Hüller und Co. in Hollywood: Geht deutscher Oscar-Regen heute Nacht weiter?
Los Angeles (USA) - Die 95. Oscar-Verleihung wurde vor rund einem Jahr zu deutschen Festspielen: "Im Westen nichts Neues" räumte gleich vier Academy-Awards ab. Heute Nacht wird der wichtigste Filmpreis der Welt erneut verliehen - in diesem Jahr hat die deutsche Filmbranche sogar mehr als nur ein Eisen im Feuer! TAG24 stellt Euch die deutschen Nominierten und ihre Chancen auf einen Goldjungen vor.
Klar, der überraschende Vierfach-Erfolg aus dem vergangenen Jahr wird so schnell nicht wiederholbar sein. Doch bei der 96. Oscar-Verleihung könnte dafür ein fast 90-jähriger Bann gebrochen werden!
Sandra Hüller (45) ist als "Beste Hauptdarstellerin" nominiert - eine der wichtigsten Kategorien. Die letzte deutsche Schauspielerin, die einen Academy-Award gewinnen konnte, war Luise Rainer im Jahr 1938.
In dem französischen Drama "Anatomie eines Falls" überzeugt Hüller in jeder Szene. Die Leipzigerin spielt darin eine erfolgreiche Schriftstellerin, die unter Verdacht steht, ihren Mann umgebracht zu haben. Bis zum Schluss wird der doppeldeutige "Fall" - ihr Mann "stürzte" aus dem Fenster - nicht aufgelöst.
Hüller zeigt wie schon 2016 in "Toni Erdmann" ihr ganzes, facettenreiches Können. Sie mimt die Genervte und Trauernde, die Verletzte und Hinterhältige, die gute und schlechte Mutter - alles in nur einer Rolle.
Doch die Konkurrenz ist immens! Alles deutet auf einen Gewinn von Lily Gladstone (37) hin, die sich den Award für ihre stoische Darbietung im Western-Drama "Killers of the Flower Moon" ebenfalls sehr verdient hätte. Auch Emma Stone (35, "Poor Things") werden berechtigterweise gute Chancen ausgerechnet.
Oscars 2024: Sandra Hüller brilliert in "Anatomie eines Falls" und "The Zone of Interest"
Insgesamt wurde "Anatomie eines Falls" fünfmal nominiert, auch als "Bester Film". In der wichtigsten Kategorie tritt er unter anderem gegen "The Zone of Interest" an, der ebenfalls fünfmal nominiert ist. Auch in dem verstörenden Historiendrama spielt Sandra Hüller die weibliche Hauptrolle.
"Das ist schon viel. Das ist schon anders als beim letzten Mal", sagte sie beim Empfang von German Films, der Auslandsvertretung des deutschen Films, in Los Angeles, in Erinnerung an ihre ersten Oscars. 2017 war sie wegen "Toni Erdmann" zu der Preisverleihung gereist.
Der Dresdner Schauspieler Christian Friedel (44) mimt in "The Zone of Interest" ihren Mann Rudolf Höß, den Lagerkommandant des KZs in Auschwitz. Das von den beiden Wahl-Sachsen gespielte Ehepaar geht unter die Haut. Direkt neben den Mauern des Konzentrationslagers leben sie ihren fröhlichen Nazi-Familienalltag, allem Anschein nach ungestört von den Schreien, den Schüssen und dem Lärm der Tötungsmaschinen jenseits der Mauer.
Auch wenn der Film keine deutsche Produktion ist, fühlt es sich mit den beiden deutschen Hauptdarsteller fast so an. Besonders hohe Chancen auf einen Academy-Award dürfte "The Zone of Interest" in den Kategorien "Bester Ton" und "Bester internationaler Film" haben.
Trailer zu "The Zone of Interest" mit Sandra Hüller und Christian Friedel
İlker Çatak und Wim Wenders: Deutsche Regisseure kämpfen um Academy-Award
In letzterer Kategorie bekommt es das britisch-polnische Historiendrama mit einem weiteren deutschen Oscar-Kandidaten zu tun: "Das Lehrerzimmer" von İlker Çatak (40).
Der in Berlin geborene und teilweise in der Türkei aufgewachsene Regisseur glaubt allerdings nicht an einen Sieg seines authentischen und spannenden Schul-Dramas. Çatak sagte beim Empfang von German Films in Hollywood, er würde sich als "krasser Außenseiter" fühlen. "Wir werden da hingehen und uns zurücklehnen und applaudieren und die Leute beglückwünschen können."
Auch die Hauptdarstellerin des Films, Leonie Benesch (32), glaubt nicht an eine realistische Chance. "Die Nominierung war immer der allergrößte Traum. Dass das geklappt hat, ist der Wahnsinn. Und jetzt dürfen wir auf Klassenfahrt sein. Das ist doch der Hammer." Sie denkt, dass "The Zone of Interest" den Auslands-Oscar holen werde.
Ein weiter deutscher Regisseur hat hier allerdings auch noch ein Wörtchen mitzureden: Wim Wenders (78) Werk "Perfect Days" geht für Japan an den Start.
Doch auch der aus vier Kurzgeschichten bestehende Film wird Wenders bei dessen bereits vierter Oscar-Nominierung wahrscheinlich keinen Goldjungen einbringen.
Titelfoto: Montage: dpa | Barbara Munker, dpa | Christoph Soeder