"Drive My Car": Verheiratete Frau hat Affäre! Ihr Mann erwischt sie beim Sex, doch es kommt noch schlimmer

Deutschland - Der japanische "Oscar"-Kandidat für 2022 weiß zu glänzen! "Drive My Car" läuft am 23. Dezember in den (offenen) deutschen Kinos an und zählt zu den außergewöhnlichsten Filmen des Jahres 2021. Die TAG24-Kritik.

Koshi Takatsuki (Masaki Okada, 32, l.) hat eine Affäre mit Yusukes (Hidetoshi Nishijima, 50) Ehefrau.
Koshi Takatsuki (Masaki Okada, 32, l.) hat eine Affäre mit Yusukes (Hidetoshi Nishijima, 50) Ehefrau.  © PR/kinofreund eG 2021

Zu Beginn ist die nackte Silhouette von Oto Kafuku (Reika Kirishima, 49) zu sehen. Sie erzählt ihrem Mann Yusuke (Hidetoshi Nishijima, 50) wenige Augenblicke nach dem Sex eine Geschichte, die sich später als Idee für ein Drehbuch herausstellt. Beide sind Autoren. Während Oto fürs Fernsehen arbeitet, ist Yusuke Theaterschauspieler und Regisseur.

Er soll im Rahmen seiner Tätigkeit nach Wladiwostok (Russland) reisen, doch sein Flug wird in letzter Sekunde gestrichen. Als er nach Hause zurückkehrt, hört er Oto lustvoll stöhnen, linst ins Wohnzimmer, wo sie sich auf der Couch mit Darsteller Koshi Takatsuki (Masaki Okada, 32) vergnügt.

Yusuke geht ungesehen wieder, nimmt sich ein Hotelzimmer und lässt sich beim Skypen mit Oto nichts anmerken.

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Wenig später hat er einen Autounfall. Der Arzt diagnostiziert ein Glaukom. Diese unaufhaltsame Erblindung kann mit Augentropfen nur verlangsamt, aber nicht aufgehalten werden. Doch nicht nur das belastet ihn und Oto.

Sie hatten eine Tochter, die am 25. Februar 2001 verstorben ist, bekamen nie ein weiteres Baby und trauern noch heute um sie. Für Yusuke nehmen die Dinge allerdings einen noch schlimmeren Verlauf. Als er eines Abends zu Hause ankommt, liegt Oto regungslos auf dem Boden. Er ruft einen Krankenwagen, doch jede Hilfe kommt zu spät. Seine Frau ist tot. Wie soll er nun weitermachen?

Originaltrailer mit deutschen Untertiteln zu "Drive My Car"

"Drive My Car" ist ein zutiefst menschliches, bezauberndes Meisterwerk

Oto Kafuku (Reika Kirishima, 49, l.) geht Yusuke (Hidetoshi Nishijima, 50) fremd, hat dafür aber ihre Gründe.
Oto Kafuku (Reika Kirishima, 49, l.) geht Yusuke (Hidetoshi Nishijima, 50) fremd, hat dafür aber ihre Gründe.  © PR/kinofreund eG 2021

Diese tragische Geschichte hat Ryusuke Hamaguchi (42, "Wheel of Fortune and Fantasy") genial umgesetzt. Dem Regisseur ist ein Ausnahmefilm gelungen, der Kritiker und Zuschauer auf der ganzen Welt verzaubert.

"Drive My Car" ist nicht nur der japanische "Oscar"-Kandidat für 2022, sondern räumte beim renommierten Festival in Cannes 2021 gleich drei Hauptpreise ab und wurde vom New York Film Critics Circle 2021 sogar als bestes Werk des Jahres ausgezeichnet. So stehen die Chancen, einen ähnlichen Siegeszug wie "Parasite" hinzulegen, nicht schlecht.

Verdient hätte es "Drive My Car" allemal. Er kommt zwar auf eine epische Laufzeit von 179 Minuten, ist aber trotz eines durchaus ruhigen Erzähltempos erstaunlich packend und entwickelt durch sein geniales Drehbuch und seine brillante Charakterdarstellung eine Sogwirkung. Diese Balance zu finden, ist extrem schwer und deshalb die größte Stärke dieses Meisterwerks. Nach und nach offenbart Hamaguchi immer mehr Details aus dem Leben der Figuren, weshalb ihre Handlungen und Motive am Ende bis in die kleinsten Details nachvollziehbar sind.

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Ohnehin gelingt es den Machern, immer wieder für Perspektivenwechsel zu sorgen. Denn auch vermeintlich kleine Rollen sind in diesem grandiosen Drama von enormer Bedeutung. Hamaguchi gewährt diesen Parts ebenfalls Raum, lässt sie zu Wort kommen und aus ihrem Leben erzählen, weshalb sich nach Ablauf der knapp drei Stunden das Gefühl einstellt, eine umfassende und zutiefst menschliche Milieustudie gesehen zu haben.

