"Betonrausch" bei Netflix: Irrer Trip aus Sex, Drogen und Korruption!
Deutschland - Genrekino bei Netflix! Der deutsche Film "Betonrausch" läuft seit dem 17. April beim Streamingdienst-Giganten. Ob sich das Anschauen lohnt, erfährst Du in dieser Kritik.
Die Hauptrolle in der auf wahren Begebenheiten beruhenden Handlung spielt Viktor Steiner (David Kross), der bei seinem Vater Peter (Robert Schupp) aufwächst.
Der hat als Maler Schulden beim Finanzamt, die er nicht bezahlen kann. Das prägt Viktor nachhaltig.
Er zieht schon als junger Erwachsener unbedarft vom Land in die Hauptstadt Berlin. Dort schlägt er sich auf dem Bau durch und wird ausgebeutet.
Doch er weiß sein Charisma einzusetzen, lernt schnell (zu betrügen) und ergattert so eine teure Wohnung, in der er bulgarische Arbeiter für wenig Geld wohnen lässt.
Als diese so laut sind, dass sie die Polizei auf den Plan rufen, hilft ihm der verschlagene Gerry Falkland (Frederick Lau) bei der Flucht.
Viktor kommt bei ihm, seiner Frau Katja (Peri Baumeister) und den gemeinsamen Kindern unter.
Gemeinsam entwickeln er und Gerry nach und nach ein ausgeklügeltes Immobiliensystem, mit dem sie auf Kosten anderer viel Kohle scheffeln können.
Eine entscheidende Rolle dabei spielt auch die hochrangige, durchtriebene und bildschöne Bankangestellte Nicole Kleber (Janina Uhse), in die sich Viktor verliebt. Im Rausch von Sex, Drogen, Korruption und wahnsinnigen Geldsummen verlieren sie allerdings bald die Bodenhaftung...
Trailer zum Netflix-Film "Betonrausch" mit Frederick Lau, David Kross, Janina Uhse und Sophia Thomalla
Regisseur Cüneyt Kaya hat mit "Betonrausch" einen rasanten Film-Trip durch Berlin erschaffen
Diese Geschichte hat der versierte Regisseur und Drehbuchautor Cüneyt Kaya ("Ummah - Unter Freunden", "Blockbustaz - Willkommen in der Hood", "Asphaltgorillas") grundsolide umgesetzt.
Dem gebürtigen Berliner ist ein rasanter Trip durch die Unterwelt der Hauptstadt gelungen, der unterhält und kurzweilig daherkommt.
An die Qualität von Genreklassikern wie "The Wolf of Wall Street" reicht er allerdings nicht heran, weil ihm dafür die emotionale Tiefe fehlt.
"Betonrausch" ist hinsichtlich der Charakterzeichnung und -entwicklung schlichtweg zu oberflächlich, um nachhaltig im Gedächtnis zu bleiben.
Das ist während des Ansehens allerdings nicht schlimm, wenn man Filme dieser Art mag und sich einfach mal durch eine Gangster-Geschichte treiben lassen will. In diesem Fall kann man die 95 Minuten durchaus genießen, den Kopf abschalten und der Story trotzdem problemlos folgen.
Denn die Handlungen der Figuren sind - so verachtenswert sie mitunter auch sein mögen - nachvollziehbar, wenn man sich in ihre Lage hineinversetzt. Das führt zu einem grundlegenden Verständnis der Protagonisten und des Films, weshalb man dem Geschehen gespannt folgt.
Hinter den Kulissen des Netflix-Films "Betonrausch"
"Betonrausch" ist nicht der ganz große Wurf geworden
Der ganz große Wurf ist Kaya allerdings nicht gelungen, was schade ist, weil "Betonrausch" doch weltweit bei Netflix läuft und damit irgendwo auch ein Aushängeschild des deutschen Genrefilms ist.
Doch so schlecht, wie der er in anderen Kritiken wegkam, ist er bei Weitem nicht. Dafür drehen beispielsweise auch die Schauspieler viel zu stark auf.
Gerade die Unterschiede vom Südberliner Lau ("Das perfekte Geheimnis", "4 Blocks", "Der Hauptmann"), der im Stadtteil Steglitz aufgewachsen ist und Kross ("Der Vorleser", "Trautmann", "Gefährten"), der in Schleswig-Holstein groß wurde, sorgen hier für eine gute Balance.
Das dynamische Duo war bereits vor dem Dreh gut aufeinander eingespielt, weil es erst 2017 im guten Kinodrama "Simpel" zusammen in den beiden männlichen Hauptrollen zu sehen war.
Im größten weiblichen Part zeigt Uhse (Jasmin Flemming in "Gute Zeiten, schlechte Zeiten", "Unsere Zeit ist jetzt", "Der Vorname") eine vielschichtige Leistung und steht ihren männlichen Co-Stars in Nichts nach.
Für prickelnde Erotik sorgen zudem Sophia Thomalla ("Der Bergdoktor") und Johanna Ingelfinger ("Das Verschwinden") als heiße Edelprostituierte Chantal und Chantal No. 9.
"Betonrausch" bietet gute Unterhaltung auf solidem Niveau
Dazu kommen noch qualitativ annehmbare Gastauftritte weiterer deutscher Stars wie Baumeister ("Als Hitler das rosa Kaninchen stahl"), Uwe Preuß ("Deutschland 86") und Schupp (Dr. Michael Berger in "Schloss Einstein").
Doch nicht nur dank der gut aufgelegten Darsteller kann man Spaß haben.
Auch die authentischen Berliner Locations, die abwechslungsreiche Kameraführung, die stimmige Musikuntermalung und die starke Ausstattung tragen entscheidend zur dichten Atmosphäre bei.
Und obwohl das Drehbuch und die Dramaturgie immer wieder erkennbare Schwächen haben und man im Anschluss auch nicht zu lange über das Gesehene nachdenken sollte, erreicht "Betonrausch" die grundlegenden Dinge.
Er weckt das Interesse an der Geschichte und den Protagonisten. Dieses wird auch dank des schnellen Erzähltempos, das genau diese Holprigkeiten überdecken soll, aufrechterhalten. Zwar ist der Film stellenweise vorhersehbar, doch auch das stört nur am Rande.
Deshalb ist "Betonrausch" ein deutscher Genrefilm geworden, der qualitativ zwar nicht zur Elite zählt, sein Publikum aber problemlos mit seiner abgedrehten Handlung und einem stark aufspielenden Cast unterhält.
Titelfoto: PR/Nik Konietzny/Netflix