"Elvis" ist ein irrer und intensiver Trip!

Deutschland - Eines der intensivsten Kino-Erlebnisse des Jahres 2022! "Elvis" läuft am 23. Juni in den deutschen Lichtspielhäusern an und reißt dank seiner elektrisierenden Energie voll mit. Die TAG24-Filmkritik.

Elvis Presley (Austin Butler, 30, l.), seine Mutter Gladys (Helen Thomson, 2.v.l.) sowie Vater Vernon (Richard Roxburgh, 60, r.) unterschrieben gemeinsam bei Manager Colonel Tom Parker (Tom Hanks, 65).
Elvis Presley (Austin Butler, 30, l.), seine Mutter Gladys (Helen Thomson, 2.v.l.) sowie Vater Vernon (Richard Roxburgh, 60, r.) unterschrieben gemeinsam bei Manager Colonel Tom Parker (Tom Hanks, 65).  © PR/Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved./Kane Skennar

Im Fokus steht nicht nur Elvis Presley (Austin Butler, 30) selbst, sondern auch sein umtriebiger und polarisierender Manager Colonel Tom Parker (Tom Hanks, 65), der direkt zu Beginn als alter und gesundheitlich angeschlagener Mann in Las Vegas das Wort ergreift.

Er ist der festen Überzeugung, zu Unrecht zum Bösewicht und für den Tod von Elvis verantwortlich gemacht worden zu sein. Doch der Reihe nach. 1954 war Parker auf der Suche nach einer Möglichkeit, die größte Show der Welt ins Leben zu rufen.

Damals nahm Sun Records Elvis unter Vertrag, weil die afroamerikanischen Musiker alleine nicht die Rechnungen decken konnten, "The King" schon in jungen Jahren das gewisse Etwas hatte und stark vom Stil sowie Rhythmus der "Beale Street" beeinflusst war.

Corona-Doku "Erste Welle": Neuköllner Kiez-Café trifft auf Apokalypse
Filmkritik Corona-Doku "Erste Welle": Neuköllner Kiez-Café trifft auf Apokalypse

All das erkannte Parker, als er ihn erstmals auftreten sah. Presley brachte die Frauen mit seinen hautengen Klamotten, seiner Ausstrahlung, seinem Charisma und seinen im positiven Sinne eigenwilligen Bewegungen reihenweise zum Kreischen. So nahm der vermeintliche Colonel Elvis unter Vertrag und holte auch dessen Familie um Mutter Gladys (Helen Thomson) sowie Vater Vernon (Richard Roxburgh, 60) mit ins Boot.

Eine Entscheidung mit großen Auswirkungen für alle. Denn Elvis konnte sich unter Parker nie voll ausleben, obwohl er einige denkwürdige Auftritte hinlegte und sich nicht (völlig) verbiegen ließ. Doch die Einsamkeit, seelische Dunkelheit und die Selbstzweifel nagten trotz des Weltruhms an dem Musiker ...

Deutscher Trailer zu "Elvis" von Baz Luhrmann mit Austin Butler und Tom Hanks

"Elvis" schwingt im Rhythmus vom großen Künstler

Elvis Presley (Austin Butler, 30, l.) wurde von der Musik sowie dem Stil der "Beale Street" und Künstlern wie B.B. King (Kelvin Harrison Jr., 27) beeinflusst.
Elvis Presley (Austin Butler, 30, l.) wurde von der Musik sowie dem Stil der "Beale Street" und Künstlern wie B.B. King (Kelvin Harrison Jr., 27) beeinflusst.  © PR/Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved./Kane Skennar

Diese Geschichte hat Baz Luhrmann (59, "Der große Gatsby", "Australia", "Moulin Rouge") großartig umgesetzt. Dem Kult-Regisseur ist ein spannendes Biopic gelungen, das wie seine Hauptfigur daherkommt und in dessen Takt gedreht wurde.

Zu Beginn gibt es viele schnelle sowie fließend in die Handlung eingearbeitete Umschnitte, durch die das Erzähltempo hoch, aber nicht zu hoch ist.

Stattdessen passt es sogar sehr gut zu dem Motto "höher, schneller, weiter". Denn Elvis ist auf fast schon manisch-verrückte Weise getrieben, wild, ungezähmt und geheimnisvoll - wie der Film auch. Durch diese intelligente, fast schon symbiotische Machart entwickelt das Drama eine hypnotische Sogwirkung und reißt trotz minimaler Längen im zweiten Akt über die gesamten 159 Minuten Laufzeit mit.

"Irgendwann werden wir uns alles erzählen": Film über eine ungleiche Liebe nach der Wende
Filmkritik "Irgendwann werden wir uns alles erzählen": Film über eine ungleiche Liebe nach der Wende

Durch die kraftvolle Story und die elektrisierende Energie von "The King" bekommt man hier sogar ein intensives und forderndes Kino-Erlebnis vorgesetzt, das auf der großen Leinwand eine enorme Wirkung entfaltet und sich vollends lohnt.

Denn das dynamische Werk besticht optisch dank der Farbenpracht, klugen Kameraführung, abwechslungsreichen Locations sowie der atmosphärischen Musikuntermalung und ist deshalb ein wahrer Augenschmaus, an dem man sich gar nicht sattsehen kann bzw. will.

