"Dark Glasses - Blinde Angst": Prostituierte wird von mörderischem Hundezüchter verfolgt!

Deutschland - Schauriges Spätwerk eines Altmeisters? Neun Jahre nach seiner letzten Regiearbeit ist Dario Argento (81) wieder zurück auf der großen Leinwand. Doch kann sein neuester Streich "Dark Glasses - Blinde Angst", der am 16. Juni in den deutschen Kinos anläuft, überzeugen? Die TAG24-Filmkritik.

Diana (Ilenia Pastorelli, 36, l.) bekommt nach dem tragischen Verlust ihrer Sehkraft Unterstützung von der Blindenhelferin Rita (Asia Argento, 46).
Diana (Ilenia Pastorelli, 36, l.) bekommt nach dem tragischen Verlust ihrer Sehkraft Unterstützung von der Blindenhelferin Rita (Asia Argento, 46).  © PR / Pierrot Le Fou

Diana (Ilenia Pastorelli, 36) ist eine Edel-Prostituierte, die in ihrer eigenen Wohnung lebt und sich sogar eine Haushälterin leisten kann.

Sie weiß genau, wie sie ihre Kunden glücklich machen kann, achtet dabei jedoch darauf, dass gewisse Grenzen nicht überschritten werden - und sollte ihr doch einmal ein Freier zu aufdringlich werden, hat sie sofort ihr Pfefferspray griffbereit.

Eines Tages ändert sich jedoch alles für die junge Frau. Diana trifft sich zu Hause mit einem Mann (Andrea Gherpelli, 47), der gerade von seiner Arbeit als Hundezüchter kommt und daher unangenehm riecht. Statt Sex bekommt er eine Dusche verordnet, was ihn sehr verärgert.

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Wenige Tage später will die Dirne von der Arbeit nach Hause fahren, wird jedoch von einem weißen Lieferwagen verfolgt. Am Steuer sitzt der verschmähte Freier. Diana gerät in Panik und kracht mit voller Wucht gegen ein anderes Auto.

Am nächsten Tag erwacht sie im Krankenhaus. Der heftige Unfall hat einen Genickschlag verursacht, was wiederum eine Blutung im Sehzentrum ausgelöst hat. Diana ist von einem Tag auf den anderen blind - und der Killer ist ihr noch immer dicht auf den Fersen!

Deutscher Trailer zu "Dark Glasses - Blinde Angst" mit Ilenia Pastorelli und Asia Argento

"Dark Glasses" enttäuscht bei der Handlung und setzt auf einen beliebigen, dumpfen Sound

Matteo (Andrea Gherpelli, 47) wird von Diana abgelehnt und entwickelt sich so zum frauenfeindlichen Psycho-Killer.
Matteo (Andrea Gherpelli, 47) wird von Diana abgelehnt und entwickelt sich so zum frauenfeindlichen Psycho-Killer.  © PR / Pierrot Le Fou

Wer schon einmal von Dario Argento gehört hat, dürfte auch den Begriff "Giallo" kennen. Damit ist ein spezifisch italienisches Subgenre des Thrillers gemeint.

In den 70er- und 80er-Jahren inszenierte der Regisseur mehrere erfolgreiche Filme solcher Art wie "Suspiria", "Tenebrae" und "Terror in der Oper", die heute allesamt Kultstatus genießen.

"Dark Glasses - Blinde Angst" (Originaltitel: "Occhiali Neri") muss sich zwangsläufig mit diesen früheren Meisterwerken messen lassen - und tut sich damit reichlich schwer.

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Argento hat sein filmisches Comeback erstaunlich unauffällig inszeniert. Kamen in früheren Giallos noch einfallsreiche Sets, extravagante Farbfilter und originelle Spannungskurven zum Einsatz, wirkt "Dark Glasses" oftmals trocken und uninspiriert.

Anders, als der Trailer vermuten lässt, fehlt dem Thriller- und Horrorfilm zudem ein eingängiger Score. Es scheint, als habe man auf eine passende Sounduntermalung nicht allzu großen Wert gelegt.

