"A Hero": Gläubiger macht Mann das Leben zur Hölle!
Deutschland - Das Regie-Genie meldet sich mit einem weiteren großen Film zurück! Asghar Farhadis (49, "Nader und Simin – Eine Trennung", "The Salesman", "Offenes Geheimnis") iranischer "Oscar"-Kandidat "A Hero – Die verlorene Ehre des Herrn Soltani" läuft am 31. März in den deutschen Kinos an und gefällt mit einer gesellschaftskritischen Herangehensweise. Die TAG24-Kritik.
Im Mittelpunkt steht Rahim Soltani (Amir Jadidi, 37), der im Gefängnis sitzt, weil er hohe Schulden bei Bahram (Mohsen Tanabandeh, 46) hat. Sein früherer Schwager ist überhaupt nicht gut auf ihn zu sprechen.
Als Soltani Freigang hat, begibt er sich zu Hossein (Alireza Jahandideh). Der Mann seiner Schwester soll ihm helfen, die Sache mit Bahram endlich aus der Welt zu schaffen. Zieht der seine Klage zurück, darf Rahim endlich wieder in Freiheit leben und sich um seinen stotternden Sohn Siavash (Saleh Karimai) und seine neue Liebe Farkhondeh (Sahar Goldoust) kümmern.
Die hat eine Tasche voller Goldmünzen im Wert von rund 75 Millionen Rial gefunden (umgerechnet knapp 1600 Euro). Damit könnte Rahim einen Großteil seiner Schulden begleichen. Trotzdem entscheidet er sich letztlich dagegen, denn er hat Gewissensbisse und lässt per Aushang in einer Bank sogar nach der Besitzerin suchen.
Die holt die Tasche weinend und aufgelöst bei Soltanis Schwester Malileh "Mali" (Maryam Shahdaie) ab, was von der Gefängnisleitung als große Geste aufgenommen und für eine PR-Kampagne genutzt wird. Deshalb gelangt der Fall an die Öffentlichkeit und Rahim ist für die Menschen ein Vorbild und sogar ein Held.
Bis sich Unstimmigkeiten in seiner Geschichte ergeben, die von Bahram und dessen Tochter Nazanin (Sarina Farhadi, 23) noch befeuert werden...
Deutscher Trailer zu "A Hero – Die verlorene Ehre des Herrn Soltani" von Asghar Farhadi
"A Hero – Die verlorene Ehre des Herrn Soltani" ist eine entlarvende Gesellschafts- und Medienstudie
Diese Handlung hat der zweifache "Oscar"-Gewinner erneut erstklassig umgesetzt. Farhadi ist mit "A Hero" ein weiterer gesellschafts- und medienkritischer Film gelungen, der zwar universell verständlich daherkommt, aber gleichzeitig komplex ist, weil er entscheidende Dinge der Deutungshoheit der Zuschauenden überlässt.
Doch gerade das macht "Die verlorene Ehre des Herrn Soltani" so stark, weil er reflektiert und entlarvend aufzeigt, wie normale Menschen von den Medien zu Helden stilisiert, aber auch wieder fallen gelassen werden, sobald es gegenteilige Argumente oder auch nur Gerüchte in diese Richtung gibt.
Farhadi zeigt in seinem hintergründigen, vielschichtigen und ambivalenten Werk auf, was das mit den beteiligten Personen macht und wie viel sie durch so eine unerwartete Gefühlsachterbahn durchleiden müssen. Dabei lassen die Macher unterschiedliche Sichtweisen zu und geben deshalb auch den Nebenfiguren (viel) Raum, um sich zu entwickeln. Das hat zur Folge, dass man auch ihre Motive und Gedankengänge gut nachvollziehen kann, wodurch man sich mit den Protagonisten und Protagonistinnen identifizieren und sich emotional an sie binden kann.
Darüber hinaus gelingt es Farhadi immer wieder, für überraschende Wendungen zu sorgen, die die Spannung und Dynamik seiner Erzählung erhöhen. Deshalb gelingt es ihm, das Publikum trotz einer Laufzeit von 127 Minuten bei der Stange zu halten.
Iranischer Originaltrailer zu "A Hero – Die verlorene Ehre des Herrn Soltani" mit Amir Jadidi
"A Hero – Die verlorene Ehre des Herrn Soltani" ist ein weiteres iranisches Filmjuwel geworden
All das spricht für eine ausgewogene Spannungskurve und eine substanziell wertvolle Geschichte - trotz einer subtilen Machart mit nur wenigen "Ausrastern", die aber zur jeweiligen Situation passen und nicht übertrieben wirken.
So ist "A Hero" nach "Ballade von der weißen Kuh" und "Doch das Böse gibt es nicht" bereits der dritte iranische Ausnahmefilm, der innerhalb von wenigen Monaten den Weg in die deutschen Lichtspielhäuser gefunden hat - glücklicherweise, muss man bei der Qualität der drei Dramen sagen.
Farhadis Werk wurde sogar als "Oscar"-Kandidat auserkoren, schaffte es allerdings nicht unter die Top Five in der Kategorie Bester internationaler Film. Dieser Sprung glückte immerhin bei den Golden Globes, wo man allerdings wenig überraschend das Nachsehen gegenüber dem japanischen Meisterwerk "Drive My Car" hatte.
Wer allerdings eine zum Nachdenken anregende Story, die von einer starken Kameraführung, exotischen Locations, schönen Kostümen, stimmiger Musik und einem gut aufgelegten Ensemble unterstützt wird, sehen will, der sollte sich dieses Drama merken.
Zusammengenommen ist "A Hero – Die verlorene Ehre des Herrn Soltani" ein weiteres Juwel aus der Farhadi-Feder geworden, das mit seiner tiefschürfenden Machart, seiner intelligenten, entlarvend kritischen Geschichte sowie seinem brillanten Drehbuch zu überzeugen weiß und deshalb unbedingt sehenswert ist.
Titelfoto: PR/Neue Visionen Filmverleih