"Il Traditore": Brutale Mafiosi ermorden im Clankrieg Frauen und Kinder!
Deutschland - Der italienische "Oscar"-Kandidat ist endlich auf der großen Leinwand zu sehen! "Il Traditore - Als Kronzeuge gegen die Cosa Nostra" läuft am 13. August in den deutschen Kinos an und stellt das schillernde Leben des Paten Tommaso Buscetta (Pierfrancesco Favino) in den Mittelpunkt.
Zu Beginn des Dramas ist "der Boss der zwei Welten" an der Seite der anderen Anführer der sizilianischen Mafia im Palermo des Jahres 1980 zu sehen.
Zu diesem Zeitpunkt versteht man sich noch gut. Denn bei dem Treffen geht es auch darum, den weltgrößten Umschlagplatz für Heroin gerecht und friedlich zwischen dem alten Clan und den neuen Emporkömmlingen der Corleonesi aufzuteilen.
Das klappt jedoch nicht. Stattdessen entbrennt ein heftiger Mafiakrieg um die Vorherrschaft, der viele Todesopfer fordert - auch Kinder und Frauen, was den Grundsätzen der Cosa Nostra eigentlich widerspricht.
Doch Corleonesi-Oberhaupt Totò Riina (Nicola Calí) will ganze Blutlinien auslöschen und lässt seine "Soldaten" dabei rücksichtslos und brutal vorgehen.
Buscetta befindet sich da schon nicht mehr in Italien. Er ist nach Brasilien ausgewandert, um mit der Mafia zu brechen. Dennoch muss er natürlich auch in Rio de Janeiro äußerst vorsichtig sein. So einfach kommt ein hochrangiger Mann wie er schließlich nicht aus der Cosa Nostra raus.
Doch bevor ihn die Corleonesi finden und töten können, verhaftet ihn die brasilianische Polizei und liefert ihn nach Italien aus. Hier steht er nun vor der Wahl: sein Schweigegelübde zu brechen und mit dem Staat in Person von Richter Giovanni Falcone (Fausto Russo Alesi) zusammenzuarbeiten oder diejenigen zu schützen, die ihm auf den Fersen sind und seine Verwandte auf dem Gewissen haben. Die Wahl fällt - nachdem er gefoltert wurde - nicht mehr schwer...
Deutscher Trailer zu "Il Traditore - Als Kronzeuge gegen die Cosa Nostra" mit Pierfrancesco Favino
"Il Traditore - Als Kronzeuge gegen die Cosa Nostra" ist äußerst sperrig!
Diese Geschichte hat Marco Bellocchio ("Buongiorno, notte", "Mit der Faust in der Tasche") durchwachsen umgesetzt.
Gerade zu Beginn fällt es äußerst schwer, in den Film hineinzufinden. Denn die italienische Regie-Legende entscheidet sich dafür, seine auf realen Menschen basierenden Figuren nicht wirklich einzuführen.
Stattdessen wird man mitten in deren Leben geworfen und muss sich dort erst einmal orientieren und zurechtfinden. Da es allerdings keine Ankerpunkte gibt und daher die Stringenz fehlt, fällt das schwer.
Darüber hinaus springt der Genremix auch noch zwischen verschiedenen Handlungsorten, -zeiten und unzähligen Protagonisten hin und her, sodass er speziell in den ersten 45 Minuten überfrachtet ist. Das wiederum sorgt dafür, dass man Probleme hat, den Überblick zu behalten.
Zusätzlich kann man durch diese fragwürdige Herangehensweise keine emotionale Nähe zu den Charakteren aufbauen, denen Hintergründe und Substanz vor allem dann fehlen, wenn man sich vorab nicht mit deren Lebensgeschichte befasst hat. Da setzen die Verantwortlichen zu viel Vorwissen voraus.
Denn so vielschichtig, ambivalent und charismatisch etwa Buscetta auch war: entscheidend und mit Tiefgang ausarbeiten kann Bellocchio seine Hauptfigur leider nicht. Seine Fähigkeiten und Besonderheiten blitzen immer mal wieder auf, doch entscheidend herausgearbeitet werden sie nicht.
Pierfrancesco Favino sorgt in "Il Traditore - Als Kronzeuge gegen die Cosa Nostra" für einige Glanzpunkte
Dass dieses groß aufgezogene Werk dennoch kein Flop geworden ist, hängt vor allem mit Favino ("Rush: Alles für den Sieg", "Illuminati", "World War Z") zusammen, der seinen Protagonisten glaubwürdig und facettenreich verkörpert.
Damit reißt der international anerkannte Darsteller zumindest phasenweise mit und sorgt für einige schauspielerische Glanzpunkte. Davon abgesehen ist "Il Traditore" leider von erstaunlich vielen und großen Schwächen durchzogen.
Es gibt zwar einige Lichtblicke und gute Phasen, dennoch wird man das Gefühl nicht los, dass die Machart verhindert, dass der Film sein ganzes Potenzial entfalten kann.
Deshalb entstehen auch im zweiten und letzten Drittel immer wieder Längen, was bei der epischen Laufzeit von 153 Minuten und nach dem schwachen Beginn auch nicht verwunderlich ist.
Wegen all dieser Aspekte lässt einen das Mafiadrama kalt. Daran ändern auch die brutal inszenierten Morde nichts. Im Gegenteil. Diese nimmt man fast schon achselzuckend hin.
Glücklicherweise steigt die Qualität in den Sequenzen der Gerichtsprozesse dann doch erkennbar an. Wenn Buscetta von seinen früheren Cosa-Nostra-Gefährten verbal auf jede erdenkliche Weise angegangen wird, hat das aufgrund der Authentizität eine mitreißende Wirkung.
Authentische Gerichtsprozesse in "Il Traditore" überzeugen, dennoch gibt es zu viele Längen
Hier zeigen sich dann auch fünf weitere Stärken, die wegen der Negativpunkte an vielen Stellen zu kurz kommen: die erstklassig ausgewählten Locations, die dynamische Kameraführung, die ausgefallenen Kostüme, das hervorragende Make-up und vor allem die geschliffenen Dialoge.
Sie kommen in Verbindung mit den Performances der Darsteller in diesen Szenen besonders gut zur Geltung. Schließlich wird der chaotische Ablauf der Prozesse exzellent eingefangen.
Immer wieder baut Bellocchio hier auch schwarzhumorige Momente ein. Wenn ein Angeklagter beispielsweise in seinem abgeschotteten Käfig darauf besteht, eine Zigarette zu rauchen und argumentiert, dass ihm das von seinem Arzt verschrieben worden sei, ist das amüsant, weil der Richter schlagfertig launig kontert.
Sobald ihm ein Attest vorliegt, darf er liebend gern eine rauchen, vorher allerdings nicht! Missmutig macht der Mafiosi daraufhin seine Zigarette aus.
Dennoch sind diese Augenblicke in den gut zweieinhalb Stunden zu rar gesät. Selbst, wenn man wirklich in diesen Film abtauchen möchte, gelingt dies aufgrund der sperrigen Machart nicht. Deshalb ist es erstaunlich, dass ein so starkes Kinoland wie Italien ausgerechnet diesen durchwachsenen Genremix als "Oscar"-Kandidaten auserkoren hat. Gegen die starke Konkurrenz um "Parasite", "Die Wütenden" und "Systemsprenger" hatte er aber (zurecht) keine Chance.
Titelfoto: PR/Pandora Film