"Schwarze Adler" im ZDF zeigt widerlichen Rassismus gegen deutsche Nationalspieler: "N**erschwein"

Deutschland - Der richtige Film zur richtigen Zeit! Die Fußball-Doku "Schwarze Adler" von Regisseur Torsten Körner (55, "Angela Merkel: Die Unerwartete") feiert am heutigen Freitag (23.30 Uhr) ihre Free-TV-Premiere im ZDF und behandelt das Thema Rassismus gegenüber deutschen Nationalspielern und Nationalspielerinnen, die dunkelhäutig sind. In der Mediathek ist sie bereits zum Ansehen verfügbar. Lest hier noch einmal die Kritik zum Start bei Amazon Prime Video.

Jimmy Hartwig (66) spielte zweimal für die deutsche Nationalmannschaft. Er wurde von seinem Nazi-Opa rassistisch beleidigt und geschlagen.
Jimmy Hartwig (66) spielte zweimal für die deutsche Nationalmannschaft. Er wurde von seinem Nazi-Opa rassistisch beleidigt und geschlagen.  © PR/BROADVIEW Pictures

Die verschiedenen Interviewpartner verdeutlichen, wie aktuell solche Beleidigungen und Anfeindungen auch im Deutschland des 21. Jahrhunderts leider noch immer sind und wie wichtig es ist, Stellung zu beziehen.

Der erste dunkelhäutige deutsche Nationalspieler wirkt in seinen Szenen erkennbar müde. Erwin Kostedde (74) spielte dreimal für die DFB-Auswahl, was damals sein Traum war. Heute bereut er es. Er hat "Scheiße gespielt", wie er selbst sagt. Das lag allerdings auch daran, dass er in seinem zweiten Länderspiel im Londoner Wembley Stadion rassistisch beleidigt wurde und damit nicht umgehen konnte, sich das zu sehr zu Herzen nahm.

Dafür glänzte der Vollblutstürmer in der 1. Bundesliga, in welcher er in 219 Einsätzen satte 98 Tore für den MSV Duisburg, Kickers Offenbach, Hertha BSC, Borussia Dortmund und den SV Werder Bremen erzielte. Dennoch wurde er immer wieder rassistisch angefeindet. Ihm wurde sogar der Spitzname "der braune Bomber" verpasst - ohne, dass er jemals gefragt wurde, ob er ihm denn überhaupt gefiel. Das tat er nämlich nicht.

Corona-Doku "Erste Welle": Neuköllner Kiez-Café trifft auf Apokalypse
Filmkritik Corona-Doku "Erste Welle": Neuköllner Kiez-Café trifft auf Apokalypse

Auch Jimmy Hartwig (66) hat vieles davon erlebt, ist damit aber anders umgegangen. Der 244-fache Bundesliga-Stürmer (63 Treffer) wehrte sich. Im Interview sagt der charismatische Lebemann, der bei einer Partie gegen den FC Bayern München rassistisch beleidigt worden war, unter anderem: "Ich habe den größten Idiotenchor der Welt dirigiert." Denn er stellte sich vor die Kurve und gab den Takt beim Gesang der geistigen Tiefflieger vor.

Trailer zu "Schwarze Adler" mit Steffi Jones, Erwin Kostedde, Patrick Owomoyela und Cacau

Erwin Kostedde (74) bereut seine Karriere in der deutschen Nationalmannschaft - auch aufgrund rassistischer Anfeindungen, mit denen er nicht gut umgehen konnte, wie er selbst sagt.
Erwin Kostedde (74) bereut seine Karriere in der deutschen Nationalmannschaft - auch aufgrund rassistischer Anfeindungen, mit denen er nicht gut umgehen konnte, wie er selbst sagt.  © PR/BROADVIEW Pictures

Jimmy Hartwig wurde als Kind vom Nazi-Opa geschlagen - Gerald Asamoah erlebte in Cottbus Schlimmes

