Gunpowder Milkshake: "Diese Weiber sind schlimmer als die Stasi!"

Deutschland - Brachialer Actionkracher! Der starbesetzte "Gunpowder Milkshake" ist ein solides Genrewerk geworden, das am 2. Dezember in den (noch offenen) deutschen Kinos anläuft. Die TAG24-Filmkritik.

Emily (Chloe Coleman, 13) wird von Samantha (Karen Gillan, 33) aus den Händen mehrerer Entführer gerettet.
Emily (Chloe Coleman, 13) wird von Samantha (Karen Gillan, 33) aus den Händen mehrerer Entführer gerettet.  © PR/2020 STUDIOCANAL SAS, All rights reserved.

"Es gibt eine Gruppe von Männern, genannt 'die Firma'. Sie leiten das Geschäft schon sehr, sehr lange", erklärt Samantha (Karen Gillan, 33). Wenn jemand die Drecksarbeit erledigen soll, schicken die mächtigen Personen sie los.

Denn Sam ist - wie ihre Mutter Scarlet (Lena Headey, 48) vor ihr - eine Killerin. Sie erschießt einige Gegner mit einer Pistole mit Schalldämpfer, ehe weitere Männer ihr den Ausgang versperren. So richtet sie "ein Massaker" an, wie ihr Auftraggeber Nathan (Paul Giamatti, 54) wenig später entsetzt feststellt, als sie sich in einem speziellen Diner treffen.

Dort geht Sam schon seit 15 Jahren hin. Damals musste sie mehr als drei Stunden auf ihre Mum warten, die eine Order ausführte, aber verfolgt wurde. Deshalb ließ sie Sam anschließend schweren Herzens bei Nathan zurück und tauchte unter.

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Eineinhalb Dekaden später kommt der dann schimpfend zu Sam an ihrem Stammplatz: "Diese Weiber sind schlimmer als die Stasi", denn ihm wurde am Eingang von "Kellnerin" Rose (Joanna Bobin, 48) seine Pistole abgenommen, was eine der Grundregeln dieses Unterwelt-Ladens ist. Nun gibt es noch ein weiteres Problem.

Jemand war so verrückt, der 'Firma' Geld zu stehlen. Deshalb schickt Nathan erneut Sam los, um es zurückzuholen und den Dieb zu ermorden. Shocker (David Burnell IV) hat allerdings aus purer Verzweiflung gehandelt, weil vier Männer seine kleine Tochter Emily (Chloe Coleman, 13) entführten.

Versehentlich verletzt Sam ihn im Gerangel schwer, bekommt aber durch das anschließende Telefonat mit den Kriminellen die Lage mit und befreit das Mädchen auf eigene Faust. Der Geldkoffer fliegt allerdings durch den Einsatz einer Granate in die Luft. Da Sam zuvor bei ihrem "Massaker" den Sohn von Gangsterboss Jim McAlester (Ralph Ineson, 51) tötete und die Firma sie wegen all dieser Dinge zum Abschuss freigibt, wird sie von der Jägerin zur Gejagten...

Deutscher Trailer zu "Gunpowder Milkshake" mit Karen Gillan, Lena Headey und Michelle Yeoh

Scarlet (Lena Headey, 48) ist eine erprobte Auftragsmörderin.
Scarlet (Lena Headey, 48) ist eine erprobte Auftragsmörderin.  © PR/2020 STUDIOCANAL SAS, All rights reserved.

"Gunpowder Milkshake" ist eine feministische Version von "John Wick" und erinnert an "Atomic Blonde"

Auch Scarlets Tochter Samantha (Karen Gillan, 33, l.) gehört zu den besten Killerinnen.
Auch Scarlets Tochter Samantha (Karen Gillan, 33, l.) gehört zu den besten Killerinnen.  © PR/StudioCanal

Diese Geschichte hat Navot Papushado (41, "Big Bad Wolves") solide umgesetzt. Dem israelischen Regisseur ist ein kurzweiliger, unterhaltsamer und brutaler Actionkracher gelungen, der das Rad allerdings nicht neu erfindet und sich stark an "John Wick" und "Atomic Blonde" orientiert. Die Klasse seiner Vorbilder erreicht er dabei jedoch nicht ganz.

Der größte Unterschied zur Erfolgsreihe mit Keanu Reeves (57): In "Gunpowder Milkshake" steht eine Killerin im Mittelpunkt, die ausschließlich von anderen Frauen Unterstützung bekommt. Man konnte den Film daher als feministische Version von "John Wick" bezeichnen, in der Männer nicht gerade gut wegkommen.