Yusuke (Hidetoshi Nishijima, 50) grübelt stetig über Texten und lauscht auch im Auto Dialogen, die er so auswendig lernt.
Yusuke (Hidetoshi Nishijima, 50) grübelt stetig über Texten und lauscht auch im Auto Dialogen, die er so auswendig lernt.  © PR/kinofreund eG 2021

"Drive My Car" ist großes Kino auf hohem intellektuellen Niveau

Yusuke (Hidetoshi Nishijima, 50, r.) darf zwei Jahre nach dem Tod seiner Frau beim Theaterfestival in Hiroshima das Stück "Onkel Wanja" von Anton Pawlowitsch Tschechow inszenieren. Jin Daeyeon (Yoon-su) übersetzt für ihn.
Yusuke (Hidetoshi Nishijima, 50, r.) darf zwei Jahre nach dem Tod seiner Frau beim Theaterfestival in Hiroshima das Stück "Onkel Wanja" von Anton Pawlowitsch Tschechow inszenieren. Jin Daeyeon (Yoon-su) übersetzt für ihn.  © PR/kinofreund eG 2021

Über die kann man auch anschließend noch lange sinnieren, weil sie so angenehm empathisch daherkommt, viele unterschiedliche Sichtweisen zulässt und keine Figur für ihr Verhalten verurteilt. Auch das ist großes, ausgewogenes Kino auf hohem intellektuellen Niveau.

Darüber hinaus werden in "Drive My Car" - wie in "Parasite" - noch mehrere tiefergehende Ebenen eingebaut. Das und die eloquenten Dialoge haben zur Folge, dass man ein fesselndes Drama vorgesetzt bekommt, das sich auch nach mehrmaligem Anschauen nicht abnutzt. Stattdessen lassen sich immer neue Details entdecken, die das Seherlebnis verändern.

Es ist erstaunlich, wie durchdacht dieser Festivalhit bis in die kleinsten Nuancen ist. Dadurch spürt man, wie hoch der künstlerische Anspruch der Macher an ihr Werk war und wie viel Herzblut sie hier reingesteckt haben, um einen flüssigen sowie hintergründigen Ablauf zu garantieren. Das gelingt und ihre Liebe zu den Charakteren sowie der Geschichte überträgt sich auch auf die Zuschauer.

Daran haben die feinen zwischenmenschlichen Töne und die vielen universellen Themen entscheidenden Anteil. Es geht um Sex, Liebe, Begehren, Beziehungen, Freundschaft, Verlust, Trauerverarbeitung, Schuld, die Bedeutung des eigenen Lebens und vieles mehr. All diese Aspekte webt Hamaguchi geschickt in seine Handlung ein.

Ein Blick hinter die Drehkulissen von "Drive My Car".
Ein Blick hinter die Drehkulissen von "Drive My Car".  © PR/kinofreund eG 2021

"Drive My Car" ist minutiös durchgeplant und dennoch erfrischend authentisch aus dem Leben gegriffen

Janice Chang (Sonia Yuan, 31, l.) und Lee Yoon-a (Park Yoo-rim, 28) spielen in Yusukes (Hidetoshi Nishijima, 50, r.) Bühnenstück mit.
Janice Chang (Sonia Yuan, 31, l.) und Lee Yoon-a (Park Yoo-rim, 28) spielen in Yusukes (Hidetoshi Nishijima, 50, r.) Bühnenstück mit.  © PR/kinofreund eG 2021

Dabei hat sein Werk durchaus typisch asiatische und japanische Wesenszüge, was besonders für die emotionale Ebene gilt, wo die Protagonisten und Protagonistinnen allesamt freundlich, höflich, respektvoll und beherrscht sind, doch unter dieser beherrschten Oberfläche brodelt es mitunter erkennbar.

Genau hier gelingt es Hamaguchi und seiner Crew, einen universell verständlichen Film zu drehen. Denn im Vertrauen gehen die Figuren offen und ehrlich miteinander um, gestehen etwa tief sitzende Trauer ein, was für Nähe sorgt. Dazu trägt auch die angenehm subtile Inszenierung bei.

Dadurch wirkt es so, als ließe sich das Drama treiben und sei aus dem Leben gegriffen, obwohl es eigentlich von der ersten bis zur letzten Sekunde minutiös durchgeplant ist. Auch das ist allerhöchste Kinokunst.

Hinzukommen überragende schauspielerische Leistungen des gesamten Ensembles, eine prächtige Kameraführung, die in Verbindung mit den abwechslungsreichen Locations reihenweise Bilder voll poetischer Schönheit kreiert und dafür sogt, dass man auch visuell verzaubert wird.

Auch die vielen überraschenden und klug platzierten Wendungen sind Stärken, die dafür sorgen, dass sich die Dynamik verändert und die Spannungskurve hochgehalten wird. All das hat zur Folge, dass man bei der Stange gehalten wird und sich noch lange nach Abspannende seine Gedanken über dieses Ausnahmewerk macht.

Misaki Watari (Toko Miura, 25, r.) hat im weiteren Verlauf als Chauffeurin von Yusuke (Hidetoshi Nishijima, 50) in Hiroshima eine tragende Rolle inne.
Misaki Watari (Toko Miura, 25, r.) hat im weiteren Verlauf als Chauffeurin von Yusuke (Hidetoshi Nishijima, 50) in Hiroshima eine tragende Rolle inne.  © PR/kinofreund eG 2021

Zusammengenommen gehört "Drive My Car" in einem sehr starken Filmjahr zu den großen Meisterwerken und dürfte trotz seiner anspruchsvollen Art nicht nur Cineasten oder Intellektuelle ansprechen. Aufgrund der zwischenmenschlichen Feinheiten ist das Drama universell verständlich und begeistert vollauf. Unbedingt anschauen!

Titelfoto: PR/kinofreund eG 2021

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