Originaltrailer zu "Elvis" mit Olivia DeJonge, David Wenham, Richard Roxburgh und Kodi Smit-McPhee

Austin Butler und Tom Hanks zeigen in "Elvis" fantastische Leistungen

Austin Butler (30) begeistert als Elvis Presley.
Austin Butler (30) begeistert als Elvis Presley.  © PR/Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved./Kane Skennar

Daran haben die genialen Kostüme, die erstklassigen Frisuren und das Weltklasse-Make-up entscheidenden Anteil.

Sie ermöglichen Butler ("Once Upon A Time in Hollywood", "The Dead Don't Die") erst die Transformation zu Elvis. Der junge Schauspieler zeigt in seiner bislang größten Rolle die bisher mit Abstand beste Performance seiner Karriere, weil er Herz sowie Seele seiner Figur erfasst und mit einer starken eigenen Version umgesetzt hat.

Er gestaltet Presley geheimnisvoll, aber doch so nahbar, dass dessen Entscheidungen und Motive allesamt verständlich sind und es dem Publikum ermöglichen, sich mit ihm, seiner inneren Zerrissenheit und seinem alltäglichen Kampf, sich als Künstler auszuleben, zu identifizieren.

So kann man emotional tief in die mitunter düstere Elvis-Welt abtauchen - woran der meisterlich auftretende Hanks ("Neues aus der Welt", "Catch Me If You Can", "Der Soldat James Ryan") entscheidenden Anteil hat. Der brillante Charakterdarsteller legt seinen umstrittenen Protagonisten angemessen ambivalent an. Dadurch kann man einerseits gut nachvollziehen, weshalb ihn so viele Menschen verteufelten, andererseits aber auch, wieso er es bis an die Spitze schaffte.

Denn Charisma und Überredungskunst waren definitiv zwei seiner hervorstechenden Eigenschaften, die Hanks gut herausgearbeitet hat - wie viele andere Feinheiten. Auch mimisch begeistern er und Butler, weshalb der Film Schauspielkino auf allerhöchstem Niveau bietet. Daher wäre es verwunderlich, wenn beide nicht einige Preise für ihre Leistungen bekommen würden.

Tom Hanks (65) geht voll in der Bösewicht-Rolle als Colonel Tom Parker auf.
Tom Hanks (65) geht voll in der Bösewicht-Rolle als Colonel Tom Parker auf.  © PR/Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved./Kane Skennar
Eine gewisse Grundtraurigkeit spielt bei Elvis Presley (Austin Butler, 30, l.) immer mit.
Eine gewisse Grundtraurigkeit spielt bei Elvis Presley (Austin Butler, 30, l.) immer mit.  © PR/Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved./Kane Skennar

"Elvis" kommt wuchtig und elektrisierend daher, fordert das Publikum mental

Elvis Presley (Austin Butler, 30, 5.v.l.) wird von Frauen geradezu umschwärmt, was Colonel Tom Parker (Tom Hanks, 65, 4.v.r.) ein Lächeln entlockt.
Elvis Presley (Austin Butler, 30, 5.v.l.) wird von Frauen geradezu umschwärmt, was Colonel Tom Parker (Tom Hanks, 65, 4.v.r.) ein Lächeln entlockt.  © PR/Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved./Kane Skennar

Auch die Nebendarsteller zeigen durchweg exzellente Darbietungen, was mit dem hintergründigen Drehbuch zusammenhängt, das für viel Substanz sorgt und ebenfalls auf Weltklasse-Level einzuordnen ist.

Hinzu kommt Luhrmanns unverwechselbarer, wuchtiger Stil, den er gekonnt an die Story angepasst hat. Die rauschhafte Inszenierung sorgt dafür, dass man die Erzählung rund um den Mythos Elvis Presley atemlos verfolgt.

Daran haben auch die präzisen sowie mitunter nachdenklich stimmenden Dialoge ihren Anteil, die viel über die Figuren und ihre unterschiedlichen Denkweisen verraten.

Zudem wurden viele universelle Themen wie Freiheit, Liebe, die tief sitzende seelische Trauer, Einsamkeit und Leidenschaft zur Musik eingebaut. Letztere wird in stark choreografierten Konzert-Sequenzen nachhallend dargestellt, obwohl sich diese Szenen mit der Zeit ein wenig abnutzen.

Das ist allerdings Meckern auf hohem Niveau. Durchschnaufen kann man übrigens auch in diesen Momenten nicht, weshalb einen "Elvis" mental aufgrund der Reizüberflutung durchaus einiges abverlangt. Das sollte man vorab wissen.

Elvis Presley (Austin Butler, 30, l.) lässt sich von Colonel Tom Parker (Tom Hanks, 65) zwar nicht alles gefallen, aber oft zu Dingen überreden.
Elvis Presley (Austin Butler, 30, l.) lässt sich von Colonel Tom Parker (Tom Hanks, 65) zwar nicht alles gefallen, aber oft zu Dingen überreden.  © PR/Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved./Kane Skennar
Elvis Presley (Austin Butler, 30, l.) fühlt sich nur auf der Bühne richtig wohl.
Elvis Presley (Austin Butler, 30, l.) fühlt sich nur auf der Bühne richtig wohl.  © PR/Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved./Kane Skennar

Zusammengenommen ist "Elvis" ein eindringliches und bewegendes Biopic über den Weltklasse-Künstler geworden, den man nach Ansicht des Films besser versteht. Das liegt an der stilistisch hochwertigen Machart, den genialen schauspielerischen Leistungen, der glänzenden Ausstattung und der ausgezeichnet inszenierten Geschichte. Ein wilder Ritt!

Titelfoto: PR/Warner Bros. Entertainment Inc. All Rights Reserved./Kane Skennar

Mehr zum Thema Filmkritik: