"Die Magnetischen": Vater verpasst rebellischem Sohn schallende Ohrfeige!
Deutschland - Coming-of-Age-Drama mit Tiefgang! Der französische Film "Die Magnetischen" läuft am 28. Juli in den deutschen Kinos an und ist interessant geraten, reißt emotional aber nicht voll mit. Die TAG24-Kritik.
Im Mittelpunkt steht der junge Philippe Bichon (Timothée Robart, 25), der am 10. Mai 1981 nicht mitfeiert, als Francois Mitterrand zum neuen französischen Präsidenten gewählt wird. Denn seine Gedanken kreisen um "sein" Radio Warschau, das er und sein Bruder Jerome (Joseph Olivennes, 31) gegründet haben.
Wenn sie Musik auflegen, sind sie voll in ihrem Element. Darüber hinaus machen sie in ihrem kleinen Dorf viel Party, trinken exzessiv Alkohol, rauchen Zigaretten und Drogen. Das gefällt ihrem Vater (Philippe Frécon) nicht gerade.
Als Jerome besonders versifft aussieht und auch noch frech wird, eskaliert die Lage: "Guck Dich doch mal an", sagt er aufgebracht zu dem jungen Mann. Der erwidert betont desinteressiert: "Leg Dich wieder schlafen."
Sein Dad verpasst ihm eine schallende Ohrfeige und sagt wütend: "Mir reicht es langsam!" Auch davon abgesehen geraten die beiden sehr unterschiedlichen und eigenwilligen Charaktere regelmäßig aneinander. Dabei geht es im Kern eigentlich um die Liebe von Jerome und auch Philippe zu der bildschönen Marianne (Marie Colomb, 27), die sie beide verzaubert hat. Während Jerome sich an die Mutter einer kleinen Tochter ranmacht, traut sich Philippe das nicht so ganz.
Denn im Gegensatz zu Jerome schafft er es nicht, vom Militärdienst befreit zu werden und muss ein Jahr in Berlin verbringen, während Marianne in dem Dorf ihre Friseur-Ausbildung macht und anschließend nach Paris zurückkehren möchte. Doch Philippe denkt ständig an sie ...
Deutscher Trailer zu "Die Magnetischen" von Vincent Cardona mit Timothée Robert und Marie Colomb
"Die Magnetischen" geht in die Tiefe, reißt emotional trotz guter Ansätze aber nicht vollends mit
Diese Geschichte hat Vincent Maël Cardona (42) gut umgesetzt. Dem französischen Regisseur ist ein interessanter Genre- sowie Autorenfilm mit einem unverkennbaren eigenen Stil gelungen, der in die Tiefe geht und sich viel Zeit für die Figuren, ihre Probleme und Entwicklung nimmt.
Manchmal aber ein wenig zu viel. Denn perfekt ausgewogen ist das Drama leider nicht. Es gibt trotz nur 98 Minuten Laufzeit immer wieder Längen, was zur Folge hat, dass man emotional nicht vollends in den Film abtauchen kann.
Dabei gibt es einige starke Einzelszenen und ist Cardonas Werk am Ende in sich stimmig. Doch wegen der durchaus zweifelhaften, weil völlig unkritischen Darstellung von Alkohol-, Zigaretten- und Drogenkonsum, fällt es mitunter schwer, sich auf einer tieferen Ebene abholen zu lassen. Selbst, wenn man es versucht.
Trotzdem verliert einen "Die Magnetischen" nie, weil die schauspielerischen Leistungen überzeugend sind.
Robart ("Der flüssige Spiegel"), Colomb ("Sunshine State of Mind") und Olivennes ("Versailles") dürften mit ihren starken Performances ihren endgültigen Durchbruch geschafft haben. Ersterer geht mit viel Feingefühl und Empathie an seine Rolle heran und porträtiert seinen Charakter sowie dessen inneren Zwiespalt hintergründig und deshalb glaubwürdig.
Französischer Originaltrailer zu "Les Magnetiques" mit Joseph Olivennes und Philippe Frécon
"Die Magnetischen" weiß mit kreativen Einfällen hinsichtlich der Bildsprache zu überzeugen
Colomb spielt keine reine Femme fatale, sondern legt ihre Figur mit Ecken und Kanten, Stärken und Schwächen an, ist gerade deshalb so authentisch. Olivennes darf sich hingegen oft austoben sowie extrovertiert agieren, was ihm ebenfalls sehr gut gelingt.
Sie alle profitieren dabei vom präzisen Drehbuch und von den schlagfertigen Dialogen, die aus dem Leben gegriffen scheinen und das Drama zu einem nachdenklichen Seherlebnis machen, das im Gedächtnis bleibt.
Daran haben die ruhige Kameraführung, die detaillierten sowie für die Handlung wichtigen Kostüme und besonders die stimmige Musikuntermalung ihren Anteil. Doch speziell die visuellen Einfälle von Cardona und seiner Crew machen sein Werk so interessant.
Ihnen gelingt es hervorragend, die Gedanken in Bilder zu fassen, die qualitativ hochwertig sind, weil sie im Rhythmus des Films komponiert wurden. Das gilt beispielsweise in Sequenzen, in denen Philippe bei seiner Leidenschaft, dem Mixen von Soundgeräuschen und Musik, gezeigt wird.
Zusammengenommen ist "Die Magnetischen" ein gutes Coming-of-Drama geworden, das zwar kleinere Schwächen hat, sich dank der drei Hauptdarstellenden, der hintergründigen Story und der kreativen Optik aber auf der großen Leinwand lohnt.
Titelfoto: PR/Céline Nieszawer/Port au Prince Pictures