"House of the Dragon": Sex-Fetisch, brutale Geburten und epische Schlachten
Deutschland - Die epische erste Staffel ist vorüber und macht Lust auf mehr! Trotz der hohen Erwartungen konnte das "Game of Thrones"Spin-off "House of the Dragon" nachhaltig überzeugen. Die TAG24-Kritik.
HotD setzt ungefähr 200 Jahre vor den Geschehnissen der Originalserie an. Damals herrschten die Targaryens über Westeros. Doch der vierte König, Jaehaerys, hat all seine Söhne verloren, weshalb der Große Rat einen Nachfolger bestimmt, sich dabei für Jaehaerys' Enkel Viserys (Paddy Considine, 49) entscheidet und gegen dessen ältere Cousine Rhaenys (Eve Best, 51), die ja "nur" eine Frau ist.
Viserys wahrt in seinem Königreich trotz vieler verschiedener Strömungen allerdings den Frieden und spricht sich immer wieder klar für die eigene Tochter Rhaenyra (Milly Alcock, 22/Emma D'Arcy, 30) als seine Nachfolgerin aus. Der König erkrankt jedoch schwer. So sind die Ränkespiele um die Nachfolge und das Positionieren der einzelnen Häuser im Streben nach Macht im Hintergrund voll im Gange.
Auch Alicent Hohenturm/Hightower (Emily Carey, 19/Olivia Cooke, 28) und ihr Vater, die Hand des Königs, Ser Otto (Rhys Ifans, 55), mischen dabei neben vielen anderen wie etwa den Velaryons um Lord Corlys aka die "Seeschlange" (Steve Toussaint, 57) oder Prinz Daemon Targaryen (Matt Smith, 39) kräftig mit.
Das politische Pulverfass droht mit jeder neuen Streitigkeit zu explodieren ...
Deutscher Trailer zu "House of the Dragon" mit Emma D'Arcy, Olivia Cooke, Fabien Frankel und Eve Best
Originaltrailer zu "House of the Dragon" mit Paddy Considine, Matt Smith, Milly Alcock und Rhys Ifans
"House of the Dragon" ist eine rundum gelungene Serie mit mutigen Einzelszenen geworden
Diese Geschichte haben die Verantwortlichen um Mastermind Miguel Sapochnik (48, "Game of Thrones", "Finch", "Repo Men") und Drehbuchautor Ryan J. Condal (42, "Rampage - Big meets Bigger") klasse umgesetzt. Mutig zeigen sie etwa die Härte von Geburten und legen viel Wert darauf, die weiblichen Charaktere hintergründig sowie zeitgemäß darzustellen.
Daher ist ihnen und allen anderen eine Serie gelungen, die Wert auf eine nachvollziehbare sowie ausgewogene Figurenentwicklung legt und sich damit erkennbar von der achten GoT-Staffel abhebt. Auch das Thema Sex spielt natürlich wieder eine Rolle (Fuß-Fetisch), doch die Macherinnen und Macher laben sich nicht mehr so sehr daran, wie noch in GoT, was positiv zu verstehen ist.
Denn so fokussiert man sich mehr auf die Erzählung an sich. Selbst die Nebenfiguren haben Substanz, weshalb man ihre Herangehensweisen, Motive und Ambitionen verstehen kann - selbst dann, wenn sie bösartig sind. Diese Ambivalenz der Protagonistinnen und Protagonisten ist einer der größten Pluspunkte. Hier wird niemand verteufelt, alle werden menschlich gezeichnet - mit jeweils ganz eigenen Stärken und Schwächen. Genau deshalb nutzt sich auch der klar an "Game of Thrones" orientierte Stil bis auf ganz seltene Momente nicht ab.
Stattdessen fiebert man mit den Charakteren mit, was auch mit den exzellenten schauspielerischen Leistungen zusammenhängt. Hier jemanden herauszuheben, ist schwer, doch gerade Considine ("Peaky Blinders - Gangs of Birmingham") liefert die bisher beste Performance seiner Karriere ab. Deshalb werden ihm gute Chancen eingeräumt, einen "Emmy" als bester Hauptdarsteller zu gewinnen. Er soll an dieser Stelle aber nur sinnbildlich für alle anderen Darstellenden erwähnt werden. Schließlich haben sich viele von ihnen in die Herzen der Fans gespielt.
