"Schmetterlinge im Ohr": Warum ein Lehrer seinen Hörverlust geheim hält
Deutschland - Charmant! "Schmetterlinge im Ohr" läuft am 16. Juni in den deutschen Kinos an und handelt von einem Schwerhörigen, der sich weigert, zu seiner Behinderung zu stehen - mit amüsanten Folgen. Die TAG24-Filmkritik.
Antoine (Pascal Elbé, 55) ist ein Lehrer mittleren Alters und überzeugter Einzelgänger, der anderen Menschen einfach nicht zuhört. Auch seine völlig entnervte neue Nachbarin Claire (Sandrine Kiberlain, 54), die sein viel zu lauter Wecker jeden Morgen aus dem Schlaf reißt, beeindruckt ihn wenig.
Als sich bei einem Hörtest jedoch herausstellt, dass Antoine fast taub ist, fällt er fast aus allen Wolken. Mit neuen Hörgeräten ist die Welt plötzlich wunderschön, aber gleichzeitig viel zu laut und belastend für ihn. Auch seine Männlichkeit leidet darunter, sodass er kaum jemandem etwas davon verrät.
Zufällig freundet er sich mit Violette (Manon Lemoine) an, Claires kleiner Tochter, die seit dem Tod ihres Vaters nicht mehr spricht. Als Claire dahinterkommt, taut sie Antoine gegenüber langsam, aber sicher auf.
Doch Antoine behält sein Geheimnis weiterhin für sich und bringt sich dadurch beruflich wie romantisch in immer größere Schwierigkeiten...
Deutscher Trailer zu "Schmetterlinge im Ohr" von und mit Pascal Elbé
"Schmetterlinge im Ohr": Eine romantische Komödie über Missverständnisse
Bei "Schmetterlinge im Ohr" führt der erfahrene Schauspieler und Drehbuchautor Pascal Elbé ("Baron Noir") zum dritten Mal Regie und bewegt sich trittsicher als charismatischer Antoine auf dem Gebiet der romantischen Komödie. Im Vordergrund steht für ihn jedoch nicht unbedingt die aufkeimende Romanze zwischen Antoine und Claire, sondern die Kommunikation mit der Welt an sich.
Elbés eigene Schwerhörigkeit spiegelt sich in der von ihm verkörperten Hauptfigur realistisch wider, indem Antoine mal zu viel, mal zu wenig von seiner Umwelt mitbekommt. Verkompliziert wird das durch seine zusätzliche Angewohnheit, seine Mitmenschen und ihre Probleme sowieso zu ignorieren.
Und diese runden das Werk gut ab, allen voran Violette (Manon Lemoine), die gar nicht sprechen muss, um mit wenigen Blicken alles Nötige zu sagen. Auch Sandrine Kiberlain ("Novembre") spielt die lebhafte Claire mit mehr Tiefgründigkeit, als ihr das Drehbuch zugestehen will, und die Chemie zwischen ihr und Elbé überzeugt.
Die meisten der vielen Nebenfiguren, darunter Kollegen, Nachbarn und Verwandte Antoines, wirken gut durchdacht und besitzen ein Eigenleben. Für eine nur ca. 93-minütige Komödie ist das nicht selbstverständlich und ein definitiver Pluspunkt.
Französischer Originaltrailer zu "On est fait pour s'entendre" mit Sandrine Kiberlain und Manon Lemoine
"Schmetterlinge im Ohr" bleibt auf sicherem Romcom-Gebiet - und damit auf der Strecke
Allerdings scheut sich "Schmetterlinge im Ohr" davor, das sichere Terrain der Komödie zu verlassen und die Gründe für Antoines ewiges Desinteresse zu hinterfragen, das er zusammen mit seinem Hörverlust von seinem Vater geerbt hat.
Auch Claires untreuer Ehemann hat ihr einen ganz besonderen Mix an Trauer, Wut und Misstrauen eingebrockt, doch diese Gefühle werden kaum angeschnitten. So bleibt das Potenzial der beiden Hauptfiguren halb durchdacht und spätestens in der zweiten Hälfte driftet die Story schnell ins Vorhersehbare ab.
Antoines Schwerhörigkeit und seine Komplexe, die damit einhergehen, spielen dabei weniger eine spezifische Rolle, sondern dienen eher als Vehikel für allgemeine Missverständnisse. Was die Behinderung für ihn und Claire konkret bedeutet, wird dagegen kaum thematisiert.
Zusammengenommen bleibt "Schmetterlinge im Ohr" trotz aller Makel kurzweilig und charmant, punktet mit faszinierenden Toneffekten, einem schönen Soundtrack, einem harmonischen Cast und stimmigen Locations. Leichtes Feierabend-Kino!
Titelfoto: Neue Visionen Filmverleih GmbH