"Die Welt wird eine andere sein": Wenn sich der eigene Ehemann als Terrorist entpuppt

Deutschland - Terrorismus-Drama mit ungewohnter Perspektive. In "Die Welt wird eine andere sein", der am 12. August in den deutschen Kinos anläuft, zeigt Regisseurin Anne Zohra Berrached eine bewegende Liebesgeschichte im Spannungsfeld zwischen westlichem Lebensstil und muslimischer Kultur.

Asli (Canan Kir) und Saeed (Roger Azar) führen fünf Jahre lang eine turbulente Liebesbeziehung.
Asli (Canan Kir) und Saeed (Roger Azar) führen fünf Jahre lang eine turbulente Liebesbeziehung.  © Neue Visionen Filmverleih

Mitte der 90er trifft die junge Deutsch-Türkin Asli (Canan Kir, 34, "Ein Geschenk der Götter") zum ersten Mal auf Saeed (Roger Azar, 29, "Harvest"). Sofort fühlt sie sich zu dem Studenten, der gerade erst aus dem Libanon nach Norddeutschland gekommen ist, hingezogen.

Beim Flaschendrehen auf einer Wohnheimparty kommt es zum ersten Kuss. Fortan führen beide eine Beziehung - jedoch nicht ohne Widerstand.

Obwohl Asli die Verbindung zunächst vor ihrer Mutter geheim hält, kommt diese dahinter und appelliert an ihre Tochter, sich nicht weiter mit dem "Araber" Saeed zu treffen.

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Doch die junge Akademikerin hat ihren eigenen Kopf und hört auf ihr Herz. In einer Hamburger Moschee heiraten die beiden heimlich und versprechen einander, immer zusammenzubleiben und die Geheimnisse des anderen für sich zu bewahren.

Während Asli versucht, sich von ihrem traditionellen Elternhaus zu lösen und ihren eigenen Weg zu gehen, verschwindet Saeed von heute auf morgen ohne ein Wort.

Asli ist geschockt, setzt alle Hebel in Bewegung, um ihn wiederzufinden. Schließlich fliegt sie nach Beirut zu seiner Familie. Bald muss sie erkennen, dass sich ihr Mann nicht nur verändert, sondern auch zunehmend radikalisiert hat ...

Deutscher Trailer zu "Die Welt wird eine andere sein" von Anne Zohra Berrached mit Canan Kir

"Die Welt wird eine andere sein" zeigt das Auf und Ab einer toxischen Beziehung

Asli (Canan Kir) ist zunächst hin- und hergerissen zwischen ihren türkischen Wurzeln und dem westlichen Lebensstil.
Asli (Canan Kir) ist zunächst hin- und hergerissen zwischen ihren türkischen Wurzeln und dem westlichen Lebensstil.  © Neue Visionen Filmverleih

Für "Die Welt wird eine andere sein" hat sich Regisseurin Anne Zohra Berrached (39, "24 Wochen") zwar von der Biografie des Terroristen Ziad Jarrah inspirieren lassen.

Erzählt wird das Drama allerdings durch die Augen von Hauptfigur Asli, die Mitte der 90er versucht, als selbstbestimmte moderne Frau zu leben und gleichzeitig den traditionell-konservativen Wertvorstellungen ihrer türkischen Mutter gerecht zu werden.

Obwohl sie diese Zerreißprobe irgendwie meistert, ihre Schüchternheit nach und nach ablegt und an Selbstbewusstsein gewinnt, ist es gerade die Beziehung zu Saeed, in der Asli in alte Rollenmuster zurückfällt.

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Über Gefühle oder gar Probleme wird in der Partnerschaft nicht gesprochen. Sie dudelt die Geheimniskrämerei ihres Mannes, wartet ab und nimmt vieles kommentarlos hin. So entsteht nicht nur ein Abhängigkeitsgefüge zwischen den beiden, dass mit der geschlossenen Ehe nur noch stärker wächst.

Am Ende werden sowohl Asli als auch das Publikum vor die Frage gestellt, ob sie Saeeds islamistische Radikalisierung nicht hätte verhindern können.

Canan Kir, die den Film in der zweiten Hälfte fast gänzlich alleine trägt, spielt die Rolle der jungen Deutsch-Türkin gefangen zwischen Ohnmacht und Hoffnung, dass doch alles am Ende gut ausgeht, äußerst eindringlich. Immer wieder projiziert Berrached ihr Gesicht in Großaufnahme auf die Leinwand, sodass ihre innere Zerrissenheit zwischen verzweifelten Blicken und passivem Starren deutlich spürbar wird.

"Die Welt wird eine andere sein" legt das Augenmerk auf seine Charaktere

Für Asli (Canan Kir) und Saaed (Roger Azar) ist es die große Liebe.
Für Asli (Canan Kir) und Saaed (Roger Azar) ist es die große Liebe.  © Neue Visionen Filmverleih

Saaeds Wandel bleibt dagegen weitestgehend unerklärt, vollzieht sich im Off. Nur ab und an wird angedeutet, dass er sich in seiner neuen Heimat nicht so recht einleben kann ("Die Deutschen lachen nie").

Schnell kann so der Eindruck entstehen, "Die Welt wird eine andere sein" gibt das Klischeebild eines nach außen hin harmlos wirkenden Muslimen wider, der sich im Geheimen radikalisiert, um am Ende zuzuschlagen.

Doch Berrached versteift sich nicht auf die politische Dimension ihres Stoffes, blendet diese bis zum tragischen Ende ihres Werkes sogar weitestgehend aus. Sie und Stefanie Misrahi ("Back for Good), die beide für das Drehbuch verantwortlich sind, ist mehr an den inneren Beziehungen ihrer Charaktere gelegen.

So skizzieren sie die fünfjährige Partnerschaft von Saaed und Asli in mehreren Zeitsprüngen und mit viel Feingefühl - vom Kennenlernen, zarten Annäherungsversuchen, dem ersten Sex bis hin zum Ehegelübde und den wachsenden Problemen.

Die Bilder von Kameramann Christopher Aoun (32, "The Man Who Sold His Skin") wechseln dabei von launigen Großstadtkulissen hin zu idyllischen Szenen an Nordseestränden. Währen die Liebe am Anfang noch leicht und unbeschwert in Pastelltönen gezeichnet wird, endet das Drama mit dunklen und rastlosen Aufnahmen.

In "Die Welt wird eine andere sein" stellt sich Regisseurin Anne Zohra Berrached der schwierigen Aufgabe, eine Liebesgeschichte zwischen zwei Kulturen zu erzählen und gleichzeitig das heikle Thema Terrorismus aufzugreifen. Dank der hervorragenden Darstellerin Canan Kir, stimmungsvollen Bildern und der weiblichen Perspektive, die die Geschichte einnimmt, ist ihr damit ein gleichermaßen aufwühlender wie eindrucksvoller Film gelungen.

Titelfoto: Neue Visionen Filmverleih

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