"Ein großes Versprechen": Wie eine schwere Krankheit ein Paar verzweifeln lässt

Deutschland - Bewegendes und sensibles Drama! "Ein großes Versprechen" läuft am 9. Juni in den deutschen Kinos an und rückt die schwere Krankheit Multiple Sklerose in den Fokus. Die TAG24-Filmkritik.

Erik Bergström (Rolf Lassgard, 67, l.) und seine Frau Juditha (Dagmar Manzel, 63) lieben einander sehr. Doch die Krankheit MS stellt sie beide vor große Herausforderungen.
Erik Bergström (Rolf Lassgard, 67, l.) und seine Frau Juditha (Dagmar Manzel, 63) lieben einander sehr. Doch die Krankheit MS stellt sie beide vor große Herausforderungen.  © PR/Tamtam Film/Nikolai von Graevenitz

Im Fokus stehen Juditha (Dagmar Manzel, 63) und Erik Bergström (Rolf Lassgard, 67), die seit über 30 Jahren ein Paar sind und schon einige Höhen sowie Tiefen erlebt haben. Zärtlich liegen sie zusammen im Bett, küssen sich und kuscheln miteinander. Erik sagt: "Gib es zu, du stehst heimlich auf alte Männer", was ihr ein Lachen entlockt.

Er steht als Universitätsprofessor kurz vor der Pension. Eigentlich wollten Erik und Juditha das Rentner-Dasein gemeinsam genießen. Doch ihr Zustand verschlechtert sich rapide, denn sie hat MS.

Die weiter aktive Frau will das aber einfach nicht wahrhaben, während Erik mit ihrer Pflege schlichtweg überfordert ist und nach Auswegen sucht. Er studiert noch einmal, geht zu einer Selbsthilfegruppe in die Kirche, ist auch sonst oft draußen unterwegs, während Juditha eigentlich seine Hilfe bräuchte und sich verlassen fühlt.

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Sie beide sind auf ihre Weise verzweifelt, sagen ihrer schwangeren Tochter Sophie (Anna Blomeier, 43) allerdings fast nichts und haben auch sonst große Schwierigkeiten, die Situation so anzunehmen, wie sie ist.

Juditha lässt sich beispielsweise nicht von einer Haushaltsgehilfin unterstützen, Erik hingegen erträgt die Enge der Wohnung nicht mehr, erleidet Panikattacken und hat Brustschmerzen. Beide sind mit ihren körperlichen und geistigen Kräften am Ende...

Trailer zu "Ein großes Versprechen" mit Rolf Lassgard und Dagmar Manzel

"Ein großes Versprechen" ist ein angemessen ruhiger und interessanter Film geworden

Regisseurin Wendla Nölle (42) hat mit "Ein großes Versprechen" nach zwei Dokumentationen ihren ersten Spielfilm gedreht.
Regisseurin Wendla Nölle (42) hat mit "Ein großes Versprechen" nach zwei Dokumentationen ihren ersten Spielfilm gedreht.  © PR/Tamtam Film/Sara Walz

Diese Geschichte hat Wendla Nölle (42, "Make Me a Match") bei ihrem Spielfilmdebüt sehr gut umgesetzt. Der Hamburger Regisseurin ist ein interessantes sowie berührendes Drama um eine Familie im Ausnahmezustand gelungen.

Es überzeugt zwar nicht immer in allen Details, kommt insgesamt gesehen aber kraftvoll daher und ist ein wichtiger Beitrag zur Debatte rund um schwere Krankheiten und den Umgang mit ihnen geworden.

Gerade die Aspekte Überforderung, Realitätsverdrängung und das Entsetzen über die Lage hat die Filmemacherin exzellent herausgearbeitet. So reißt "Ein großes Versprechen" mit, obwohl man nicht immer alle Handlungen der beiden Figuren nachvollziehen kann.

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Das hängt auch damit zusammen, dass man zu wenig aus ihren früheren Leben erfährt und daher nicht weiß, was sie bis dahin geprägt hat.

Immerhin ergibt sich am Ende ein zusammengenommen schlüssiges Gesamtbild, durch das verständlich ist, weshalb Erik und Juditha immer wieder kontraproduktiv und nur bedingt logisch handeln. Ohnehin überzeugt die Dynamik zwischen ihnen und gehört eindeutig zu den Highlights des Films.

Juditha (Dagmar Manzel, 63) weigert sich lange Zeit, einen Rollstuhl als Hilfe anzunehmen, doch ihr Zustand verschlechtert sich immer mehr, sodass ihr irgendwann keine Wahl mehr bleibt.
Juditha (Dagmar Manzel, 63) weigert sich lange Zeit, einen Rollstuhl als Hilfe anzunehmen, doch ihr Zustand verschlechtert sich immer mehr, sodass ihr irgendwann keine Wahl mehr bleibt.  © PR/Tamtam Film/Nikolai von Graevenitz

Zwischen Rolf Lassgard und Dagmar Manzel stimmt die Chemie in "Ein großes Versprechen"

Erik Bergström (Rolf Lassgard, 67, l.) und seine Tochter Sophie (Anna Blomeier, 43) machen sich große Sorgen.
Erik Bergström (Rolf Lassgard, 67, l.) und seine Tochter Sophie (Anna Blomeier, 43) machen sich große Sorgen.  © PR/Tamtam Film/Nikolai von Graevenitz

Daran haben die beiden Schauspielenden entscheidenden Anteil. Der international bekannte Lassgard ("Ein Mann namens Ove", "Nach der Hochzeit", "Downsizing") ist wahrlich ein Berg von einem Mann und verkörpert seine Rolle glaubwürdig sowie mit Tiefgang, wie man es vom schwedischen Charakterdarsteller gewohnt ist.

Obwohl sein Akzent unverkennbar zu hören ist, trägt er seine Dialoge gut vor, weshalb das schon bald nicht mehr auffällt.

Manzel ("Schtonk", "Die Unsichtbare", "John Rabe") zeigt ebenfalls eine exzellente Performance. Sie porträtiert die innere Zerrissenheit ihrer Figur großartig und fängt darüber hinaus die körperliche Beeinträchtigung ihrer Protagonistin hervorragend ein, sodass man mit ihr mitfühlt, obwohl sie nicht in jeder Szene sympathisch wirkt.

Das muss sie auch nicht, denn in dem deutschen Drama geht es auch um die Ambivalenz der Figuren und der Handlung. Die wird von einer Nähe hereinbringenden Kameraführung, stimmigen Locations und feinen zwischenmenschlichen Tönen gekonnt abgerundet.

Erik Bergström (Rolf Lassgard, 67) ist ein Berg von einem Mann, doch er kann nur schwer mit der neuen Situation umgehen.
Erik Bergström (Rolf Lassgard, 67) ist ein Berg von einem Mann, doch er kann nur schwer mit der neuen Situation umgehen.  © PR/Tamtam Film/Nikolai von Graevenitz

Zusammengenommen ist "Ein großes Versprechen" ein gelungenes deutsches Drama geworden, in dem Lassgard und Manzel gut harmonieren und ihren vielschichtigen Charakteren erst so richtig Leben einhauchen. Kein einfacher und fehlerfreier, aber ein sehr wichtiger Film mit einer wuchtigen Geschichte.

Titelfoto: PR/Tamtam Film/Nikolai von Graevenitz

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