Doch wie sieht es im Vergleich dazu mit den schauspielerischen Leistungen aus?

Italienischer Original-Trailer zu "Dark Glasses" ("Occhiali Neri")

Ilenia Pastorelli kann der Protagonistin von "Dark Glasses" keine Glaubwürdigkeit verleihen

Ilenia Pastorelli wirkt in ihrer Rolle der Edel-Nutte Diana seltsam unnahbar und unaufgeregt, obwohl diese von einem Mörder verfolgt wird.
Ilenia Pastorelli wirkt in ihrer Rolle der Edel-Nutte Diana seltsam unnahbar und unaufgeregt, obwohl diese von einem Mörder verfolgt wird.  © PR / Pierrot Le Fou

Diana ist trotz ihres Berufs eine bodenständige Frau. Die Begegnungen mit ihren zahlenden Kunden sind weder ausgefallen noch spannend, sondern bleiben weitestgehend banal.

Als die Sexarbeiterin erblindet, löst das beim Publikum zwar einen Funken Mitleid aus, doch Diana nimmt ihr Schicksal relativ gelassen und unaufgeregt hin.

Ilenia Pastorelli hat es leider versäumt, ihrer Hauptfigur Sympathie und Ausstrahlung zu verleihen. Das Gleiche gilt für den siebenjährigen Jungen Chin (Xinyu Zhang), dessen Eltern bei dem Autounfall starben und der von Diana aus Schuldgefühl in ihre Obhut genommen wird.

Beide müssen im Handlungsverlauf immer wieder vor dem gefährlichen Hundezüchter fliehen, wirken dabei aber so unberührt und emotionslos, dass man sich als Betrachter ein schnelles Ende der albernen Farce herbeisehnt.

Einzig Asia Argento (46), die Tochter des Regisseurs, bemüht sich sichtlich, ihrer Nebenfigur etwas Glaubwürdigkeit zu verleihen. Die erfahrene Schauspielerin verkörpert die Blindenhelferin Rita, die Diana in ihrer neuen Lebenslage zur Seite steht und sich dabei fast schon zu ihrer neuen besten Freundin entwickelt.

"Dark Glasses" kann nicht mitreißen und wirkt unterm Strich fad, belanglos und unambitioniert

Der italienische Regisseur Dario Argento (81) gehört zu den prägenden Schöpfern des Giallo. Mit "Dark Glasses" hat er jedoch eine Bruchlandung hingelegt.
Der italienische Regisseur Dario Argento (81) gehört zu den prägenden Schöpfern des Giallo. Mit "Dark Glasses" hat er jedoch eine Bruchlandung hingelegt.  © Urs Flueeler/KEYSTONE/dpa

Die wenigen Action- und Tötungsszenen, die der Film zu bieten hat, wurden durchaus souverän und effizient umgesetzt. Das hohe Aufkommen von Blut und Gore erinnert dabei an die aggressive physische Realität, die schon früheren Giallo-Filmen innewohnte. Auch die stimmige Auftaktsequenz, in der Diana eine Sonnenfinsternis beobachtet, macht zunächst Lust auf mehr.

"Dark Glasses" kann in seinen besten Momenten ansatzweise an die alten Klassiker anknüpfen. Besagte Szenen sind allerdings so rar gesät, dass die einfallslose Handlung, die furchtbar dröge Machart und die größtenteils schlechten Leistungen der Darsteller klar überwiegen.

Der Thriller lässt einen erschüttert darüber zurück, wie ein erfahrener Regisseur wie Dario Argento ein solch biederes Werk auf den Markt werfen konnte. Wer hier auf ein glanzvolles Comeback des Altmeisters gehofft hat, wird auf ganzer Linie enttäuscht.

Vielleicht wäre es besser, wenn der Italiener seine Regiearbeit künftig ganz ruhen lassen und sich verstärkt dem Schauspiel widmen würde. Denn in Gaspar Noés (58) Sterbedrama "Vortex" konnte Argento mit seiner Darstellung des Schriftstellers Lui, der sich an seinem Lebensabend befindet, durchaus überzeugen.

Titelfoto: PR / Pierrot Le Fou

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