Darum ist Hape Kerkelings "Der Junge muss an die frische Luft" nur ein lauwarmes Filmvergnügen!
Berlin - Schade! So gut wie die erste Verfilmung eines Bestsellers von Hape Kerkeling (Ich bin dann mal weg) ist "Der Junge muss an die frische Luft" leider nicht geworden.
Diesmal wird Kerkelings Kindheit behandelt. Der junge Hans-Peter (Julius Weckauf) fragt sich zu Beginn der 1970er Jahre in Recklinghausen: Hätte er sich mehr anstrengen müssen und nicht aufgeben dürfen, wie Opa ihm das immer wieder gesagt hat? Denn ein Ereignis veränderte Hape nachhaltig.
Zuvor lebte und feierte er mit seiner trinkfesten Verwandtschaft und bekam viel Liebe von seinen Großeltern Bertha (Ursula Werner) und Opa Hermann (Rudolf Kowalski) sowie Änne (Hedi Kriegeskotte) und Willi (Joachim Krol) zu spüren.
Mit seiner Mutter Margret (Luise Heyer), seinem oft auswärts arbeitenden Vater Heinz (Sönke Möring) und seinem älteren Bruder Matthes (Jan Lindner) zog er vom Land in die Nordrhein-westfälische Kleinstadt in ein Haus, das eigentlich schon saniert sein sollte.
In der Realität muss noch unglaublich viel gemacht werden. Zu viel für Margret, die sich um Kinder, Haushalt und Handwerker kümmern muss.
Nur Hans-Peter kann sie mit seinen Gags und Verkleidungen für einige wertvolle Momente aufheitern.
Ausgerechnet diese Szenen fangen den Geist Hape Kerkelings nicht wirklich ein, weil es ihnen an Timing und humoristischer Qualität mangelt.
Denn sie sind trotz aller Bemühungen einfach nicht lustig. Stattdessen schämt man sich ob der Peinlichkeiten im schlechtesten Fall fremd und wird in anderen Sequenzen bestenfalls lauwarm unterhalten.
Erstaunlicherweise gelingt es Caroline Link, die 2003 immerhin einen "Oscar" für "Nirgendwo in Afrika" gewann, nicht, einen ausgewogenen Film zu kreieren.
Anfangs reiht sie eine laute Feierszene an die nächste, was eine ermüdende und ausbremsende Wirkung hat.
Danach gibt es allerdings immer wieder einige mitreißende Szenen, in denen die Zuschauer emotional Anteil an Hapes schwieriger Kindheit nehmen.
Auch die Probleme innerhalb der Familie zeichnet Link verständlich und menschlich nach, weshalb der Film zumindest einen gewissen Grundcharme und eine stimmige Atmosphäre hat.
Vor allem die vier Großeltern überzeugen und fungieren als erdender Anker des Films, verleihen ihm Herz und hauchen ihm Leben ein. Das wird bei der sonst überdreht dargestellten Verwandtschaft auch dringend benötigt und ist sowohl dazu, als auch zu Hapes stimmungsschwankender Mutter Margret ein guter Kontrast.
Leider tauchen die Schwächen beim Schnitt und der Storyführung immer wieder auf, weshalb "Der Junge muss an die frische Luft" ein durchwachsenes Kinoerlebnis geworden ist.
Dafür überzeugen die ruhige Kameraführung, die gut ausgestatteten Locations, die insgesamt soliden schauspielerischen Leistungen und die schönen Kostüme, welche die Zuschauer in die 1970er Jahre zurückversetzen.
Doch insgesamt ist "Der Junge muss an die frische Luft" ein mittelmäßiger Film über die Kindheit von Hape Kerkeling. An das Timing und humoristische Qualität des genialen Comedian kommt er aber nicht heran und ist auch schwächer, als "Ich bin dann mal weg". Dennoch gibt es einige emotional berührende Szenen, weshalb sich zumindest für eingefleischte Fans ein Kinobesuch lohnen könnte.