Gerald Asamoah (42) erinnert sich noch lebhaft an ein Spiel im "Stadion der Freundschaft" beim FC Energie Cottbus, wo er und Otto Addo (45) auf ekelhafte Weise angefeindet wurden. Vor kurzem beschimpfte ein Mann auch seine Tochter bei einem Spiel mit dem N-Wort.
Gerald Asamoah (42) erinnert sich noch lebhaft an ein Spiel im "Stadion der Freundschaft" beim FC Energie Cottbus, wo er und Otto Addo (45) auf ekelhafte Weise angefeindet wurden. Vor kurzem beschimpfte ein Mann auch seine Tochter bei einem Spiel mit dem N-Wort.  © PR/BROADVIEW Pictures

Doch Hartwig durchlebte auch schon als Kind viel schrecklichere Sachen. Sein eigener Großvater war ein begeisterter Nazi, der vor dem Spiegel den Hitlergruß übte, den kleinen Jimmy beleidigte und schlug. Seine eigene Tochter, Hartwigs Mutter, nannte er laut dessen Aussage "Negerhure".

Doch auch eine Generation, die in diesem Jahrtausend eine prägende Rolle im deutschen Fußball einnahm, hat eigene Erfahrungen mit rassistischen Beschimpfungen gemacht.

Gerald Asamoah (42) und Otto Addo (45) spielten gemeinsam für Hannover 96, als sie am 5. Juni 1997 im "Stadion der Freundschaft" des FC Energie Cottbus verbal niedergemacht und mit Bananen beworfen wurden. Es war das entscheidende Play-off-Rückspiel im Kampf um den Aufstieg in die 2. Bundesliga, das die Lausitzer am Ende mit 3:1 gewannen. Über die Beleidigungen sprach niemand.

"Flunkyball" in der ARD: Ein ungewöhnlicher Film, der zu viele Fragen offenlässt
Filmkritik "Flunkyball" in der ARD: Ein ungewöhnlicher Film, der zu viele Fragen offenlässt

"Asa" sagt noch heute: "Was in Cottbus war, war schon sehr hart" und "Diesen Hass hatte ich vorher nie irgendwo kennengelernt." Addo meint, dass "das nochmal eine andere Stufe war, als man das sonst gewohnt war". Dabei wurde er als Jugendlicher immer wieder von Männern angegriffen und gejagt, wenn er vom HSV-Training mit dem Fahrrad nach Hause fuhr.

Er musste Umwege nehmen, konnte sich also nicht frei bewegen - eine Schande! Auch Herthas aktueller Innenverteidiger Jordan Torunarigha (23) machte schon in seiner Kindheit erste unangenehme Erfahrungen. Sein Vater Ojokojo Torunarigha (51) war nach dem Mauerfall der erste afrikanische Profi in Ostdeutschland und musste einiges durchleben.

Otto Addo (45) wurde in seiner Jugend von Männern verfolgt und rassistisch beleidigt. Auch als Profi durchlebte er einige furchtbare Dinge.
Otto Addo (45) wurde in seiner Jugend von Männern verfolgt und rassistisch beleidigt. Auch als Profi durchlebte er einige furchtbare Dinge.  © PR/BROADVIEW Pictures

"Schwarze Adler" ist eine kraftvolle, erschütternde und wichtige Doku, die den Zeitgeist trifft

Jordan Torunarigha (23) wurde am 4. Februar 2020 im DFB-Pokal-Spiel beim FC Schalke 04 beleidigt, rastete aus und flog vom Platz. Anschließend gab es eine Welle der Solidarisierung für den Hertha-Profi.
Jordan Torunarigha (23) wurde am 4. Februar 2020 im DFB-Pokal-Spiel beim FC Schalke 04 beleidigt, rastete aus und flog vom Platz. Anschließend gab es eine Welle der Solidarisierung für den Hertha-Profi.  © PR/BROADVIEW Pictures

Er wurde 2002 von mehreren Personen in der Chemnitzer Innenstadt zusammengeschlagen und mit einem Messer bedroht, musste verletzt vor den Tätern fliehen. Es ist erschütternd, wie sehr die Hautfarbe noch immer eine Rolle spielt.

