"Die Zeit, die wir teilen": Junge Frau verliebt sich in Taschendieb, es folgt leidenschaftlicher Sex!
Deutschland - Bewegendes Drama! "Die Zeit, die wir teilen" läuft am 31. August in den deutschen Kinos an und überzeugt als emotional fesselnder Film mit Tiefgang. Die TAG24-Kritik.
Die Pariser Verlegerin Joan Verra (Isabelle Huppert, 69) fährt nachts Auto und erzählt von ihrem Leben. Ihr Vorname klingt auf Französisch wie der eines Mannes. In der Heimat ihres Vaters, Irland, ist Joan allerdings ein häufiger Frauenname.
Sie verdeutlicht, wie sehr es sie nervt, wenn Leute ihn wie "John" aussprechen. Verra ist Anfang der 1960er-Jahre geboren worden, ihre Eltern lernten sich am 11. Mai 1960 in Saint-Nazaire kennen. Ihre Mutter Madeleine (Florence Loiret-Caille, 47) war ziemlich frei sowie leidenschaftlich, ihr Vater James (Fabrice Scott) verließ Irland, als er volljährig war, und arbeitete in Frankreich auf den Werften.
Die junge Joan (Freya Mavor, 28) verdingte sich in Frankreich als Au-pair-Mädchen und beobachtete auf einem Bahnhof den charismatischen Taschendieb Doug (Eanna Hardwicke, 34). Er bemerkte sie - auch, dass Joan ihn nicht verpetzte.
Doug flirtete intensiv mit ihr und schenkte ihr Perlen - die er von einer alten Dame vor Joans Augen gestohlen hatte. Das gefiel ihr zwar ganz und gar nicht, doch dem Charme des Mannes sowie seinem breiten Lächeln konnte sie nicht widerstehen und ging mit ihm abends in eine Bar, später folgten leidenschaftliche Küsse und heißer Sex. Jahrzehnte später trifft Joan Doug (Stanley Townsend, 60) wieder, was viele (fast) vergessene Erinnerungen aufwühlt, denn die beiden sind längst nicht mehr zusammen.
Deshalb beschließt sie, sich in ihr Landhaus zurückzuziehen, ist beruflich aber wegen der Buchvorstellung des exzentrischen Autors Tim Ardenne (Lars Eidinger, 46) eingespannt, der in sie verliebt ist. Bald schaut auch ihr Sohn Nathan (Swann Arlaud, 40) vorbei und stellt ihr komplizierte Fragen zu ihrer gemeinsamen Vergangenheit ...
Deutscher Trailer zu "Die Zeit, die wir teilen" mit Isabelle Huppert, Lars Eidinger und Freya Mavor
Originaltrailer zu "A propos de Joan" mit Isabelle Huppert, Lars Eidinger und Freya Mavor
"Die Zeit, die wir teilen" ist ein bewegendes und emotional mitreißendes Kino-Drama geworden
Diese Story hat Laurent Lariviere (50, "Je suis un soldat") hervorragend umgesetzt. Dem französischen Regisseur und Drehbuchautor ist ein hintergründiges Drama gelungen, das durch seine feinfühlige und zutiefst menschliche Machart von Beginn an emotional packt.
Dies führt dazu, dass man sich stark mit den präzise ausgeschriebenen sowie inszenierten Charakteren identifizieren kann. Denn sie alle haben ihre Eigen- und Besonderheiten, sind auch wegen ihrer Schwächen sympathisch, weshalb man ihnen gerne beim Philosophieren über das Leben, dessen Schönheiten, aber auch Schattenseiten zuhört und -schaut.
Gerade das Skript von Lariviere und Francois Decodts ist ein entscheidender Grund für das hohe Niveau des Werkes, weil es mit Wortwitz, authentischen Dialogen, einer sehr guten Dramaturgie sowie Beobachtungsgabe daherkommt und mit diesen Eigenschaften für Glaubwürdigkeit sorgt.
Das wiederum hat zur Folge, dass einem der Film und seine Figuren nahegehen, man mit Joans aufregender Geschichte mitfiebert und ihre mitunter schwierig zu treffenden und teilweise auch falschen Entscheidungen nachvollziehen kann. Immerhin werden hier viele existenzielle Fragen gestellt und auf unterschiedliche Weise beantwortet.
Isabelle Huppert und Lars Eidinger zeigen starke Leistungen, auch Freya Mavor überzeugt
An der hohen Qualität haben die Schauspielenden einen Löwenanteil. Huppert ("Eine Frau mit berauschenden Talenten", "Elle", "Alles was kommt") und Eidinger ("Nahschuss", "Persischstunden", "High Life") harmonieren prächtig, was nicht verwundert.
Schließlich hat der deutsche Darsteller aus seiner Bewunderung für die französische Grande Dame nie einen Hehl gemacht. Das kommt dem Film zugute, denn wie sich diese beiden Ausnahmekünstler die Bälle zuspielen und sich gegenseitig großartige Szenen gönnen, ist klasse und hebt das Drama auf ein herausragendes Level.
Zudem spielt sich als junge Joan Mavor ("Trautmann") mit Charme, Humor und Blick für die Details in den Vordergrund. Wenig verwunderlich, dass Larivieres Werk, das auf der diesjährigen Berlinale seine Weltpremiere feierte, bei vielen Cineasten und Kritikern bzw. Kritikerinnen sehr gut angekommen und mehr als nur ein Geheimtipp ist.
Dazu tragen auch die angenehm ruhige Kameraführung, durch die man immer den Überblick behält, die abwechslungsreichen Locations, der fesselnde Schnitt, die aufwendigen Kostüme, das ausgewogene Erzähltempo und besonders die universellen Themen um Liebe, Familie, Freundschaften, Zwischenmenschlichkeit, Verzweiflung, Trauerbewältigung und Reue bei.
Zusammengenommen ist "Die Zeit, die wir teilen" ein großartiges Drama, das lebensweise daherkommt, deshalb zum Nachdenken anregt, mitreißt und auch dank Huppert und Eidinger noch lange im Gedächtnis bleibt. Sehenswert!
Titelfoto: PR/Camino Filmverleih GmbH