Darüber hinaus erinnert er auch deshalb an "Atomic Blonde", weil er ebenfalls in Berlin gedreht wurde. Trotz dieser Parallelen und einer bekannten Erfolgsformel ist Papushados Werk keinesfalls schlecht. Es ist stylisch und mit einer auffälligen Bildsprache inszeniert, die die düstere Atmosphäre verstärkt, in eine interessante geheime Welt entführt und die Zuschauer bei der Stange hält.

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Zudem wird auch eine ansprechende Story erzählt, ohne schon alle Hintergründe der Figuren zu verraten. Aber mehr als genug, weshalb man sich mit ihnen identifizieren und ihre Motive nachvollziehen kann. Das liegt unter anderem an den guten schauspielerischen Leistungen.

Originaltrailer zu "Gunpowder Milkshake" mit Paul Giamatti, Angela Bassett und Ralph Ineson

Karen Gillan und Lena Headey überzeugen in "Gunpowder Milkshake"

Sam bekommt tatkräftige Unterstützung von Florence (Michelle Yeoh, 59, l.), Anna May (Angela Bassett, 63, M.) und Madeleine (Carla Gugino, 50).
Sam bekommt tatkräftige Unterstützung von Florence (Michelle Yeoh, 59, l.), Anna May (Angela Bassett, 63, M.) und Madeleine (Carla Gugino, 50).  © PR/StudioCanal

Hierbei tut sich vor allem die glaubwürdige Gillan (Nebula in "Guardians of the Galaxy" sowie "Avengers: Endgame", "Jumanji: The Next Level") hervor, die ihre Rolle als Leading Lady lässig ausfüllt und ihrer Protagonistin die nötige Coolness sowie Kampfpower verleiht. Außerdem überzeugt sie im Zusammenspiel mit Coleman ("Der Spion von nebenan") und sorgt mit dem darstellerisch erstaunlich stark auftrumpfenden Mädchen immer wieder für stimmige Running Gags und auflockernde Momente.

Auch Headey (Cersei Lennister in "Game of Thrones", "300", "The Purge - Die Säuberung") liefert als draufgängerische Mutter eine gute Performance ab. Giamatti ("Shoot 'Em Up"), Bassett ("Mission Impossible: Fallout"), Yeoh ("Tiger & Dragon"), Gugino ("Sin City") und Ineson (Dagmer Spaltkinn in "Game of Thrones") werden in ihren Rollen zwar nur wenig gefordert, haben aber allesamt ihre Momente.

Vor allem aber wirkt es so, als hätten sie gemeinsam Spaß gehabt, mal die Sau rauslassen zu können. Auch das ist ein Grund, weshalb der Film gerade von Genrefans bedenkenlos geschaut werden kann. Die dynamische Kameraführung, die abwechslungsreichen Kostüme und das exzellente, weil detaillierte Szenebild sind weitere Stärken. Das gilt zumindest teilweise auch für die Kampfszenen, ihre Choreografie und ihre Brutalität, die zur Geschichte passt und sich nahtlos in die mit einem Augenzwinkern versehene Machart einfügt.

An die herausragende Qualität von "John Wick" oder "Atomic Blonde" kommt der Actioner in der Hinsicht allerdings nicht heran, weil man in einigen Sequenzen klar erkennt, dass hier (natürlich) nicht zugeschlagen oder getreten wird. Darüber hinaus gibt es zwar einen Kniff, um die Fights abwechslungsreich zu gestalten, doch das gelingt nur bedingt, weil man hier nichts Neues zu sehen bekommt. Deshalb entsteht im zweiten Drittel die ein oder andere kleine Länge.

Nathan (Paul Giamatti, 54) gerät zwischen die Fronten.
Nathan (Paul Giamatti, 54) gerät zwischen die Fronten.  © PR/2020 STUDIOCANAL SAS, All rights reserved.
Madeline (Carla Gugino, 50) packt eine fette Wumme aus: In Szenen wie diesen wird klar, dass sich "Gunpowder Milkshake" nicht zu ernst nimmt, sondern einfach "nur" gute Unterhaltung für Erwachsene bieten möchte.
Madeline (Carla Gugino, 50) packt eine fette Wumme aus: In Szenen wie diesen wird klar, dass sich "Gunpowder Milkshake" nicht zu ernst nimmt, sondern einfach "nur" gute Unterhaltung für Erwachsene bieten möchte.  © PR/2020 STUDIOCANAL SAS, All rights reserved.

Zusammengenommen hat "Gunpowder Milkshake" aufgrund seiner coolen sowie übertriebenen Inszenierung zwar Kultpotenzial, fügt dem Genre allerdings nichts Neues hinzu und bleibt gerade in den Fight-Sequenzen hinter "John Wick" oder "Atomic Blonde" zurück. Dennoch bekommt man hier einen lässigen und grundsoliden Actioner mit stimmigen Locations und einer dichten Atmosphäre zu sehen.

Titelfoto: PR/StudioCanal

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