DDR-Todesdrama "Nahschuss" und der grausame Psycho-Terror der Stasi!
Deutschland - Heftig! Das herausragende deutsche Drama "Nahschuss" startet am 12. August in den hiesigen Kinos und behandelt ein dunkles Stück der DDR-Geschichte: das letzte vollstreckte Todesurteil. Die TAG24-Filmkritik.
Diese abstoßende Strafe wurde gegen Dr. Werner Teske vollstreckt, weshalb das Werk passenderweise auch auf seinem Leben beruht.
Im Mittelpunkt steht Franz Walter (Lars Eidinger, 45), der von der Staatssicherheit angeworben wird. Dirk Hartmann (Devid Striesow, 54) setzt ihn zuerst in der Hauptverwaltung Aufklärung ein, wo er seinen Beitrag dazu leisten soll, den Frieden im Land zu garantieren.
Er sowie seine Freundin und spätere Frau Corina (Luise Heyer, 36) bekommen eine schöne Wohnung gestellt und freuen sich über ihr Glück. So macht sich Franz naiv und euphorisch an die Arbeit.
Walter wird sogar im Sektor Fußball eingesetzt, weil er selbst beim 1. FC Union Berlin aktiv war, allerdings nie über den Amateurstatus hinauskam. Doch er liebt diese Sportart, kennt sich bestens aus und hat sogar mit Horst Langfeld (Leon Hoge, 29) zusammengespielt.
Als der aus der DDR flüchtet und beim HSV anheuert, reisen Franz und sein Vorgesetzter Hartmann nach Hamburg, um mehr über dessen Leben im Westen in Erfahrung zu haben. Sie sprechen mit Panther (Peter Lohmeyer, 59) und bekommen von dem wichtige Informationen, die anschließend gegen Langfeld verwendet werden.
Als Walter diese rigorosen Methoden der Stasi mitbekommt, ist er zutiefst schockiert. Schließlich zerstören sie wissentlich und mit grausamen Methoden Menschenleben. Franz will aussteigen und fliehen. Aber wie soll ihm das gegen diesen übermächtigen Überwachungsapparat gelingen?
Trailer zu "Nahschuss" mit Lars Eidinger, Luise Heyer und Devid Striesow
Lars Eidinger begeistert in "Nahschuss", auch Luise Heyer und Devid Striesow mit starken Darbietungen
Diese bewegende Story hat Franziska Stünkel (48, "Vineta") erstklassig umgesetzt. Der Regisseurin aus Göttingen ist ein intensiver Film gelungen, der anhand des Schicksals eines Mannes die erdrückende Staatsmacht aufzeigt. Denn die DDR kontrollierte die eigenen Bürger bekanntlich nach Strich und Faden. Tanzten sie aus der Reihe, hatte das mitunter schreckliche Folgen.
Die Macher schaffen es auf beeindruckende Weise, die Stimmung mit der Zeit zu verändern. Zu Beginn ist sie noch gelöst, fast schon heiter, doch mit der Zeit wird sie immer erdrückender, was perfekt zur Entwicklung der Handlung passt.
Durch die exzellente Charakterdarstellung und -entwicklung gelingt es Stünkel und ihrer Crew zudem, dem Publikum emotionalen Zugang und dadurch ein großes Kinoerlebnis zu ermöglichen. Das hängt unter anderem mit den exzellenten schauspielerischen Leistungen zusammen.
Eidinger ("Persischstunden", "Schwesterlein", "High Life") zeigt eine der besten Darbietungen seiner Karriere. Er meistert seine schwierige und sehr facettenreiche Rolle nicht nur, sondern geht in ihr auf, weil er all die verschiedenen Emotionen seiner Figur nuanciert darstellt. In seinem Gesicht lässt sich ganz genau ablesen, wie es seinem Protagonisten gerade geht und was er durchmacht. Ob entsetzte Heulkrämpfe oder Szenen, in denen er mühsam vor Hartmann die Fassung wahrt: Eidinger liefert durchgehend richtig ab!
An seiner Seite überzeugen auch Heyer ("Kopfplatzen", "Der Junge muss an die frische Luft", "Die Reste meines Lebens") mit einer vielschichtigen und wichtigen Performance sowie Striesow ("Ich bin dann mal weg", "Die Fälscher", "Napola - Elite für den Führer"), der die Fassade seines Charakters in eindringlichen Sequenzen zum Bröckeln bringt.
"Nahschuss" ist ein sehenswerter, spannender und wichtiger deutscher Film geworden
Dank der Darsteller fiebert man in diesem Drama, das phasenweise Elemente eines Thrillers und Kammerspiels hat, durchgehend mit. Schließlich ist durch den Titel und die Beschreibung klar, worauf es hinausläuft. Doch der Weg dorthin und wie Stünkel ihn aufbereitet, ist ein echtes Erlebnis, obwohl der Schnitt und das Drehbuch kleinere Schwächen haben.
Einige Entwicklungen werden nämlich etwas zu schnell vorangetrieben, hier wären ein paar Hintergründe mehr wünschenswert gewesen. Davon abgesehen ist "Nahschuss" ein tiefschürfendes Werk geworden, in dem detailliert und zutiefst nahbar gezeigt wird, mit welch brutalem Psycho-Terror Menschen und ihre Existenz vollauf zerstört wurden.
Stasi-Leute fanden die jeweiligen Schwächen ihrer Ziele heraus und setzen sie mit perfiden Methoden gegen den jeweiligen "Feind" ein. Stünkel fängt all das mit zeitversetzenden und teilweise prachtvollen Kostümen, authentischen Locations, stimmiger Musikuntermalung, aufwendiger Ausstattung und einer starken Kameraführung ein.
Deshalb ist "Nahschuss" ein sehenswertes deutsches Drama geworden, das seine vielfältigen Themen erfrischend umsetzt, intensiv sowie spannend daherkommt und eine wichtige Geschichte hervorragend inszeniert. Dazu wartet der Film mit großartigen schauspielerischen Leistungen auf, durch die auch kleinere Schnitt- und Drehbuchschwächen nur am Rande auffallen. Lohnt sich!
Titelfoto: PR/Alamode Film