DEFA: Die Traumfabrik des Ostens feiert Jubiläum
Deutschland - Wenn man sich im Geiste des "Es war ja nicht alles schlecht" über die DDR unterhält, kommt man unweigerlich auch zu den vielen Filmen der DEFA, die an das damalige Lebensgefühl erinnern und heute teilweise noch immer Kult sind.
Weil die volkseigene Traumfabrik ursprünglich für Propaganda konzipiert war, hatten Filmschaffende oft Ärger mit der Zensur oder gar mit Verboten.
Und trotzdem - oder gerade deshalb - entstanden wertvolle Leinwand-Perlen, die den internationalen Vergleich nie scheuen mussten. Am 17. Mai begeht die "Deutsche Film AG" ihren 75. Geburtstag, auch wenn es sie so nicht mehr gibt.
In den ersten Monaten nach dem Kriegsende bekam man in den Kinos der Ostzone vornehmlich eilig synchronisierte Sowjetfilme zu sehen: "Iwan der Schreckliche" von Sergej Eisenstein, das Märchen "Die steinerne Blume" und die Sowjet-Doku "Schlacht um Berlin". Deutschsprachige Filme mussten her.
Nächtelang hatte das von den Sowjets beauftragtes "Film-Aktiv" über den Namen der zu gründenden Filmfabrik gegrübelt.
Lange Zeit war "Aurora" der Favorit - nach Morgenröte und dem Panzerkreuzer. Einigen schien das zu romantisch.
Als man das von einem Schauspieler entworfene Logo "DEFA" sah, einigte man sich schnell. Die Zeit drängte.
Der erste DEFA-Farbfilm war das Märchen "Das kalte Herz"
Am 17. Mai 1946 gab es den offiziellen Festakt zur Gründung.
Der sowjetische Oberst Sergej Tulpanov übergab die Lizenzen und einen ideologischen Auftrag: "Der Film als Massenkultur muss eine scharfe und mächtige Waffe gegen die Reaktion, den Krieg und den Militarismus und für Frieden und Freundschaft der Völker der ganzen Welt werden."
Zu diesem Zeitpunkt wurde der erste deutsche Nachkriegsspielfilm "Die Mörder sind unter uns" bereits gedreht.
Er setzte sich mit dem Thema Schuld und Verantwortung auseinander und machte Hildegard Kneef international bekannt und zum ersten großen deutschen Star nach dem Krieg.
Die Mauer gab es ja noch nicht.
Die DEFA gewann viele international anerkannte Künstler - schon früh entstanden Meisterwerke und Kassenschlager wie "Irgendwo in Berlin", "Ehe im Schatten", "Straßenbekanntschaft" oder "Der Untertan".
Der erste Farbfilm war 1950 ein Märchen: "Das kalte Herz" mit Erwin Geschonnek als dem unheimlichen Holländer-Michel brachte Generationen von Kindern das Gruseln bei. Das üppige Budget von drei Millionen Mark wurde um eine Million überschritten. Die angewandten Tricks ließen aber selbst Hollywood staunen.
DEFA-Filme haben Fans auf der ganzen Welt
Diese Märchenfilme gehören längst zum Kulturgut. Auch wenn "Drei Haselnüsse für Aschenbrödel" am meisten gehypt wird, sollen hier zumindest die Perlen "Der kleine Muck", "Das singende, klingende Bäumchen", "Die goldene Gans", "Sechse kommen durch die ganze Welt" und "Das blaue Licht" erwähnt werden.
Nach dem Mauerbau drehte sich für die Filmschaffenden der Wind. Die Parteiführung griff massiv in die Drehbücher ein.
So fielen 1965 zehn Filme dem berüchtigten 11. ZK-Plenum der SED zum Opfer - unter anderem "Spur der Steine" mit Manfred Krug.
Übrigens: Auch im Westen wurden die DEFA-Filme zensiert.
Trotzdem entstanden international bewunderte Meisterwerke wie "Nackt unter Wölfen", "Der geteilte Himmel", "Die Legende von Paul und Paula" oder "Solo Sunny". Die Romanverfilmung "Jakob der Lügner" wurde 1977 sogar für den Oscar nominiert.
Das DEFA-Archiv umfasst heute über 700 Spielfilme, 750 Animationsfilme und 2250 Kurzfilme und Dokumentationen - etwa die herausragenden "Kinder von Golzow". Ihre Fans sind nicht nur unter ehemaligen DDR-Bürgern zu finden - auch in den USA, in Japan und in Italien begeistern sich noch immer viele Menschen für diese "alten Schinken".
Babelsberg - die Wiege des deutschen Films
Die DEFA fand ihren Firmensitz auf dem Gelände des geschichtsträchtigen Studios Babelsberg. Das war 1912 das weltweit erste Filmgroßstudio - hier wurden auch die berühmten Klassiker der UFA gedreht.
Nach der Wende unternahm die Treuhand einige erfolglose Versuche, das Unternehmen zu sanieren. Schließlich wurde das Studio 1992 für 130 Millionen DM an einen französischen Mischkonzern verkauft, der "DEFA" aus dem Namen strich und es 2004 wieder abstieß.
Inzwischen zählt Babelsberg zu den umsatzstärksten Großatelierstudios für Kinofilme in Europa. Blockbuster wie "Der Pianist", "Cloud Atlas" oder "Grand Budapest Hotel" entstanden hier.
Der Filmschatz der DEFA aber wurde 1998 an eine bundeseigene Stiftung übertragen.
Nach und nach werden alle Werke digitalisiert, damit das Filmerbe auch in Zukunft noch an Kinos verliehen, auf Datenträger bewahrt und im TV gesendet werden kann.
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