Es begann mit einem "Verpiss dich": "Kneecap" auf der großen Kinoleinwand
Hamburg - Kneecap - zu Deutsch umgangssprachlich Knieschuss - nennt sich das irische Hip-Hop-Trio aus Belfast bestehend aus Mo Chara, Móglaí Bap und DJ Próvaí. Das Besondere: Die Musiker rappen auf Irisch. Wie sie so die vom Aussterben bedrohte Sprache retten könnten, zeigt ab Januar der gleichnamige Film, eine Art Biopic, mit und über die Band von Regisseur Rich Peppiatt.
Kneecap, das sind Mo Chara und Móglaí Bap, zwei irische, ehemals dealende Jungs, die dem Drogenkonsum alles andere als abgeneigt sind, und DJ Próvaí, ein Lehrer.
Eine ungewöhnliche Kombination, die für ein berauschendes Film- wie auch Musik-Erlebnis sorgt. Schnell, bunt, laut und brutal. Die Entstehungsgeschichte der Band, die Peppiatt erzählt, beruht zum großen Teil auf wahren Begebenheiten. Die Hauptrollen übernahmen die Musiker selbst.
TAG24: Warum war es für Dich so wichtig, diesen Film zu machen?
Rich Peppiatt: Ich denke, dass die irische Sprache eine Krise durchgemacht hat wie viele andere indigene Sprachen auch. Sie lag im Sterben, kurz davor, ausgelöscht zu werden. Einen Film zu machen, der einen kulturellen Moment beschreibt, in dem drei sehr unwahrscheinliche Helden zur Wiederbelebung dieser Sprache auftauchen und es schaffen, den ganzen Lauf der Sprache zu ändern, ist etwas, das ich als enorm bedeutsam, wichtig und aufregend empfand, in diesem Moment dabei zu sein.
TAG24: Wie kam die Zusammenarbeit zustande?
Peppiatt: Ich bin Hip-Hop-Fan, hatte gehört, dass Kneecap eine gute Band ist, und bin zu einem Gig gegangen. Der hat mich umgehauen! Und sie waren auf eine Art und Weise politisch, wie es meiner Meinung nach viele andere Musikrichtungen nicht mehr sind. Ich habe mich, aus welchem Grund auch immer, zu ihnen hingezogen gefühlt. Ich wusste nicht, was ich mit ihnen machen wollte, aber ich wollte etwas machen.
Die Rapper spielen sich selbst und das extrem überzeugend
TAG24: Und was haben die drei gesagt, als Du ihnen vorgeschlagen hast, einen Film mit Dir zu machen?
Peppiatt: "Verpiss Dich!"
TAG24: Oje ...
Peppiatt: Sie waren eine Band, die keinen Plattenvertrag, nie ein Album veröffentlicht hatte und in einer Sprache rappt, die niemand wirklich spricht. Das klingt nicht nach Hollywood-Material. Sie waren entsprechend sehr skeptisch.
Es hat eine Weile gedauert, sie davon zu überzeugen, dass genau der Grund, warum es sich wie ein Film anfühlt, der nicht gemacht werden sollte, der Grund ist, den Film zu machen. Weil er so einzigartig ist. Nach einer Weile hatte ich ihnen aber genug Guinness gekauft, um sie zu überzeugen.
TAG24: Mehr als fünf Jahre hat es gedauert, bis die Dreharbeiten überhaupt starten konnten. Warum?
Peppiatt: Die Pandemie mittendrin war nicht hilfreich. Und, ja, es hat einfach sehr lange gedauert, bis wir das Drehbuch da hatten, wo wir es haben wollten. Die ersten sechs Monate waren wie ein einziges langes Interview mit ihnen. Wir wollten sie kennenlernen, ihre Geschichten, wie sie ticken.
Und dann musste ich das Geld auftreiben und so weiter. Einen Film zu machen, braucht eine Menge Zeit.
TAG24: Die Rapper spielen sich selbst und das extrem überzeugend.
Peppiatt: Es ist eine interessante Sache, sich selbst in einem Film zu spielen. Wenn man sein wirkliches Leben, seine Familie und all das verwendet, ist das sehr entblößend. Sie verdienen ein großes Lob für den Mut, den sie gezeigt haben, sich so zu exponieren. Aber ich denke auch, dass die Zuschauer sehen können, wie mutig sie und wie authentisch ihre Darstellungen sind.
Aber es war viel harte Arbeit nötig, um das zu erreichen.
Peppiatt: "Wenn ich Anteile an einer Band kaufen könnte, würde ich sie von Kneecap kaufen"
TAG24: Wenn man "Kneecap" schaut, ohne die Band zu kennen, ist man überrascht, wenn am Ende die Aufnahmen eines echten Gigs gezeigt werden und klar wird: Die Band samt ihrer Geschichte gibt es wirklich. Ein Geniestreich?
Peppiatt: Wir sind einfach davon ausgegangen, dass jeder, der sich den Film anschaut, weiß, wer Kneecap ist. Aber 95 % der Leute, die sich den Film ansehen, haben keine Ahnung. Als wir diese Sequenz am Ende hatten, war das so etwas wie die letzte Wendung im Film, richtig? Aber es war ein Unfall, der mich viel schlauer aussehen lässt, als ich bin.
TAG24: Mit dem Film erschien auch ihr Debütalbum. Am 23. Januar 2025 kommt der Film in die deutschen Kinos. Unbekannte dürften sie spätestens ab dann auch hierzulande nicht mehr sein.
Peppiatt: Ich glaube nicht, dass es jemals eine Band gegeben hat, die so eine Startrampe in die Welt hatte. Innerhalb der nächsten paar Jahre wird jeder wissen, wer Kneecap ist. Wenn ich Anteile an einer Band kaufen könnte, würde ich sie von Kneecap kaufen.
"Kneecap" wurde von Irland als Beitrag für die Oscarverleihung 2025 in der Kategorie "Bester internationaler Film" eingereicht.
Titelfoto: IMAGO / Cover-Images