Das zeigt diese Doku deutlich auf und bewegt mit vielen ähnlichen Geschichten, ist ein Appell, diese große Problematik endlich ernster zu nehmen. "Schwarze Adler" sensibilisiert die Zuschauer nämlich unaufdringlich für das Thema Rassismus und verdeutlicht, dass auch dunkelhäutige Personen ganz normale Menschen sind - was noch immer viel zu viele nicht verstehen (wollen).

Es ist auffällig und zutiefst bedauerlich, wie oft Begriffe wie "Negerschwein" oder andere schreckliche Beleidigungen fallen und weiterhin ein (abstoßender) Teil der Gesellschaft sind. Dieser Film kommt genau zur richtigen Zeit, weil er den Diskurs anstößt und dieses wichtige Thema verstärkt in die Öffentlichkeit bringt.

Dabei ist er zwar nicht perfekt, reißt aufgrund ihrer kraftvollen Geschichte, der exzellenten Recherche und vieler bewegender Aussagen aber von Anfang bis Ende mit.

Für Nicht-Fußballfans könnte es sich allerdings als problematisch erweisen, dass zwischen vielen Protagonisten hin und her gesprungen wird, anstatt sich für einzelne, längere Sequenzen eines einzelnen Fußballers bzw. einer Fußballerin zu entscheiden. Unübersichtlich und überfrachtet ist er glücklicherweise dennoch nicht, weil er dank der Lebensgeschichten einen roten Faden hat, dem man gut folgen kann.

Glücklicherweise gibt es in vielen Fankurven Widerstand gegen Nazis.
Glücklicherweise gibt es in vielen Fankurven Widerstand gegen Nazis.  © PR/BROADVIEW Pictures

"Schwarze Adler" stößt den Diskurs an und rückt das Thema Rassismus in die Öffentlichkeit

Dieses Statement der Anhänger von Eintracht Frankfurt ist eindeutig: "Wir schämen uns für alle, die gegen uns schreien."
Dieses Statement der Anhänger von Eintracht Frankfurt ist eindeutig: "Wir schämen uns für alle, die gegen uns schreien."  © PR/BROADVIEW Pictures

Daran haben die Fragen und die Offenheit der Interviewten entscheidenden Anteil. Denn nicht nur die bisher erwähnten Personen erzählen aus ihrem Leben. Auch Patrick Owomoyela (41), Cacau (40), Guy Acolatse (78), Beverly Ranger (68), Rigobert Gruber (59), Anthony Baffoe (55), Shary Reeves (51), Steffi Jones (48) und Jean-Manuel Mbom (21) tragen viel zu einem umfassenden Gesamtbild bei, das betroffen macht und nachdenklich stimmt.

Denn wie viele von ihnen emotionale und seelische Angriffe überstehen mussten, spricht überhaupt nicht für die Teile der Gesellschaft, die dafür verantwortlich sind und das für normal oder sogar richtig halten. Diese Personen sollten sich dringend hinterfragen und ihr Verhalten ändern.

Doch genau diese Menschen werden sich diese exzellente Doku vermutlich nicht angucken bzw. nicht die richtigen Schlüsse daraus ziehen, weshalb es unwahrscheinlich ist, dass Rassismus jemals völlig verschwindet.

Das belegen auch Ausschnitte, in denen Moderatoren offen rassistisch agieren, ohne es zu merken, oder Werbung, die aus heutiger Sicht hochgradig peinlich ist und zu Fremdscham führt.

Dass es so etwas heutzutage deutlich seltener gibt, ist zumindest ein kleiner Erfolg. Viele gehen sensibler miteinander um. Allerdings ist zu befürchten, dass Rassismus in aufgeheizten Zeiten wie diesen nie ganz verschwinden wird.

Titelfoto: PR/BROADVIEW Pictures

Mehr zum Thema Filmkritik: