"Die Rüden" führt aggressive Hunde und Straftäter in krassem Experiment zusammen!
Deutschland - Brisante Idee! Im deutschen Drama "Die Rüden", das am 20. August in den deutschen Kinos anläuft, führt ein krasses Sozialexperiment aggressive Hunde und verurteilte Gewalttäter zusammen.
Den Anstoß für diesen riskanten Versuch gibt die Hundetrainerin Lu Feuerbach (Nadin Matthews), die ihren Vorschlag den beiden Gefängnistherapeuten (Sabine Winterfeldt und Robert Mehl) unterbreitet.
Die nehmen ihn dankend an, was auch daran liegt, dass sie mit den Gewalttätern überfordert sind. Sie überwachen das Vorgehen aber aus sicherer Entfernung von ihrem "Turm" aus.
Denn Lu und die vier Insassen Volker Brandt (Konstantin-Philippe Benedikt), Alihan Jabir (Ibrahim Al-Khalil), Adam Najar (Ali Khalil) und Lukas Wachowiak (Marcel Andrée), die allesamt eine bewegte Vorgeschichte haben, kommen in einer imposanten Arena zusammen, in der sie einander kennenlernen.
Anschließend werden drei schwierige Hunde mit Maulkörben hineingeführt. Der zweijährige Pitbull Diego wurde wegen wiederholter schwerer Bissattacken beschlagnahmt. Der achtjährige bulgarische Straßenhund Georgie konnte fünf Mal vermittelt werden, biss in dieser Zeit aber gleich 26 Mal zu.
Auch der vierjährige deutsche Schäferhund Face, der militärisch ausgebildet wurde, hat zwei Pfleger mit "Beschädigungsabsicht" schwer verletzt. Die sieben gänzlich unterschiedlichen Lebewesen sollen sich - angeleitet von Lu - nach und nach aufeinander einlassen. Dabei kommt es allerdings zu einigen brenzligen und erhitzten Situationen.
Erster Trailer zu "Die Rüden"
"Die Rüden" widmet sich den gequälten Seelen von Menschen und Tieren
Diese Geschichte hat Connie Walther ("Schattenwelt") hervorragend umgesetzt. Ihr ist ein mitreißender Experimentalfilm gelungen, der universelle Themen behandelt und sich gequälten Seelen widmet.
Denn die Häftlinge sind nicht böse geboren worden. Sie sind zweifelsohne Täter, aber zugleich auch Opfer ihrer Erziehung und der Gesellschaft, was in authentischen Dialogzeilen deutlich wird. Adam fühlt sich beispielsweise in seinem Körper und Geist seit jeher gefangen und kann nicht ausbrechen.
Volker ist gewalttätig, aber zugleich ein kluger Planer, was ihn sehr gefährlich macht. Lu ist das aber völlig egal. Sie tritt den vier jungen Männern unvoreingenommen, dazu ohne auch nur den Hauch von Angst entgegen und fragt gar nicht erst nach ihrer Vorgeschichte, sondern behandelt sie einfach als menschliche Wesen.
Damit kommt sie bei ihnen gut an und gewinnt ihr Vertrauen. Denn ihre gezielten Fragen bringen die Straftäter dazu, über sich selbst und ihre eigenen Handlungen nachzudenken.
Dabei reagieren sie allerdings auch immer wieder in festgefahrenen und über Jahre antrainierten Wut-Mustern. Das bringt die erfahrene Lu jedoch überhaupt nicht aus der Fassung. Sie spricht auch weiterhin ruhig und geduldig mit ihnen, aber auch den Hunden, die durch ihre Maulkörbe immer wieder zu schnappen versuchen.
Zweiter Trailer zu "Die Rüden"
Nadin Matthews und die anderen Schauspieler erden "Die Rüden" und sorgen für Authentizität
All das inszeniert Walther nicht nur glaubwürdig, sondern auch faszinierend. Dazu zeigt sie die Parallelen zwischen Mensch und Hund gelungen auf. Damit verdeutlicht sie, wie ähnlich sich Mensch und Tier in vielerlei Hinsicht sind.
Das zu erkennen ist eine der Schlüsselaufgaben für die Protagonisten, die glücklicherweise viel Raum zur Entfaltung bekommen. Walther hat für die Rollen nämlich ehemalige Häftlinge ausgesucht, die in der Realität lange Gefängnisstrafen verbüßt haben.
Sie müssen also bis auf kleinere Abweichungen "nur" sich selbst spielen. Das gelingt ihnen allen auf beeindruckende Art und Weise. Die vier füllen ihre Parts mit ihren eigenen Erfahrungen aus und geben ihren Figuren damit eine eigene Identität mit auf den Weg, was einen erdenden Effekt für das Drama hat.
Außerdem führt dies dazu, dass man schnell zwischen den einzelnen Protagonisten und ihren jeweils eigenen Ansichten unterscheiden kann.
Großartig agiert auch Matthews, die ihrem Charakter alleine schon durch ihr auffälliges Äußeres, das auf eine bewegte Vorgeschichte hindeutet, viel Hintergrund verleiht. Sie ist auch im wahren Leben Hunde- und Anti-Aggressions-Trainerin, weshalb sie wohl ebenfalls nur eine erweiterte Version ihrer selbst verkörpert.
Anti-Aggressions- und Hundetrainerin Nadin Matthews im Interview
"Die Rüden" ist ein faszinierendes Drama mit einem außergewöhnlichen Stil geworden
Das Casting hat daher einen entscheidenden und in diesem Fall sehr guten Einfluss auf das Drama. Dass Experimentalfilme ganz schnell in den pseudo-intelligenten Bereich abdriften können, bewies vor kurzem erst "Siberia".
Dass dies hier nicht so ist, spricht auch für das kluge Drehbuch, durch das viele Themen fließend in die Handlung eingearbeitet werden können. Es geht unter anderem darum, zu reflektieren, sich von Wut und Aggression nicht beherrschen zu lassen, sondern sich weiterzuentwickeln.
Dazu müssen die Charaktere lernen, sich nicht in Selbstmitleid zu suhlen und die Schuld für ihre Lage anderen in die Schuhe zu schieben. Es geht also auch um Selbsterkenntnis, Weiterentwicklung und den Willen, etwas in seinem Leben zum Positiven zu verändern. Die Figuren auf diese Reise voller Rückschläge zu begleiten, ist eine cineastische Freude.
Denn dank des fesselnden und durchdachten Schnitts fiebert man die ganzen 105 Minuten mit, was auch daran liegt, dass "Die Rüden" anders ist -und zwar im positiven Sinne. Gerade die eigenwillige und zugleich exzellente Charakterdarstellung sowie -entwicklung ist hier zu nennen, weil sie die größte Stärke des Dramas ist.
Auch aufgrund der dynamischen Kameraführung, der beeindruckenden Locations und der überragenden Kostüme ist "Die Rüden" ein sehenswerter Film geworden, der zu den bislang besten deutschen Vertretern des Jahres zählt.
Titelfoto: PR/Tom Trambow