"Triangle of Sadness": Wenn die Welt der Superreichen mit der Unterschicht zusammenprallt
Deutschland - Kritische Gesellschaftsstudie! "Triangle of Sadness" läuft seit dem heutigen 13. Oktober in den deutschen Kinos und ist eine schwarzhumorige Tragikomödie mit Tiefgang geworden. Die TAG24-Filmkritik.
Der Start ist schleppend. Dort steht die Beziehung der beiden Supermodels Carl (Harris Dickinson, 26) und Yaya (Charlbi Dean, †32) im Fokus und die ist zu Beginn nur mäßig interessant geraten. Die beiden streiten unter anderem um Geld, denn Yaya verdient als weibliches Model deutlich mehr als ihr Freund, lässt ihn aber dennoch oft die Rechnung übernehmen.
Das spielt allerdings bald keine Rolle mehr. Denn das Pärchen bekommt eine Kreuzfahrt auf einer 250-Millionen-US-Dollar teuren Luxusyacht geschenkt, wo sie unter anderem den russischen Kapitalisten Dimitry (Zlatko Buric, 69) kennenlernen. Der ist mit dem Verkauf von "Scheiße" (Dünger für die Landwirtschaft) reich geworden, wie er selbst lachend sagt, deshalb bezeichnet er sich als "König der Scheiße".
Natürlich hat er mit Ludmilla (Carolina Gynning, 44) eine deutlich jüngere Freundin, der er Klamotten oder Schmuck kauft, wofür sie sich mit einem "Ich liebe Dich" bedankt. Mit Therese (Iris Berben, 72) ist auch eine Dame an Bord, die einen Schlaganfall hatte und nur noch den Satz "In den Wolken" sagen kann, was ihre britischen Tischnachbarn Clementine (Amanda Walker, 86) und Winston (Oliver Ford Davies, 83) verwirrt, die sich ihr Vermögen mit dem Verkauf von Waffen aufgebaut haben.
Die exzentrische Vera (Sunnyi Melles, 64) möchte hingegen, dass die gesamte Crew um Alicia (Alicia Eriksson, 28) schwimmen geht. Dass sie damit den ganzen Betrieb aufhält, merkt sie nicht. Doch weil die Schiffsmitarbeitenden von Paula (Vicki Berlin, 44) eingetrichtert bekommen haben, dass sie den Gästen deren Wünsche erfüllen sollen, bleibt ihnen nichts anderes übrig. Schließlich hoffen sie alle am Ende der Kreuzfahrt auf viel Trinkgeld. Auch die Toilettenfrau Abigail (Dolly De Leon). Allerdings verläuft die Reise überhaupt nicht so, wie ursprünglich geplant…
Deutscher Trailer zu "Triangle of Sadness" mit Harris Dickinson, Charlbi Dean und Iris Berben
OmU-Trailer zu "Triangle of Sadness" von Ruben Östlund mit Woody Harrelson und Zlatko Buric
"Triangle of Sadness" gilt als großer "Oscar"-Kandidat für 2023 - zu Recht!
Diese Geschichte hat Ruben Östlund (48, "Höhere Gewalt", "The Square") hervorragend umgesetzt. Der vielfach preisgekrönte schwedische Regisseur und Drehbuchautor hat mit seiner satirischen Tragikomödie ein Werk erschaffen, das auf dem renommierten Festival in Cannes den Hauptpreis, die Palme d'Or, abgeräumt hat und deshalb als großer "Oscar"-Kandidat fürs kommende Jahr gilt.
Völlig zu Recht. Schließlich übt der intelligente Filmemacher hier auf anspruchsvolle Weise Gesellschaftskritik und hat einen interessanten Genremix kreiert, der oberflächlich gut verständlich ist, darunter aber mehrere weitere Ebenen hat und sich vielfältig interpretieren lässt - je nach Standpunkt und Lebenserfahrung des Zuschauenden.
Zwar ist der Beginn mit Carl und Yaya und einer Fremdschäm-Szene in einem Nobelrestaurant nur mäßig gelungen, wer aber am Ball bleibt, wird mit einem außergewöhnlichen und qualitativ hochwertigen Film belohnt, der über mehrere geniale Einzelsequenzen verfügt. Etwa der Moment, in dem der Kapitän (gespielt von Woody Harrelson, 61) und Dimitry mit Zitaten um sich werfen und der dem Alkohol zugeneigte Schiffschef sagt: "Diskutiere nie mit Idioten. Sie ziehen Dich auf ihr Niveau und schlagen Dich dort mit Erfahrung."
Der Kapitän und sein Gegenüber - ein US-amerikanischer Sozialist und ein russischer Kapitalist - "duellieren" sich auch anschließend nur so mit prägenden Sätzen, die ihrer Meinung entsprechen, um sich. Beeindruckend ist dabei, wie feinfühlig der Regisseur seine Figuren darstellt.
Weder die vermeintliche Unterschicht, noch die Superreichen werden verurteilt. Sie alle werden mit Stärken, Schwächen und speziell Menschlichkeit porträtiert. Dazu überzeugt auch die wechselhafte Dynamik, die entsteht, wenn Personen aus gänzlich verschiedenen Verdienstklassen zusammenkommen.
Charlbi Dean hat sich mit ihrer Leistung in "Triangle of Sadness" selbst ein Denkmal gesetzt
Deshalb kann man am Ende all ihre Handlungen nachvollziehen, sodass sich auch davon abgesehen ein stimmiges Gesamtkunstwerk ergibt. Denn Östlund gelingt es mühelos, seine Charaktere symbolhaft für größere Bevölkerungsgruppen stehen zu lassen, mit gängigen Klischees zu spielen und diese gekonnt auszuhebeln.
So erreicht sein Film Tiefgang und ist trotz eines gänzlich anderen Stils durchaus mit dem südkoreanischen Hit "Parasite" (2019) zu vergleichen. "Triangle of Sadness" ist allerdings - trotz des Titels - spaßiger geraten, da die Macher und die Schauspielenden immer wieder situationskomisch agieren und dabei verschiedene Humorstile nutzen.
Daher ist das "Dreieck der Traurigkeit" unterhaltsam, kurzweilig, durchdacht und smart geraten, es regt zum Nachdenken über bestehende Gesellschaftsstrukturen sowie die ungerechte Vermögensverteilung auf der Welt an und bleibt deshalb im Gedächtnis haften. Darüber hinaus überzeugt die Tragikomödie mit ihrer prunkvollen Ausstattung, dynamischem Kameraführung, ihren großartigen Kostümen, abwechslungsreichen Locations und besonders mit ihrem Einfallsreichtum.
Des Weiteren agiert das exzellent zusammengestellte Ensemble auf höchstem Niveau. Hervorheben muss man neben De Leon besonders Dean, die den Kinostart ihres Durchbruchsfilms leider nicht mehr erleben wird. Die junge Dame verstarb vor wenigen Monaten im Alter von nur 32 Jahren. Mit ihrer starken Leistung in diesem erstklassigen Werk hat sie sich allerdings selbst ein schönes Denkmal gesetzt.
Zusammengenommen ist "Triangle of Sadness" ein hintergründiger Film mit einem meisterlichen Drehbuch, einem mitreißend aufspielenden Cast und einer wichtigen Geschichte geworden, in der den Menschen der Spiegel vorgehalten wird - allerdings auf amüsante Art und Weise ohne erhobenen Zeigefinger. Das ist auch das Geheimnis, weshalb die Tragikomödie so überragt. Deshalb verzeiht man ihr auch gerne den schleppenden Start. Sehenswert!
Titelfoto: PR/Fredrik Wenzel/Alamode Film