungen von diesem sportlichen Desaster sind im deutschen Fußball noch heute zu spüren.
Toni Kroos - ein echter Familienmensch
Kroos erholte sich von dieser misslungenen WM bei seiner Familie, die in seinem Leben den höchsten Stellenwert hat. Das wird in den 114 Minuten des Dokumentarfilms deutlich.
Mit seiner Frau Jessica hat er eine Seelenverwandte gefunden. Sie selbst sagt, dass sie "wie ein altes Ehepaar" leben würden. Ausgehen und Party machen? Fehlanzeige!
Für Toni und Jessica stehen ihre Kinder im Mittelpunkt. Dazu haben die beiden auch die Toni Kroos Stiftung ins Leben gerufen, die schwerkranken Kindern und deren Familien hilft.
Außerdem spielt Tonis jüngerer Bruder Felix Kroos, der mit dem 1. FC Union Berlin vor wenigen Wochen in die 1. Bundesliga aufgestiegen ist, eine wichtige Rolle, was auch für Tonis Mutter Birgit und Vater Roland gilt, der seine beiden Söhne über Jahre hinweg als Trainer (unter anderem im Nachwuchsleistungszentrum beim FC Hansa Rostock) begleitete und mittlerweile den NOFV-Oberligisten Greifswalder FC trainiert.
Sie alle kommen im Film mit sehr ehrlichen, hintergründigen und authentischen Aussagen zu Wort. Die Offenheit aller Interviewpartner ist erstaunlich. Denn so geben alle Familienmitglieder sehr persönliche Details aus ihrem (gemeinsamen) Leben preis, was wiederum dazu führt, dass man sie und ihre Handlungen sehr gut nachvollziehen kann.
Der Öffentlichkeit unbekannte Seiten von Toni Kroos kommen ans Licht
Das kommt gerade Toni, der von einigen als kühl, von anderen sogar als arrogant eingeschätzt wird, zugute, weil er glaubwürdig aufzeigen kann, dass er ein ganz anderer Mensch ist.
Das liegt nicht nur an ihm selbst, sondern auch am Regisseur. Oldenburg interviewt nämlich auch Leute, die Kroos gegenüber eher kritisch eingestellt sind oder zumindest waren, wie den langjährigen Kommentator Marcel Reif, der meint, er habe sich selten so in einem Spieler getäuscht wie in Kroos.
Auch Bayern-Präsident Uli Hoeneß, der mit dafür verantwortlich war, dass Toni die Münchner damals verließ, kommt zu Wort.
Dazu erzählen auch Real-Coach Zinedine Zidane, Präsident Florentino Perez, Mitspieler Luka Modric, Casemiro, Sergio Ramos, dazu Jupp Heynckes, Löw, Miroslav Klose, viele Journalisten und Sänger Robbie Williams, der Kroos zu Manchester United locken will, Anekdoten und sorgen mit ihren fachmännischen Aussagen für ein durchweg interessantes Kinoerlebnis allerhöchster Qualität.
Denn "Kroos" ist eine anspruchsvolle Fußballdoku mit Tiefgang. Tonis herausragende Qualitäten werden mit malerischen Metaphern beschrieben, dazu wird auch hinsichtlich der sportlichen Aspekte ins Detail gegangen.
Manfred Oldenburg liefert einen, wenn nicht den besten Fußballdokumentarfilm aller Zeiten ab
Hinter den Kulissen der Wahl zur FIFA-Elf des Jahres, wo Toni Lionel Messi, Cristiano Ronaldo und Präsident Gianni Infantino die Hände schüttelt, im Flugzeug von Real Madrid nach dem dritten Champions-League-Sieg in Folge, im Haus von Tonis Eltern in Greifswald, bei den amüsanten Großeltern oder im Kinderkrankenhaus - gefühlt wurde ihm nirgendwo der Zugang verwehrt, was den Film noch interessanter macht.
Auch dadurch wird ein umfassendes und geerdetes Portrait von Toni mitsamt seinen Stärken und Schwächen gezeichnet, welches die Zuschauer in ihren Bann zieht, weil nur die wenigsten den Star jemals so hautnah und menschlich erlebt haben.
Über die gesamten 113 Minuten weiß "Kroos" damit stärker zu fesseln als so mancher Thriller, weil er einem eine bekannte Persönlichkeit auf ganz andere Weise näherbringt. Noch beeindruckender wird der Film, wenn man weiß, dass Oldenburg das alles aus mehreren hundert Stunden Drehmaterial zusammengeschnitten hat.
Aus all diesen Gründen ist "Kroos" der vielleicht beste Fußballdokumentarfilm aller Zeiten. Denn er gewährt tiefe, menschliche Einblicke in Tonis Leben als liebevoller Familienmensch und Fußballstar, lässt alle wichtigen Personen aus seinem nächsten Umfeld ebenso zu Wort kommen, wie eher kritisch eingestellte Leute, was für ein rundum gelungenes, von der ersten bis zur letzten Sekunde fesselndes Gesamtbild sorgt, das man nicht verpassen sollte!