Zweite Staffel von "House of the Dragon" wird noch lange auf sich warten lassen
Auch die ausgewogene Spannungskurve überzeugt. Die Ereignisse wirken dank der tief gehenden Skripts sowie Machart unausweichlich. Darüber hinaus kann man geradezu spüren, wie die Erzählung mit der Zeit immer mehr Fahrt aufnimmt. Deshalb fallen kleinere Durchhänger in den zehn HotD-Episoden auch nur am Rande auf bzw. ins Gewicht.
Schließlich waren all die Ereignisse und die zwischenmenschlichen Szenen notwendig, damit das Finale so episch gestaltet werden konnte und man es eigentlich gar nicht mehr erwarten kann, bis die zweite Staffel endlich über die Bildschirme flackert. Bis dahin wird allerdings noch viel Zeit vergehen. Die Dreharbeiten sollen erst im März 2023 beginnen und planmäßig bis Juni andauern.
Ehe dann die gesamte Postproduktion abgeschlossen ist, dürften noch Monate vergehen, weshalb viele Branchenmedien nicht mit einem Start im kommenden Jahr, sondern erst 2024 rechnen. So lange zu warten, ist nach dem Cliffhanger der bislang letzten Folge nicht gerade leicht. GoT-Buchautor George R. R. Martin (74) macht übrigens Hoffnung auf noch mehr Nachschub und denkt, dass sich der "Tanz der Drachen" gut in vier Staffeln mit jeweils zehn Folgen angemessen erzählen lässt.
Hinzu kommen weitere Spin-off- und Prequel-Serien wie "Snow", wo Kit Harington (35) erneut Jon Schnee verkörpern wird. Deshalb werden sich Fans auch in den kommenden Jahren intensiv mit diesem reichhaltigen Fantasy-Universum beschäftigen können. Sofern die Qualität ähnlich hoch wie bei "House of the Dragon" ist, darf man sich darüber freuen.
"House of the Dragon" fährt visuell und dank Ramin Djawadi auch musikalisch schwere Geschütze auf
Denn auch visuell fährt die hoch budgetierte Serie schwere Geschütze auf. Die Spezialeffekte sind mit viel Aufwand gestaltet, die ersten Schlachtsequenzen gigantisch, obwohl man davon ausgehen darf, dass sie in den nächsten Staffeln noch mehr Raum einnehmen werden.
Darüber hinaus wird die optische Pracht der abwechslungsreichen, detailliert gestalteten Locations von der brillanten Kameraführung großartig eingefangen. Diese beiden Kategorien sind absolute Spitzenklasse, weshalb man davon ausgehen kann, dass HotD im Kino eine noch größere Wirkung entfalten und einen noch mehr überwältigen würde.
Des Weiteren war die Entscheidung klug, dem deutschen Komponisten Ramin Djawadi (48, "Game of Thrones", "Westworld", "Pacific Rim") erneut den Score anzuvertrauen.
Der gebürtige Duisburger setzt im Vorspann auf das eingängige und beliebte GoT-Theme, mixt davon abgesehen immer wieder bekannte klassische Songs der Ursprungsserie mit neuen Kreationen, erschafft zudem gänzlich neue Lieder, was zur Folge hat, dass das Publikum in dieser Kategorie allerhöchste Qualität zu hören bekommt. In Verbindung mit den prunkvoll gestalteten Kostümen, den pompösen Frisuren und dem genialen Make-up (Viserys!) funktioniert HotD wahrlich großartig.
Zusammengenommen ist "House of the Dragon" eine Serie von Weltklasse-Format geworden, die sich mit der düsteren Seite der Menschen beschäftigt, aber auch immer wieder für Momente voller Freundschaft und Werte steht. Visuell, schauspielerisch und storytechnisch weiß sie zu begeistern. Sehenswert!
Titelfoto: PR/HBO Entertainment