"Risiken & Nebenwirkungen": Mann weigert sich, seiner todkranken Frau eine Niere zu spenden!
Deutschland - Böse! In "Risiken & Nebenwirkungen" werden österreichische Spießer genüsslich aufs Korn genommen. Ab 9. Juni läuft die Gesellschaftskomödie in den deutschen Kinos an, ob sich das Anschauen lohnt, verrät Euch die TAG24-Filmkritik.
Kathrin (Inka Friedrich, 57) und Arnold (Samuel Finzi, 56) sind ein Ehepaar mittleren Alters mit einer erwachsenen Tochter namens Eva (Tijan Marei) und erfolgreichen Karrieren. Probleme beim Zusammenleben, so scheint es jedenfalls, gibt es keine.
Dann der Schock: Im Zuge einer gemeinsamen Routineuntersuchung erhält Kathrin die erschütternde Diagnose, dass ihre Niere nicht mehr richtig funktioniert.
Die Pilates-Trainerin ist dringend auf eine private Lebendspende angewiesen, wenn sie nicht sechs Jahre auf eine anonyme Organspende hoffen will. Welch glücklicher Zufall, dass Arnold die gleiche Blutgruppe hat! Die Wahl stehe ihm vollkommen frei, so die gelassen lächelnde Kathrin.
Doch ihr Göttergatte druckst herum, will ungern seine Gesundheit und seine berufliche Leistung als Architekt einschränken. Sogar eine Niere aus dem Darknet kommt ihm wie eine gute Alternative vor. Seine Tochter ist entsetzt und wendet sich prompt von ihm ab. Umso mehr fühlt sich Arnold blamiert, als der gemeinsame Freund des Paares, Götz (Thomas Mraz, 46), sofort und selbstlos als Spender zusagt. Das schmeckt auch Götz' Frau Diana (Pia Hierzegger, 50) nicht, sieht sie doch die Gesundheit ihres Partners als eine Angelegenheit, bei der sie eigentlich mitreden darf.
So schaukelt sich der Ehezwist zwischen den vier Freunden immer weiter hoch und es stellt sich die Frage, wie ernst das Eheversprechen "in guten wie in schweren Tagen" eigentlich gemeint war ...
Trailer zu "Risiken & Nebenwirkungen" mit Inka Friedrich und Samuel Finzi
"Risiken & Nebenwirkungen" ist solide und spitzzüngig umgesetzt
Mit "Risiken & Nebenwirkungen" adaptierte Regisseur Michael Kreihsl (64, "Die Wunderübung") das Theaterstück "Die Niere" von Stefan Vögel (53). Das merkt man auch. Der Fokus liegt ganz auf den messerscharfen Dialogen, die die Neurosen ihrer Figuren schonungslos enthüllen.
Im Gegenzug geraten die Sets wie etwa das gemeinsame Haus zum blassen, unpersönlichen Hintergrund, weshalb man sich schnell fragt, ob man sich das Ganze nicht doch lieber auf der Bühne angesehen hätte. Auch die ironische Machart trägt zu einer gewissen emotionalen Distanz seitens des Zuschauenden bei.
Inka Friedrich (u.a. "Tatort", "Polizeiruf 110", "Wilsberg") und besonders der erfahrene Theaterschauspieler Samuel Finzi ("Tatort", "Schachnovelle", "Snake Eyes: G.I. Joe Origins") punkten jedoch durch ihre ausgezeichnete Mimik und Gestik, haben eine ausgezeichnete Chemie als ein Paar, durch dessen kühle Beziehung sich offensichtliche Risse ziehen.
Kreihsl kommentiert spitzzüngig eine gutbürgerliche Ehe, die sich auf äußere Nichtigkeiten konzentriert, in deren Innerem es aber bröckelt und wankt.
Teaser zu "Risiken & Nebenwirkungen" von Michael Kreihsl
Mit "Risiken & Nebenwirkungen" wird ein empfindlicher Nerv getroffen
Vor allem Arnold will nicht zu seiner Feigheit stehen und misst seinem (sehr phallischen) Bauprojekt offensichtlich mehr Bedeutung bei als der Gesundheit seiner Frau.
Das Schöne an "Risiken & Nebenwirkungen" ist aber, dass es eine sehr berechtigte Frage gleich am Praxisbeispiel übt. "Treue in guten und in schlechten Tagen, in Gesundheit und Krankheit, bis der Tod uns scheidet" - mit einer Nierenspende wäre der Liebesbeweis wohl nicht zu übertreffen ... oder?
Aber lässt sich diese einfache Antwort so leicht umsetzen? Ab wann darf ein Partner auf Unterstützung vertrauen und ab wann ist es ein Risiko für die Liebe, auf seine eigene körperliche Unversehrtheit zu bestehen? Man freut sich schon auf die Diskussionen, die im Zuge eines Kinobesuchs zwischen Paaren ausbrechen dürften. Genau auf diesen Effekt baut Kreihsl glasklar.
Abgerundet werden die darstellerischen Leistungen durch komödiantische Spitzen, größtenteils durch Finzi und Mraz, federleichte Sozialkritik und einige wirkungsvolle Plot-Twists, bei denen einem das Lachen im Hals stecken bleibt.
Zusammengenommen ist "Risiken & Nebenwirkungen" eine kurzweilige Gesellschaftskomödie geworden, die das ursprüngliche Theaterstück einem größeren Publikum solide näher bringt und dank kleinem, aber feinem Cast garantiert zum Nachdenken anregen wird.
Titelfoto: Filmwelt Verleihagentur GmbH